Personalmagazin 4/2018 - page 45

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04/18 personalmagazin
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sendwende hatte sich ein Silodenken
eingeschlichen. Das Verständnis für
übergreifende Prozesse und der Blick
für unnötige Redundanzen in den Akti-
vitäten schwanden mehr und mehr. Nur
selten stand noch das Gesamtoptimum
der SBB im Mittelpunkt. Statt sich als
große Eisenbahnerfamilie zu sehen,
identifizierten sich viele vor allem mit
ihrer jeweiligen Division.
Der SBB-Konzernleitung gelang es
jedoch, den kulturellen Wandel durch
gezielte Maßnahmen in eine neue Rich-
tung zu lenken. Dazu wurde auf struk-
tureller Seite eine Langfristplanung mit
übergeordneten Koordinationsprozessen
etabliert, um die Interdependenzen der
Divisionen und Konzernbereiche auf-
zuzeigen. Zudem wurden Querschnitts-
funktionen wie Finanzen, Einkauf und IT
standardisiert und wo sinnvoll auf Kon-
zernebene zusammengefasst.
Ergänzt wurden diese strukturellen
Änderungen durch einen umfangreichen
kulturellen Transformationsprozess,
der insbesondere in den Programmen
Top-SBB I und II sowie den Nachfolge-
programmen „Transformation I“ und
„Transformation II“ seinen Ausdruck
fand – groß angelegten Kulturverände-
rungsprogrammen. Dabei wurde an ge-
meinsamen Zielen, einem gemeinsamen
Verständnis von Führung, gemeinsamen
Werten sowie an einem übergeordneten
Leitbild gearbeitet. Wichtig war, dass die
Mitarbeitenden einbezogen wurden. So
waren an der Erarbeitung der SBB-Werte
gut 2.000 Mitarbeitende beteiligt. Divi-
sionsübergreifende Workshops mit Füh-
rungskräften verankerten die Ergebnisse
anschließend im Unternehmen. Beim
Folgeprogramm Top-SBB II entwickelte
die Konzernleitung gemeinsam mit den
Mitarbeitenden ein Leitbild. Enthalten
war dabei auch ein Versprechen an die
Kunden: „SBB 2016: Unterwegs zuhause.
Bei der Kundenzufriedenheit gehören wir
zu den Top-Unternehmen der Schweiz.“
Dies war ein ambitioniertes Unter-
fangen, vor allem angesichts etlicher
Herausforderungen: einer massiven
Unterdeckung der Pensionskasse, einer
über Jahre defizitär agierenden Güter-
verkehrsdivision SBB Cargo und einer
prognostizierten Finanzierungslücke
beim Unterhalt der Bahninfrastruktur.
Dennoch war sich die Konzernlei-
tung der SBB sicher, das Kundenziel
gemeinsam erreichen zu können. Der
Grundstein hierfür sollte im Rahmen
der Zermatt-Expedition bei einem zwei-
tägigen Workshop mit der Konzernlei-
tung gelegt werden. Zunächst wurde die
Ist-Situation evaluiert: Wer sind unsere
Kundinnen und Kunden? Wo stehen
wir beim Thema Kundenzufriedenheit?
Haben wir den Fokus auf die richtigen
Themen? Welche sind die wichtigen
Kundentouchpoints? Und letztlich auch:
Wie ist die Energie? Sind unsere Füh-
rungskräfte und Mitarbeitenden bereit,
sich reinzuhängen und alle Aktivitäten
auf die Kundinnen und Kunden auszu-
richten?
Auf dem Breithorngipfel wurden der
Konzernleitung die Ergebnisse einer
aktuellen Managementbefragung prä-
sentiert. Erstmals war dabei auch eine
sogenannte Pulsmessung der organisati-
onalen Energie enthalten. Die Frage war:
Wie stark sind bei der Führungsmann-
schaft das Engagement und die Dynamik
im Hinblick auf das Kundenziel 2016?
Das Konzept der
organisationalen Energie
Organisationale Energie beschreibt, wie
stark Unternehmen ihr Potenzial akti-
viert und auf die gemeinsamen Ziele fo-
kussiert haben. Das Ausmaß der Energie
hat einen starken Einfluss auf Leistung,
Innovation, Kundenbegeisterung und
Mitarbeitendenbindung. Die Energie-
messung macht es möglich, das Bauch-
gefühl, das viele Führungskräfte diesbe-
züglich besitzen, greifbarer zu machen.
Dadurch werden auch gezielte Verbesse-
rungen möglich. Zudem erlaubt das Kon-
zept wie im Fall der SBB ein systemati-
sches Monitoring von Change-Prozessen:
Haben wir unsere gesamte Mannschaft
an Bord? Wo besteht gegebenenfalls Wi-
derstand und Resignation? Wo gibt es die
Gefahr einer Überhitzung?
Anhand der beiden Dimensionen
Intensität und Qualität werden vier
mögliche Zustände unterschieden: Ange-
nehme Energie (1) beschreibt ein Klima
mit hoher Zufriedenheit, Gelassenheit
© SBB, 2004–2010
Die Aufgaben bei der SBB sind vielfältig.
Mittlerweile fühlt sich die Belegschaft
wieder mehr als Eisenbahnerfamilie.
Die organisationale Energie beschreibt,
wie stark Firmen ihr Potenzial aktiviert
und auf die Ziele fokussiert haben.
QUELLE: BRUCH & VOGEL, 2011
KONZEPT
Korrosive
Energie
Produktive
Energie
Resignative
Trägheit
Angenehme
Energie
hoch
negativ
niedrig
positiv
Intensität
Qualität
1...,35,36,37,38,39,40,41,42,43,44 46,47,48,49,50,51,52,53,54,55,...84
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