personalmagazin 2/2017 - page 49

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02/17 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
PROF DR. RUTH STOCK-
HOMBURG
ist Leiterin des
Fachgebiets Marketing &
Personalmanagement an der
TU Darmstadt und Gründerin des Work-Life-
Research Centers Leap in Time.
MORITZ MERKLE
ist wissen-
schaftlicher Mitarbeiter an der
TU Darmstadt mit den For-
schungsschwerpunkten Social
Robotics und Innovative Service Behavior.
Kosteneinsparungen im Blick, so wer-
den sie sicherlich in dem „Machine Age
Szenario“ enden. Konzentrieren sich
Unternehmen dagegen auf ihre wert-
vollste „Ressource“ – die Menschen –
so werden sie sich wahrscheinlich im
„Support Szenario“ wiederfinden. Denn
die Folgekosten der Robotisierung lie-
gen nicht nur im Bereich der „weichen
Faktoren“, also der Unternehmens- und
Führungskultur sowie der Demotivation
von Mitarbeitern, sondern auch im Ver-
lust treuer Kunden. Die Folgekosten sind
schätzungsweise deutlich höher als die
Kosteneinsparungen der Robotisierung.
So haben zahlreiche Studien gezeigt,
dass persönliche Beziehungen am Ar-
beitsplatz zu Kollegen und Vorgesetz-
ten der Hauptkündigungsgrund für
qualifizierte Fach- und Führungskräfte
sind und auch, dass Demotivation von
Mitarbeitern erhebliche Leistungs- und
Qualitätskosten verursachen kann. Ohne
diese Talente werden Unternehmen auf
absehbare Zeit nicht auskommen. Darü-
ber hinaus ist hinreichend bekannt, dass
das Übertragen positiver menschlicher
Emotionen ein zentraler Erfolgsfaktor
im Arbeitskontext zwischen Kollegen,
aber auch im Umgang mit Kunden ist.
Weder emotionale Bindungen zu Kol-
legen noch zu Kunden können soziale
Roboter derzeit aufbauen. Unternehmen
sollten sich also sehr gut überlegen, ob
sie ihre Talente an Mitbewerber abgeben
wollen, indem sie Mitarbeiter unreflek-
tiert durch Roboter ersetzen.
Verhaltensannahme
Technikfolgeannahme
Bedrohung
der Arbeitswelt
EINFLUSS VON ROBOTERN
Die Grafik zeigt die alternativen Szenarien zum Einfluss von Robotern auf die Arbeitswelt
von morgen. Was sich letztendlich realisiert, können Unternehmen heute bestimmen.
QUELLE: TU DARMSTADT, FG MARKETING & PERSONALMANAGEMENT, PROF. DR. RUTH STOCK-HOMBURG
wältigung täglicher Aufgaben unterstüt-
zen soll.
Take-Over-Szenario:
Roboter entwickeln eigene Interessen
Dieses Szenario geht davon aus, dass
Roboter auf absehbare Zeit eine eigene,
menschliche Identität im Sinne eines Be-
wusstseins entwickeln werden. Roboter
taktieren und handeln falls erforderlich
auch gegen menschliche Interessen. In
diesen Szenarien gehen wir daher von
Bedrohung für die Arbeitswelt aus. Aus-
wirkungen eines derartigen Szenarios
werden in verschiedenen Filmen, wie „I,
Robot“ von Alex Proyas oder Alex Gar-
lands „Ex Machina“, lebhaft illustriert
und prägen vielfach die öffentlichen
Wahrnehmungen beziehungsweise Ein-
schätzungen von Robotern. Hier kommt
das zuvor beschriebene Celebrity Pheno-
mon – also die tendenzielle Überbewer-
tung der Eigenschaften von Robotern
aufgrund selektiver medialer Informati-
onen – relativ stark zum Tragen.
Die zukünftige Arbeitswelt wird sich
auf absehbare Zeit nicht in Richtung die-
ses Szenarios entwickeln. Die Gefahr die-
ses Szenarios läge darin, dass arbeitende
Menschen, beispielsweise in Entschei-
dungsprozessen und Verhandlungen,
durch menschenähnliche, eher taktische
Verhaltensweisen von Robotern manipu-
liert würden. Die Wissenschaft steht in
Fragen des maschinellen Emotionserler-
nens allerdings noch relativ am Anfang.
Unternehmen haben ihr Szenario in
der Hand
Unseres Erachtens sind mindestens drei
der vier Szenarien durchaus realistisch
und Unternehmen haben es selbst in
der Hand, in welchem dieser Szenarien
sie sich positionieren wollen. Setzen
Unternehmen humanoide Roboter un-
reflektiert ein und haben sie lediglich
Verbesserung
der Arbeitswelt
mensch-
ähnlich
maschinen-
ähnlich
Take-Over-Szenario
Technoversity-Szenario
Machine-Age-Szenario
Support-Szenario
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