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personalmagazin 04/17
TITEL
_VERGÜTUNGSTRENDS
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
• Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträ-
ge und deren Reichweite/Auslegung,
• die Betriebsvereinbarungsoffenheit
von Arbeitsverträgen,
• Fragen der Überkreuzablösung im
Bereich zwingender Mitbestimmung.
Änderungen bei Umstrukturierungen
Weitergehende Optionen bietet die
Anpassung von Vergütungssystemen
im Zusammenhang mit Umstruktu-
rierungen beziehungsweise nach-
geschalteten
Integrationsprojekten.
Ob beispielsweise auf gesellschafts-
rechtlicher (Unternehmens-) oder be-
triebsverfassungsrechtlicher
Ebene
umstrukturiert wird oder eine Einzel-
DR. TILL HOFFMANN-REMY
ist Counsel und Fachanwalt für
Arbeitsrecht bei Kliemt & Voll-
städt in Frankfurt am Main.
im Betrieb die gewährte Vergütung he-
ranzieht.
Praktische Herausforderungen: Verän-
derungen ohne Umstrukturierung
Sollen Vergütungssysteme im laufenden
Betrieb angepasst werden, ist die Verän-
derungsbereitschaft der betrieblichen
Akteure regelmäßig gering. Proaktive
Begleitung des Prozesses und eine über-
zeugende „Story“ hinter dem Verände-
rungswunsch sind hier essenziell.
Rechtlich ist zunächst Klarheit hinsicht-
lich des Geltungsgrunds der bestehenden
Vergütungsregelungen unerlässlich. Nur
dann kann rechtlich belastbar über die
Ablösungsmodalitäten nachgedacht wer-
den. Es kommt immer wieder vor, dass
Unternehmen zumindest teilweise eine
Vergütungspraxis leben, welche auf längst
überholten Betriebsvereinbarungen, ab-
gelösten tariflichen Regelungen oder ins
Leere gehenden tariflichen Bezugnahme-
klauseln basiert. Eine interne „Due Dili-
gence“ muss daher der erste Schritt sein.
Die einseitige Einstellung von Ver-
gütungskomponenten birgt zahlreiche
Stolpersteine: Steht die Zahlung im
zugrunde liegenden Bonusplan unter
Vorbehalt, ist das Regelungswerk aber
uneinheitlich und spricht anderswo
(zum Beispiel im jährlichen „Bonus Let-
ter“) von vorbehaltslosen Zahlungen, ist
dies widersprüchlich und damit unwirk-
sam. Auch nicht-widersprüchliche Rege-
lungen können intransparent sein, wie
beispielsweise Widerrufsvorbehalte, die
an unzureichend definierte Tatbestands-
voraussetzungen anknüpfen.
Sind Rechtsansprüche begründet wor-
den, muss die Ablösung auf entspre-
chenden Gestaltungserklärungen oder
Vereinbarungen aufsetzen. Die Probleme
in diesem Bereich sind vielfältig. Prak-
tisch zu beachten sind unter anderem
• einschlägige tarifliche Regelungen
und der Tarifvorrang des § 87 Abs. 1
BetrVG,
• zwingende Mitbestimmungsrechte des
Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 Be-
trVG),
oder Gesamtsrechtsnachfolge ausge-
löst werden soll, beeinflusst die späte-
ren Handlungsoptionen. Und auch ob
etwa eine Veränderungssperre greift,
hängt davon ab, ob ein Betriebsüber-
gang ausgelöst wird oder nicht. Dieser
bietet andererseits aber auch die Mög-
lichkeit einer Ablösung von transfor-
mierten Regelungen mit kollektivem
Bezug durch eine neu geschaffene Be-
triebsvereinbarung.
Im Rahmen einer Ablösung von Vergütungssystemen lassen sich die folgenden drei
Grundsätze zur Orientierung festhalten:
Einzelvertragliche Regelungen können sowohl durch Ausübung einseitiger (wirksamer!)
Vorbehalte, durch einvernehmliche Vertragsänderung (häufig nicht mehr praktikabel)
oder durch kollektive Regelungen abgelöst werden (wenn die erforderlichen Öffnungs-
klauseln vereinbart sind).
Betriebsverfassungsrechtliche Systeme können durch neugestaltete Betriebsvereinba-
rungen abgelöst werden. Sofern ein Fall des § 613a Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt, greift eine
grundsätzliche einjährige Veränderungssperre für verschlechternde individualrechtliche
Regelungen. Nach Ablauf eines Jahres können derartige Regelungen auch verschlech-
ternd abgelöst werden.
Tarifliche Vergütungssysteme können regelmäßig nur durch neue, beispielsweise spezi-
ellere Tarifverträge (Haustarifvertrag, speziell Sanierungstarifvertrag) abgelöst werden.
Grundsätze zur Umgestaltung
DREI REGELN
Bevor Sie Ihr Vergütungssystem umgestalten, sollten Sie die vorhandenen Strukturen
eingehend analysieren. Prüfen Sie, ob die folgenden Fragen zu Ihrer Zufriedenheit
gelöst sind oder ob hier Änderungsbedarf besteht.
• Welche Fixvergütung gilt? Wie ist das Verhältnis variabler Vergütungsanteile zur Fixver-
gütung (25-Prozent-Grenze)?
• Welche Gehaltsbänder/Funktionsgruppen sieht die betriebliche Entgeltsystematik vor?
• Welche Leistungsanreize werden durch variable Bausteine jeweils honoriert?
• Sind Vergütungsbestandteile bedingt oder befristet oder stehen sie unter einem
Vorbehalt?
• Welche Vergütungskomponenten beeinflussen Nebenleistungen wie zum Beispiel bAV?
Typische Fragestellungen
CHECKLISTE
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