personalmagazin 12/2017 - page 30

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MANAGEMENT
_RECRUITING
personalmagazin 12/17
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
dem klassisch schulisch-universitären
Ausbildungsbereich eine Kooperation
zwischen Schule, Unternehmen und
Kommune zur Seite und ist damit ein
wichtiges – wenngleich nur regional
vertretenes – Instrument, um Berufsbil-
dung neu und bedarfsgerechter sowie vor
allem praxisnäher zu organisieren.
Gerade im ländlichen Raum Indone-
siens besteht nach wie vor ein großer
Mangel an qualifizierten Facharbeitern
bei gleichzeitig großer Unterbeschäfti-
gung und Produktionstechnologien, die
teilweise an die vorindustrielle Phase
Europas erinnern. Wer die Gelegenheit
hat, Produktionsbetriebe im östlichen
Java zu besichtigen, steht recht schnell
ehrfurchtsvoll vor vollkommen perfekt
erhaltenen und im täglichen Einsatz be-
triebenen Dampfmaschinen aus der nie-
derländischen Kolonialzeit.
E-Recruiting gibt es eigentlich nur in
den Ballungsgebieten
Automatisierung und Digitalisierung ist
in weiten Landesteilen nicht zu finden.
Das gilt auch für die digitale Infrastruk-
tur allgemein – Recruiting erfolgt noch
weitestgehend manuell und mit tradier-
ten Prozessen, E-Recruiting ist nur in
den wirtschaftlich starken Ballungsge-
bieten möglich, denn nur dort ist die In-
ternetversorgung der Bevölkerung aus-
reichend. Aktuelle Schätzungen gehen
davon aus, dass zwischen einem Drittel
bis etwas weniger als die Hälfte aller In-
donesier Zugang zum – staatlich partiell
zensierten – Internet haben. Das Recrui­
ting neuer Mitarbeiter erfolgt nicht nur
deshalb in der Regel relativ lokal – auch
die geografische Mobilität der Indonesi-
er ist gering, die Verkehrsinfrastruktur
macht Fortschritte, aber die individuelle
Mobilität ist durch hohes Verkehrsauf-
kommen und Fahrzeuge geringer Reich-
weite (in der Regel werden Mopeds für
den Berufsverkehr genutzt) begrenzt.
Das novellierte Arbeitsrecht hat auch
Folgen für das Recruiting
Zu Beginn der 2000er-Jahre wurde das
ebenfalls aus der Kolonialzeit tradierte
Arbeitsrecht novelliert und weist mitt-
lerweile moderne Züge auf. So wurde
zum Beispiel das Instrument der Pro-
bezeit eingeführt. Nach Abschluss der
Probezeit sind Kündigungen nur noch
schwerlich und nur mit erheblichen Ab-
findungen möglich.
Dieser Umstand hat zu Auswirkungen
in der Personalauswahl geführt und so
werden mittlerweile auch in Indonesien
berufseignungsdiagnostische Verfahren
eingesetzt, um berufliche Eignung vor ei-
ner Einstellung zu ermitteln – darunter
auch AC-Verfahren, die man üblicherwei-
se im asiatischen Raum für ungebräuch-
lich hielte, wie unter anderem Diana E.
Krause und Kollegen bereits 2014 in
einem Fachaufsatz im „International
Journal of Selection and Assessment“
erläuterten.
Eingungsdiagnostik ist in Indonesien
allzu häufig ein Abenteuer
Der lokale diagnostische Standard ist
mit westlichen Methoden noch nicht
vergleichbar, es gibt aber Bestrebungen
der Professionalisierung, zum Beispiel
durch Gründung psychologischer Be-
rufsvereinigungen und Fachjournale
wie ANIMA, dem „Indonesian Psycho-
logical Journal“. Gleichzeitig werden
Instrumente, die potenziell geeignet
wären, flächendeckend systematische
Unterschiede zwischen verschiedenen
(zum Beispiel unterschiedlichen religi-
Für jedes Land der Serie zeigen wir exemplarisch fünf Dos and Don’ts dazu auf, was
bei Recruiting und Personalauswahl besonders zu beachten ist. Diese grobe Orientie-
rung ist nicht vollständig, Expertenrat sollte eingeholt werden.
Dos
Arbeitsverhältnisse nur schriftlich begründen, vor allem bei Befristungen
Befristungen von Arbeitsverhältnissen immer sachlich begründen
Detaillierten Personalentwicklungsplan für indonesische Mitarbeiter aufstellen
Den Anteil an deutschen „Expats“ möglichst gering halten, das reduziert die Komple­
xität im Genehmigungsverfahren für ausländische Arbeitnehmer; besser auf Vorab-
Qualifikation indonesischer Mitarbeiter setzen
Regionalen Mindestlohn beachten
Don‘ts
Nicht auf technisch anspruchsvolle Ausbildung oder Vorerfahrungen der Bewerber
vertrauen
Nicht auf lokale Personalauswahlmethoden verlassen
Nicht darauf hoffen, dass Prozesse, an denen Behörden beteiligt sind, schnell verlau­
fen könnten
Sich nicht der Versuchung hingeben, behördliche Leistungen oder Genehmigungen
durch Gabe von Zuwendungen zu beschleunigen; trotz gängiger Praxis sind die Stra­
fen empfindlich
Nicht glauben, dass liberal-lebensfrohe hinduistische Bali aus der Urlaubsreise sei ein
Abbild für die Lebensrealität auch in radikal-islamischen Regionen (zum Beispiel Aceh
auf Sumatra); im Interesse der Sicherheit der Mitarbeiter Investitionsvorhaben auf
religiös gemäßigte Gebiete wie Java beschränken
Dos and Don‘ts
TIPPS
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