personalmagazin 8/2016 - page 44

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ORGANISATION
_AUSLANDSENTSENDUNG
personalmagazin 08/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
erfreut über diese Situation war, versteht
sich von selbst.
Was also tun? Die zuständige Behörde
in der Provinz Tianjin hatte die Entsen-
debescheinigung bereits seit vier Jahren
vorliegen und warteten auf die Verlän-
gerungsbestätigung der DVKA. Diese
würde es jedoch nicht ohne Weiteres
geben. Gemeinsam mit dem BDAE ver-
suchte das Maschinenbauunternehmen
für die vorangegangenen vier Jahre, die
fälschlicherweise als Entsendung unter
Ausstrahlung des deutschen Sozialversi-
cherungsrechts bestätigt worden waren,
eine rückwirkende Ausnahmevereinba-
rung zu erwirken. Diese sollte außerdem
für die geplanten weiteren vier Jahre gel-
ten. Um dies zu erreichen, mussten eine
plausible schriftliche Begründung gelie-
fert und zahlreiche Formulare ausgefüllt
werden. Nachdem die DVKA diese über-
setzt und an die chinesischen Behörden
weitergeleitet hatte, hieß es abwarten.
Es war ein Glücksfall (es handelte sich
dabei um eine reine Ermessensentschei-
dung), dass diese der DVKA zustimmten
und tatsächlich eine Ausnahmeverein-
barung für acht Jahre für den Aufenthalt
von Holger R. ausstellte. Nichtsdestotrotz
gestaltete sich dieses Projekt für alle Be-
teiligten rückblickend als ein Kraftakt,
der viel Zeit, Geld und Nerven kostete.
Fall 2: Entsendung nach Dubai
In einem weiteren Fall, den die BDAE-
Gruppe betreute, machte der Personaler
eines Finanzdienstleistungsunterneh-
mens ebenfalls einen Fehler, für den er
im Grunde nichts konnte. Dort wurde
der Geschäftsführer der Firma in die Be-
triebsstätte nach Dubai – im Fachjargon
der Sozialversicherungsexperten soge-
nanntes „vertragsloses Ausland“ – ent-
sandt. Als es in den Antragsformularen
für die Bestätigung der Entsendung um
die Frage der Zuordnung der Lohn- und
Gehaltskosten ging, hakte der Perso-
nalverantwortliche in der Finanzbuch-
haltung des Unternehmens nach und
fragte, ob diese Kosten zu 100 Prozent
als Betriebsausgabe des Arbeitgebers
steuerlich geltend gemacht würden. Die
Antwort lautete „ja“. Die Konsequenz:
Die für den privat krankenversicherten
Geschäftsführer zuständige Behörde
stellte die dringend benötigte Entsen-
debescheinigung für den Auslandsein­
satz nicht aus – sehr zum Missfallen des
Geschäftsführers in Dubai, der gerne
weiterhin im deutschen Sozialversiche-
rungssystem verbleiben wollte.
Entgegen der Feststellung der Behör-
de erfüllte er die Voraussetzungen da-
für tatsächlich – das Problem war nur,
dass die Finanzbuchhaltung die Frage
nach der steuerlichen Behandlung der
Gehaltskosten falsch interpretiert hatte.
Jene Kosten wurden durchaus buchhal-
terisch dem Büro in Dubai zugeordnet,
allerdings wurden sie nicht steuerlich
geltend gemacht. Erbrachte wirtschaft-
liche Leistungen können nämlich nur
juristischen Personen steuerlich zuge-
ordnet werden. Eine Repräsentanz im
Ausland (ein „Representative Office“) ist
jedoch im steuerrechtlichen Sinn keine
juristische Person, sondern lediglich ei-
ne Einheit eines Gesamtunternehmens.
Das Ruder ließ sich noch zugunsten
des Unternehmens herumreißen, indem
es gemeinsam mit der BDAE-Gruppe
einen Widerspruch gegen die Entschei-
dung der Behörde formulierte und den
Fehler der falschen Kostenzuordnung
der Personalabteilung einräumte.
Fall 3: Entsendung nach Belgien
Welcher Schaden angerichtet werden
kann, wenn ein Unternehmen gar nicht
erst seiner Pflicht, den Auslandseinsatz
eines Mitarbeiters zu melden, nach-
kommt, zeigt der Fall einer Entsendung
nach Belgien. Ein Thüringer Heizungs-
bauunternehmen suchte speziell für ein
Großprojekt in Belgien einen Techniker.
Es fand Ulf K., der praktischerweise
gerade bei einem österreichischen Kon-
kurrenten gekündigt hatte, für den er
zwei Jahre auf einer Baustelle in Belgien
tätig gewesen war. Die Personalabtei-
lung wusste, dass nach Ablauf von 24
AUSWAHL WICHTIGER ANTRÄGE
Antragstyp
zuständige Behörde
Antrag zur Prüfung der Entsendung bezie-
hungsweise Ausstrahlung
Krankenkasse des Arbeitnehmers (bei ge-
setzlich Versicherten) oder Rentenversiche-
rungsträger (bei privat Versicherten)
Ausnahmevereinbarung
Deutsche Verbindungsstelle Krankenversi-
cherung – Ausland (DVKA)
Antragspflichtverhältnis in der Arbeitslosen-
versicherung
Agentur für Arbeit
Antragspflichtverhältnis und freiwilliger
Antrag in der Rentenversicherung
die Rentenversicherung
Anwartschaftsversicherung in der Kranken-
versicherung, gegebenenfalls auch in der
privaten Krankenversicherung
zuständige Krankenkasse beziehungsweise
Rentenversicherungsträger (bei Privatpati-
enten)
freiwillige Auslandsunfallversicherung bei
der Berufsgenossenschaft
DGUV (Deutsche Unfallversicherung)
Der Überblick zeigt eine Auswahl wichtiger Anträge bei Auslandsentsendungen, jeweils
zusammen mit den zuständigen Behörden.
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