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04/18 personalmagazin
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globalen Teams ist Standard geworden.
Uns drückt der Schuh an der Stelle, an
der wir das arbeitszeitrechtskonform
zum Beispiel in eine Betriebsvereinba-
rung umsetzen sollen. Mehr und mehr
stellen wir fest: Das geht nicht!“
Deregulierung und die Verlagerung
von Entscheidungen in die Unternehmen
wünschen sich auch die Personalerver-
bände. Die von der Regierungskoalition
geplanten Experimentierfelder im Rah-
men des Arbeitszeitgesetzes etwa zur
wöchentlichen Höchstarbeitszeit schei-
nen ein Hoffnungsschimmer zu sein.
Allerdings kritisiert die DGFP, dass nur
tarifgebundene Unternehmen experi-
mentieren dürfen. Und der BPM fordert
in einem Positionspapier, die starren
Höchstgrenzen zur Tagesarbeitszeit ab-
zuschaffen und die Ruhezeit so auszu-
gestalten, dass sie den heute schon von
den Belegschaften gelebten Verhaltens-
weisen entspricht, ohne damit die vom
Gesetz verfolgten Zwecke des Gesund-
heitsschutzes aufzugeben. Wieder sind
es die Arbeitsjuristen, die hier eine gute
Idee verunstaltet sehen. „Die derzeitigen
Vorstellungen gehen dahin, Experi-
mentierspielräume über Tarifverträge
zuzulassen, die dann in Betriebsverein-
barungen münden und hierauf eine
freiwillige Teilnahme der Beschäftigten
vorsehen. Das ist nicht praktikabel und
transaktionsaufwendig“, sagt Zumkel-
ler ohne Wenn und Aber. Die Stationen
Tarifparteien samt gewerkschaftlicher
Tarifkommission und möglicher Mitglie-
derbefragung zu den vereinbarten Ergeb-
nissen, ausgestaltende Betriebsräte und
schließlich das Okay der Mitarbeiter wür-
de so manches Experiment in so weite
Ferne rücken, dass die Ausgangsbedin-
gungen längst überholt wären.
Gesetze müssen umsetzbar sein
Interessenverbände melden nicht nur
bei den Plänen zur Arbeitszeit, sondern
auch bei den Maßnahmen zum Fach-
kräftemangel Zweifel an: am Fachkräf-
teeinwanderungsgesetz, der Arbeits
marktintegration von Geflüchteten und
der Organisation von Aus- und Weiter-
bildung. Ohne Einbezug der Unterneh-
menspraktiker – so klingt es bei allen
Verbänden – werden die Lösungen nicht
greifen. Begrüßt wird aber, dass gedul-
dete Auszubildende bundesweit einheit-
lich nach bestandener Prüfung zwei Jah-
re der Berufstätigkeit vor Abschiebung
geschützt sein sollen. Das gebe, so der
BPM, den Arbeitgebern Planungssicher-
heit. Der DGFP fehlt dagegen die Einbe-
ziehung der Maßnahmen zur Einstiegs-
qualifizierung EQ, also die Vorstufe zur
Ausbildung, in der Sprache und berufli-
che Praxis im Betrieb geübt werden.
Was Personalmanager auch beschäfti-
gen wird, sind die Aspekte im Koalitions-
vertrag, die zur Geschlechtergerechtigkeit
in der Wirtschaft beitragen sollen: Quote
und Entgelttransparenzgesetz. In bei-
den Themen soll erst einmal überprüft
werden, wie die geltenden Gesetze funk-
tionieren. Der Auskunftsanspruch zu Ge-
hältern wird 2019 evaluiert. Und bei der
Geschlechterquote soll die Wirksamkeit
der bestehenden Regelungen verbessert
werden: durch die Ahndung bei Nichtein-
haltung der Meldepflicht und die Begrün-
dungspflicht bei der Zielvorgabe Null. Für
den BVAU kritisiert Präsident Zumkeller,
dass diese Momentaufnahmen von einer
gewissen Geschichtslosigkeit zeugen: „In
meinem Semester damals waren nur etwa
zehn Prozent Frauen. Da Karriere nicht
von jetzt auf gleich geht, sind Zeiträu-
me von 25 bis 30 Jahren bis in die Chef
etagen ganz normal. Kein Wunder also,
wenn man dort jetzt allenfalls diese zehn
Prozent Frauenquote antreffen sollte. Ge-
nauso klar ist: Irgendetwas stimmt nicht,
wenn das in 20 Jahren noch so aussieht, da
die Frauenquoten im Studium dramatisch
zugelegt haben.“ Sein Lösungsvorschlag:
„Man muss Zeitabläufe untersuchen.“
All diese Gedanken möchten die Ver-
bände in Gesetzgebungsverfahren ein-
bringen. Der BVAU-Präsident betont:
„Uns geht es nicht um die inhaltspoli-
tische Gestaltung – zum Beispiel Expe-
rimentierräume ja oder nein. Uns geht
es darum: Sind diese dann auch prak-
tikabel umsetzbar? Die Vergangenheit
hat an zu vielen Ecken und Enden ge-
zeigt, dass wir hier viel hätten beitragen
können, etwa beim Entgelttransparenz-
gesetz.“ BPM-Präsidentin Eller hat gute
Erfahrungen mit Gesprächsangeboten
gemacht: „Politiker in Parlament und
Regierung sind an der Unternehmen-
spraxis interessiert. Und genau diesen
Praxistransfer können wir als BPM bie-
ten. Positiv haben wir die Neugierde
im Familienministerium beim Thema
Erfolgsfaktor Familie erlebt, wo es auf
Staatssekretärsebene einen intensiven
Informationsaustausch gab.“
RUTH LEMMER
ist freie Journalistin in
Duisburg.
„Der Koalitionsvertrag mutet den
Unternehmen trotz einiger guter Ansätze
zusätzliche Belastungen zu.“
Dr. Eric Schweitzer, Präsident des DIHK
„Ein starres Arbeitszeitregime ist in
der heutigen Arbeitswelt praktisch nicht
mehr umsetzbar.“
Alexander Zumkeller, Präsident des BVAU