Personalmagazin 4/2018 - page 35

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04/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
erfahren erst im zweiten oder dritten
Schritt – bei der Einladung zum Einstel-
lungsinterview oder nach dem Interview
– welches Unternehmen sich hinter der
Stellenanzeige verbirgt.
Aus Sicht des Arbeitgebers gibt es
mehrere pragmatische Gründe, einen
solchen Schritt zu gehen:
• Man möchte eine Stelle neu aus-
schreiben, die derzeit noch besetzt ist,
und der Stelleninhaber weiß nicht, dass
man sich bald von ihm trennen wird.
• Die Branche hat einen schlechten Ruf,
der Arbeitgeber bietet aber durchaus at-
traktive Arbeitsplätze und fürchtet, dass
das Image der Branche gute Bewerber
von vornherein abschreckt.
• Das Unternehmen hat kürzlich nega-
tive Schlagzeilen produziert und fürch-
tet, dass gute Bewerber sich ihre Stellen-
anzeigen erst gar nicht durchlesen.
Auch wenn es aus Arbeitgebersicht
nachvollziehbare Gründe für ein sol-
ches Vorgehen geben mag, stellt sich die
Frage, wie potenzielle Bewerber auf ver-
deckte Stellenanzeigen reagieren. Kann
es gelingen, mittels verdeckter Anzeigen
gute Bewerber anzusprechen?
Online-Experiment gibt Auskunft
Zur Untersuchung dieser Fragestel-
lung haben wir ein Online-Experiment
gemacht. Potenziellen Bewerbern wur-
de zunächst per Zufall eine von zwei
Stellenanzeigen vorgelegt. Die offene
Stellenanzeige bezog sich auf ein Trai-
neeprogramm eines imaginären Auto-
mobilherstellers, der in Deutschland
ansässig ist und weltweit agiert. Neben
einer Schilderung der Inhalte des Trai-
neeprogramms wurden die Erwartungen
des Unternehmens an künftige Mitarbei-
ter beschrieben. Zudem wurde eine An-
sprechpartnerin für Rückfragen genannt
und auch der Link zum unternehmensei-
genen Bewerbungsportal veröffentlicht.
Bei der verdeckten Stellenanzeige wa-
ren fast alle Inhalte identisch. Ausnah-
me: Der Name des Unternehmens wurde
nicht genannt. Zudem saß die Ansprech-
partnerin in einer Personalberatungs-
firma und die Bewerbung war ebenfalls
an die Beratungsfirma – als Vermittler
zwischen Bewerber und Arbeitgeber –
zu senden.
Nachdem die Untersuchungsteilneh-
mer eine von beiden Anzeigen gelesen
hatten, bearbeiteten sie einen Fragebo-
gen, bei dem es zunächst um Fragen zur
Attraktivität der Stelle und des Arbeitge-
bers ging (siehe Abbildung 1). Darüber
hinaus wurden sie unabhängig von der
konkreten Stelle nach ihren Erfahrungen
und Meinungen zu verdeckten Stellenan-
zeigen gefragt (siehe Abbildung 2). Den
Abschluss bildeten Fragen zur Demogra-
fie (Geschlecht, Alter, Studienfach).
Die Befragung erfolgte anonym und
freiwillig. Es wurde kein Honorar ge-
zahlt. Die nachfolgend beschriebenen
Ergebnisse beziehen sich auf insgesamt
192 Personen (36 Prozent männlich, 64
Prozent weiblich; Durchschnittsalter
24 Jahre; Höchstalter 29 Jahre). Jeweils
die Hälfte dieser Stichprobe bekam die
offene beziehungsweise die verdeckte
Stellenanzeige vorgelegt.
Interesse sinkt deutlich
Zunächst erfolgt ein direkter Vergleich
zwischen offenen und verdeckten Stel-
lenanzeigen. Hierbei zeigen sich meh-
rere signifikant negative Effekte der
Stellenangebot angenommen
Rund zwei Drittel der eher jungen Probanden (Durchschnittsalter 24 Jahre) haben ver­
deckte Stellenanzeigen bereits einmal bewusst wahrgenommen.
QUELLE: KANNING / BRÖCKELMANN-BRUNS
ERFAHRUNG MIT VERDECKTEN ANZEIGEN
Angaben in Prozent
97,9
schon mal darauf beworben
90,1
schon mal gesehen
68,2
generelle Bewerbungsbereitschaft
55,2
nein
ja
44,8
31,8
9,9
2,1
sig.
Die Reaktionen potenzieller Bewerber auf weitgehend identische offene und verdeckte
Stellenanzeigen weisen zum Teil deutliche Differenzen auf.
QUELLE: KANNING / BRÖCKELMANN-BRUNS
REAKTIONEN IM VERGLEICH
5
4,5
4
3,5
3
2,5
2
1,5
2,18
2,61
3,61
3,24
3,45
3,35
4,13
3,83
Unternehmen
interessiert mich
nicht
würde gern dort
arbeiten wollen
würde mich
bewerben
würde Jobangebot
annehmen wollen
offene Anzeige
verdeckte Anzeige
sig.
sig.
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