personalmagazin 8/2016 - page 20

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TITEL
_AUSBILDUNG
personalmagazin 08/16
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er 28-jährige Tobias Maunz
arbeitet an der Sortier- und
Schredderanlage auf dem
Firmengelände des Entsor-
gungs- und Recyclingunternehmens
DU. Er fährt unter anderem einen 250
PS starken Radlader, mit dem er manns-
große Pakete verschiebt. Der Lernbehin-
derte ist seit sechs Jahren fest bei dem
Göppinger Unternehmen angestellt.
Seine Chefin, die Unternehmerin Beate
Schwarz, ist froh, mit Maunz einen flei-
ßigen Mitarbeiter zu haben, der in das
junge, dreizehnköpfige Team passt. Die
Geschäftsführerin kann sich noch gut an
die Bewerbung des damals 22-jährigen
freiwilligen Feuerwehrmanns erinnern.
„Tobias Maunz hatte weder Schul- noch
Ausbildungsabschluss“, erklärt die Che-
fin von 190 Mitarbeitern. Aber er hatte
sich auf eine Zeitungsanzeige beworben,
zeigte also Eigeninitiative. Das gefiel der
Familienunternehmerin und sie lud
den jungen Mann ein, ein vierwöchiges
Praktikum zu absolvieren. Dabei über-
zeugte er. „Mein Anspruch ist es, ein
Umfeld zu schaffen, in dem Menschen
mit Behinderung ohne Hindernisse
arbeiten können“, sagt die Chefin und
Mutter zweier Kinder. Maunz‘ Vorge-
setzter hatte die Aufgabe, seinen acht
Jahre jüngeren Kollegen mit Bedacht in
einzelne Arbeitsschritte einzuweisen.
„Nach einem halben Jahr hatte Tobias es
drauf“, sagt sein Chef nicht ohne Stolz.
Gemeint ist, dass Maunz eigenständig
Wareneingangs- und -ausgangslisten
liest und ankommende LKW mit dem
Von
Leonhard Fromm
Gabelstapler ent- und belädt. Danach
trainierte Maunz als Maschinenhelfer.
Inzwischen übernimmt er die wöchent-
lichen Reinigungsintervalle der Anlage,
die aus Papierfasern und Gerstenspelz
Biokohle produziert.
Ziel: Integration ins Arbeitsleben
Seine Vorbereitung auf das Arbeitsleben
hat der junge Mann nach dem Besuch
der Förderschule bei institutionellen
Berufsförderlehrgängen genossen. Ei-
nen solchen können eingeschränkte
Jugendliche beispielsweise bei der ÜAG
in Jena absolvieren. Diese Kurse helfen
lernschwachen Schülern ohne Haupt-
schulabschluss ins Arbeitsleben. „Bei
uns können Teilnehmer einen Schulab-
schluss nachholen. Hauptziel ist aber,
sie ins Arbeitsleben zu bringen“, sagt
Christin Görmar, bei der ÜAG Sozialpä-
dagogin im Bereich Bildung. Die Maß-
nahme dauert ein Jahr und vermittelt
eine Mischung aus Arbeit im Betrieb
und Fachtheorie. In etwa sechs Wochen
nehmen die Jugendlichen an Betriebs-
praktika teil. In verschiedenen Berei-
chen – wie Holztechnik, Metalltechnik,
Inklusive Einblicke
PRAXIS.
Die Hürden für die betriebliche Ausbildung von Jugendlichen mit Handicap
sind bislang hoch. Doch sie kann gelingen: Zwei Ausbildungsbetriebe zeigen, wie.
Unternehmerin Beate Schwarz hat in ihrem Recyclingunternehmen DU einen jungen
Mann mit Lernbehinderung ausgebildet, der keinen Schulabschluss vorweisen konnte.
© BEATE SCHWARZ
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