personalmagazin 8/2016 - page 23

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08/16 personalmagazin
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LEONHARD FROMM
ist Journalist und
Kommunikationsberater.
lich zu inkludieren. „Wer von Anfang
an eine inklusive Regelschule besucht
hat, eine inklusive Ausbildung absol-
viert oder mit anderen studiert, kommt
mit einem besseren Selbstbewusstsein
daher und findet sich im Arbeitsleben
besser zurecht“, sagt der Geschäftsfüh-
rer aus Erfahrung. Auch er ist der Mei-
nung, dass es sich Firmen bald nicht
mehr leisten können, auf Fachkräfte mit
einer Behinderung und deren individu-
elle Stärken zu verzichten. Das zeige
sich an Konzernen wie SAP, die gerne
Menschen mit Asperger-Syndrom, einer
Form des Autismus, einstellen. Ähnlich
sei es bei behinderten Absolventen tech-
nischer Studiengänge. Diese bekommen
oftmals schon Jobangebote, bevor sie ihr
Abschlusszeugnis in der Tasche haben.
Insgesamt stellt der Mitarbeiter von My
Handicap fest, dass Branchen, die über
Fachkräftemangel klagen, gegenüber
Menschen mit Handicap aufgeschlos-
sener seien. „Innerhalb der Zielgruppe
suchen sich Firmen naturgemäß die
besten Talente heraus.“
Jeder Bewerber wird gleich behandelt
Wie die Inklusion von behinderten Ju-
gendlichen und Erwachsenen zur Nor-
malität werden kann, zeigt das Beispiel
der Erdt-Gruppe aus Viernheim. Schon
seit Jahren beschäftigt Erdt Mitarbei-
ter, die eine körperliche oder geistige
Behinderung haben. „Weil wir Inter-
esse daran haben, Mitmenschen zu
integrieren. In der Regel suchen wir
die Mitarbeiter nicht, sondern diese be-
werben sich ganz normal bei uns“, sagt
Unternehmenssprecher Falko Keller.
Jeder Bewerber werde gleich behandelt.
Nach erfolgreicher Probezeit wird der
Mitarbeiter übernommen. 2015 mach-
te der Viernheimer Bürgermeister die
Erdt-Gruppe auf einen jungen Mann
aufmerksam. Er hatte aufgrund seiner
Behinderung schon mehrere erfolglose
Versuche hinter sich, im Arbeitsmarkt
Fuß zu fassen. Nach Ablauf der Förder-
dauer eines Programms wurde er in
der Vergangenheit nicht weiter in dem
jeweiligen Betrieb beschäftigt. „Nach
einem ersten Gespräch war uns relativ
schnell klar, dass genau dieser Mitarbei-
ter zu uns passt“, sagt Marketingleiter
Keller. Nachdem der Gehandicapte alle
möglichen Arbeitsgebiete durchlaufen
hatte, waren sich die Fachbereichsleiter
einig, dass sie einen neuen, engagierten
und den Alltag bereichernden Mitarbei-
ter gefunden hatten. Noch heute kommt
regelmäßig ein Betreuer zu Erdt, um
die Kollegen des behinderten Mannes
zu unterstützen, mögliche Konflikte
gemeinsam zu lösen. „Es ist nichts Be-
sonderes, Mitmenschen mit Behinde-
rung zu beschäftigen“, fasst Keller die
Überzeugung seines Unternehmens
zusammen, „sie sind ein Teil von uns
und leisten ihren Beitrag zu unserem
Unternehmenserfolg“.
„In naher Zukunft können wir es uns
nicht mehr erlauben, Behinderte aus der
Arbeitswelt auszuschließen.“
David Hirsch, Geschäftsführer des Bildungsträgers ÜAG
Tobias Maunz arbeitet seit sechs Jahren beim Recyclingunternehmen DU. Der Lernbe-
hinderte hat seine Vorgesetzten während seiner Berufsausbildung von sich überzeugt.
© TOBIAS MAUNZ
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