Personalmagazin 4/2018 - page 36

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MANAGEMENT
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personalmagazin 04/18
verdeckten Stellenanzeige (p < .05):
Potenzielle Bewerber interessieren sich
signifikant weniger für das Unterneh-
men, wenn es verdeckte Stellenanzei-
gen einsetzt. Man möchte dort weni-
ger gern arbeiten und würde auch ein
späteres Stellenangebot mit geringerer
Wahrscheinlichkeit annehmen. Bei der
Frage, ob man sich bewerben würde, fin-
det sich kein signifikanter Unterschied
zwischen beiden Stellenanzeigen, was
möglicherweise damit zusammenhängt,
dass international agierende Automobil-
unternehmen insgesamt betrachtet eher
attraktive Arbeitgeber sind.
Befragt nach ihren eigenen Erfah-
rungen und grundsätzlichen Bewer-
tungen geben 55 Prozent aller Probanden
an, dass sie sich nicht auf verdeckte
Stellenanzeigen bewerben würden (Ab-
bildung 2). Dabei sind weniger als ein
Drittel der Untersuchungsteilnehmer
im Rahmen ihrer eigenen Stellensuche
schon einmal auf verdeckte Anzeigen ge-
stoßen. Von der Gesamtstichprobe haben
sich aber nur knapp zehn Prozent darauf-
hin auch beworben und nur in etwa zwei
Prozent der Fälle kam es darüber hinaus
zu einemArbeitsverhältnis, nachdem den
Bewerbern die Stelle angeboten wurde.
Fakten schlagen Werte
Unsere Studie zeigt, dass – zumindest
bei jüngeren Bewerbern – verdeckte Stel-
lenanzeigen keine attraktive Alternative
darstellen. Zwar lehnen viele potenzielle
Bewerber grundsätzlich eine Bewerbung
nicht ab, das Unternehmen erscheint
ihnen aber insgesamt weniger attraktiv,
wenn es mit verdeckten Stellenanzeigen
arbeitet.
Manche Studien zeigen zudem, dass
hoch qualifizierte Bewerber verdeckten
Stellenanzeigen mit mehr Skepsis
begegnen (siehe etwa Rai & Kothari,
2008). Geringer qualifizierte Bewerber
sehen hierin vielleicht eher eine Chan-
ce, überhaupt eine Stelle zu bekommen.
Hierdurch wird das eigentliche Ziel des
Personalmarketings – den Anteil geeig-
neter Personen im Bewerberpool zu ma-
ximieren – konterkariert. Viele Personen
werden aus prinzipiellen Erwägungen
vor einer Bewerbung zurückschrecken
und zusätzlich sinkt der Anteil qualifi-
zierter Kandidaten im Bewerberpool,
wodurch sich die Ausgangsbedingungen
für die Personalauswahl verschlechtern.
Die meisten Unternehmen dürften sich
dies in Zeiten eines zunehmenden Fach-
kräftemangels kaum erlauben können.
Studien, die sich mit der Frage be-
schäftigen, wie Stellenanzeigen gestaltet
sein sollten, damit der Arbeitgeber at-
traktiv erscheint, fördern insbesondere
drei wichtige Erkenntnisse zutage:
Erstens: Bewerber honorieren differen-
zierte Darstellungen des Arbeitgebers,
der Stelle und ihrer Anforderungen. Die
Information, dass ein Trainee über Leis­
tungsmotivation verfügen muss oder ein
Außendienstmitarbeiter soziale Kompe-
tenzen aufweisen sollte, hilft potenziellen
Bewerbern bei der Entscheidung, ob
sie sich bewerben sollen, ebenso wenig
weiter wie dem Arbeitgeber bei der Per-
sonalauswahl. Es handelt sich um All-
gemeinplätze, die in jeder alternativen
Stellenanzeige ebenfalls zu finden sind.
Besser wäre es genau darzulegen, was
Leistungsmotivation oder Sozialkompe-
tenzen im betreffenden Unternehmen
und auf der vakanten Stelle konkret be-
deuten. Das Gleiche gilt für eine exakte
Beschreibung der Arbeitsaufgaben sowie
der Merkmale des Unternehmens. All dies
muss nicht zwangsläufig in der Stellen-
anzeige erfolgen, eine Alternative wären
entsprechende Informationen auf der Fir-
menwebsite.
Zweitens: Fakten sind wichtiger als
Werte. Viele Unternehmen haben sich in
den letzten Jahren Unternehmenswerte
gegeben und vermarkten diese offensiv
nach außen. Mehrere Metastudien aus
demPersonalmarketing zeigen allerdings,
dass die Attraktivität eines potenziellen
Arbeitgebers durch die Präsentation von
Fakten – Angaben zu Gehalt, freiwilligen
Sozialleistungen, Aufstiegsmöglichkeiten
und so weiter – stärker beeinflusst wird
als durch Hinweise auf Nachhaltigkeit,
soziale Verantwortung oder Kollegialität.
Werte gewinnen erst dann an Bedeutung,
wenn alternative Arbeitgeber sich im
Hinblick auf die Fakten nicht mehr un-
terscheiden.
Drittens: Die Angaben müssen glaub-
würdig sein. Bewerber sind offenbar
kritischer als herkömmliche Kunden.
Während man sich in der Produktwer-
bung leicht von schönen Bildern und
Versprechungen ködern lässt, hinterfra-
gen Bewerber die Selbstpräsentation der
Arbeitgeber weitaus kritischer. Wer als
offenkundig unattraktiver Arbeitgeber
durch flotte Sprüche und Hochglanz-
bilder von glücklichen Mitarbeitern
punkten will, zieht vor allem naive Zeit-
genossen an, während er qualifizierte
Personen eher abschreckt.
All dies erklärt, warum verdeckte
Stellenanzeigen weniger attraktiv sind.
Statt Bewerbern eine differenzierte Mög-
lichkeit zur Selbstselektion zu bieten
(Erfüllt der Arbeitgeber meine Bedürf-
nisse? Will ich dort arbeiten? Lohnt eine
Bewerbung?) bleibt der Arbeitgeber im
Nebulösen. Zudem nimmt er potenziellen
Bewerbern die Chance, sich online weiter
über das Unternehmen zu informieren.
Gering qualifizierte Bewerber und Zocker
mag dies wenig kümmern. Sie sind indes
nicht unbedingt die Mitarbeiter, die sich
ein Arbeitgeber wünscht.
PROF. DR. UWE P. KANNING
ist Professor
für Wirtschaftspsychologie an der Hoch­
schule Osnabrück.
STEFFEN BRÖCKELMANN-BRUNS
studiert
Wirtschaftspsychologie an der Hochschule
Osnabrück.
Kanning, U. P. (2017): Personalmarketing, Employer Branding und Mitarbeiterbindung
– Forschungsbefunde und Praxistipps aus der Personalpsychologie. Berlin: Springer.
Rai, H. & Kothari, J. (2008): Recruitment advertising and corporate image: Interface bet-
ween marketing and human resources. South Asian Journal of Management, 15, 47-60.
LITERATURTIPPS
1...,26,27,28,29,30,31,32,33,34,35 37,38,39,40,41,42,43,44,45,46,...84
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