personalmagazin 8/2016 - page 28

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MANAGEMENT
_CONSULTING 4.0
personalmagazin 08/16
I
n einem Kreuzberger Hinterhof, in
dem die HR-Beratung HR Pepper
logiert, traf sich eine gemischte
Gruppe aus jungen und erfahrenen
und renommierten Beratern, um über
die Zukunft der Consultingbranche zu
diskutieren. Manche der versammelten
Berater sind direkte Konkurrenten. Bis
heute ist die Scheu groß, sich mit einem
Konkurrenten an einen Tisch zu setzen.
Man will sich nicht in die Karten schau-
en lassen. Christian Völkl, Berater von
HR Pepper und Moderator der Runde,
hatte sich deshalb zur Einstimmung
ein interaktives Format überlegt, um
Vertrauen zwischen den Teilnehmern
aufzubauen. Jeder Teilnehmer musste
einen kurzen Steckbrief inklusive einem
gezeichneten Selbstporträt verfassen
und an einer Pinnwand befestigen. So
kamen die Konkurrenten miteinander
ins Gespräch, ehe man sich in einem
lockeren Halbkreis zur Diskussion zu-
sammensetzte.
Digitale Beratungskompetenz
Die Digitalisierung ist für alle Teilneh-
mer ein großes Thema, das in den ak-
tuellen Beratungsprojekten eine immer
größere Rolle spielt. Doch woran erken-
nen die Kunden eigentlich, dass der
Berater in digitalen Themen kompetent
ist? In Zweiergruppen mussten sich die
Berater das überlegen. Am Ende war
man sich über zwei Punkte einig: Die
Kundenkommunikation wird digital
und das beginnt mit der Website des
Beraters.An dieser könne man erken-
Von
Reiner Straub
(Red.)
nen, wie gut die digitale Kompetenz der
Beratung sei, sagte Matthias Meifert,
Geschäftsführer von HR Pepper. Fabian
Kienbaum, Geschäftsführer der Kien-
baum Unternehmensgruppe, sprach
vom „Interface zum Kunden“.
Auch das Beratungsverständnis ist
bei einer digitalen Beratung anders.
Während früher der Berater mit Exper-
tenwissen zu überzeugen versuchte, ist
das heute nicht mehr zeitgemäß. Viel
Beratungswissen sei heute im Internet
frei zugänglich, sodass sich der Bera-
tungsansatz verändere. „Wir entwickeln
gemeinsam mit dem Kunden das Proto-
typing des Projekts“, erläuterte Sophia
von Rundstedt, Geschäftsführerin von
Rundstedt. Fabian Kienbaum stimmte
zu, meinte aber, dass die Beratungsun-
ternehmen die gestellten Anforderungen
nur teilweise einlösen. „Wir brauchen
die Verbindung von klassischen Un-
ternehmensstrukturen und Start-ups –
auch in unseren internen Strukturen.“
Zwischen Panik und Realität
Auf Kundenseite sei die Digitalisierung
ein Thema, das gelegentlich Panik aus-
löse, berichtete Sophia von Rundstedt.
Barbara Heitger, Geschäftsführerin der
Heitger Consulting Group of Experts,
erzählte, dass sich viele Kunden fragen,
ob die Digitalisierung nur ein Hype sei,
mit dem man viel Geld verbrenne, oder
ob sie wirklich relevant für ihre Unter-
nehmen sei. „Darauf können wir oft kei-
ne verlässliche Antwort geben“, gestand
Heitger ein und ergänzte: „Digitalisie-
rung und das Scanning ihrer strategi-
schen Optionen muss ein Dauerthema
in jedem Unternehmen werden und die
Landkarten dazu müssen wir erst noch
erarbeiten.“ Matthias Meifert sprang ihr
bei und veranschaulichte das Dilemma
mit einem Vergleich, der in unterschied-
lichen Versionen im Netz zirkuliert: „Di-
gitalisierung ist wie Teenagersex: Jeder
spricht darüber. Keiner weiß wirklich,
wie es geht. Alle denken, dass die ande-
ren es tun, also behauptet jeder, dass er
es auch tut.“
Verlust an Arbeitsplätzen
Dass die Digitalisierung auf die Unter-
nehmen einen Veränderungsdruck aus-
übe, darüber waren sich die Teilnehmer
einig. Unsicherheit herrscht aber darü-
ber, mit welcher Wucht und in welchem
Tempo der Veränderungsdruck auf die
Unternehmen zukommt. Kai Anderson
nahm die Rolle des „Challengers“ ein,
der mit revolutionären Veränderungen
rechnet: „Es wird nicht nur alles digita-
lisiert, was digitalisiert werden kann. Es
wird auch automatisiert, was automati-
siert werden kann. Die Kombination aus
Digitalisierung und Automatisierung
schafft einen Veränderungsdruck, den
wir alle unterschätzen. Da wird kein
Stein auf dem anderen bleiben.“
Carsten Wember, Partner bei der
KPMG, blies in dasselbe Horn und beo-
bachtet in administrativen Bereichen der
großen Konzerne, dass sich Führungs-
kräfte und Mitarbeiter um ihre Zukunft
Sorgen machen. „Es gibt Unternehmens-
bereiche, die durch die Digitalisierung
verschwinden werden oder deutlich an
Bedeutung verlieren. Die Frage ist nur
noch, wann und in welchem Umfang
Gipfeltreffen der Berater
DISKUSSIONSRUNDE.
Ersetzen Plattformen künftig Consultingwissen? Stehen Consul-
tants vor disruptiven Veränderungen? Neun Consultants trafen sich in Berlin.
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