personalmagazin 8/2016 - page 22

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TITEL
_AUSBILDUNG
personalmagazin 08/16
Unternehmen, die inklusiv ausbilden wollen, sehen sich mit einer Vielzahl
an Herausforderungen und sehr unterschiedlichen Regularien und behördlichen
Zuständigkeiten konfrontiert.
Je nach Behinderung sind verschiedene Ämter oder Einrichtungen zuständig. Beispiels-
weise macht es einen Unterschied, ob die Einschränkung von einer Krankheit oder
einem Unfall herrührt. Arbeitgeber sollten sich am besten nach einem konkreten Fall
erkundigen. Wer schon einen Mitarbeiter im Auge hat, tut sich bei seinen Recherchen
leichter. Ein erster Schritt ist es, mit dem Integrationsamt Kontakt aufzunehmen. Dieses
verweist gegebenenfalls auf die Rentenkasse oder die Agentur für Arbeit. Konkrete
Fragen stellen können Arbeitgeber im Online-Forum bei My Handicap. Hier können sie
sich auch als Arbeitgeber mit offenen Stellen für Behinderte listen lassen.
Ansprechpartner für Inklusion
LINKTIPPS
beispielsweise verursacht durch psy-
chische Erkrankungen, bringen diese
jungen Erwachsenen keinen regulären
Schulabschluss oder Berufsausbildung
mit. „In mehr als zehn Jahren seit ich
hier arbeite, haben wir nur wenige Men-
schen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
vermittelt“, „Wir können aber betriebs-
integrierte Arbeitsplätze in Firmen
anbieten oder in eines unserer Integra-
tionsunternehmen vermitteln, wo dann
ein Angestelltenverhältnis entsteht“,
erzählt Wielsch.
Einen solchen Integrationsbetrieb
gründete der Bildungsträger ÜAG im
Jahr 2013. Von dessen 40 Mitarbeitern in
Hauswirtschaft oder Garten- und Land-
schaftsbau sind heute 20 schwerbehin-
dert. Geschäftsführer David Hirsch kann
ein Lied von der wirtschaftlichen Situa-
tion singen: „Die staatlichen Zuschüsse
belaufen sich auf etwa 30 Prozent des
Arbeitslohns eines jeden schwerbehin-
derten Mitarbeiters. Die restlichen zwei
Drittel müssen die Angestellten mit ih-
rer Arbeit erwirtschaften“, erklärt der
Geschäftsführer, wie er in seiner Bilanz
eine schwarze Null erreicht. Von Gewinn
sei erst einmal nicht zu sprechen. Eine
solche Anstrengung sei von den Unter-
nehmen der freien Wirtschaft kaum
zu erwarten, glaubt Hirsch. Außerdem
führe diese Situation dazu, dass sich die
Unternehmen unter den Behinderten die
arbeitsfähigsten herauspicken und der
Rest keine Chance bekommt.
HR hat unklares Bild von Behinderung
Werkstattleiter Wielsch würdigt jeden
Versuch, Behinderte in die Arbeitswelt
zu integrieren: „Sich mit behinderten
Menschen auseinanderzusetzen, ist für
Unternehmer eine Chance, die eigenen
Strukturen und Prozesse unter die Lupe
zu nehmen“, betont er die Vorteile für
Firmen. In naher Zukunft, so vermutet
er, können wir es uns nicht mehr er-
lauben, Menschen, die nicht ins Sche-
ma passen, aus der Arbeitswelt auszu-
schließen. Denn Fachkräftemangel und
Demografie machen jede Arbeitskraft
wertvoll. Auch die Behinderter.
„Es gibt Fortschritte, wenn auch nur
kleine. Erneut hat sich die Lage schwer-
behinderter Menschen auf dem ersten
Arbeitsmarkt 2015 im Vergleich zum
Vorjahr leicht verbessert“, heißt es im
aktuellen Inklusionsbarometer der Ak-
tion Mensch. Auch wenn nicht alle Be-
troffenen davon profitieren können: Es
tut sich etwas auf dem deutschen Ar-
beitsmarkt. So nähert sich die Beschäfti-
gungsquote Schwerbehinderter mit 4,67
Prozent immer weiter dem gesetzlich
vorgeschriebenen Wert von fünf Prozent
an, berichtet die Initiative. Insgesamt
sind rund 1,15 Millionen schwerbehin-
derte Menschen auf dem ersten Arbeits-
markt beschäftigt – so viele wie noch
nie. Auch geben 77 Prozent der Arbeit-
geber an, keine Leistungsunterschiede
zwischen Menschen mit und ohne Be-
hinderung zu erkennen. Allerdings zeigt
sich, dass Personalverantwortliche oft-
mals ein unklares Bild von Behinderung
haben. Meist denken sie an Mitarbeiter
mit einer körperlichen oder geistigen Be-
hinderung, doch tatsächlich haben rund
80 Prozent diese erst im Laufe ihres Er-
werbslebens, beispielsweise durch eine
schwere Krankheit, erworben. Knapp
die Hälfte der Unternehmen (49 Prozent)
hat Zielvorgaben für die Beschäftigung
von Menschen mit Behinderung festge-
halten und 41 Prozent der Unternehmen
haben Maßnahmen im Bereich Ausbil-
dung in schriftliche Grundsätze oder
einen Plan zur Inklusion von Menschen
mit Behinderung gegossen.
Ausbildung erhöht Selbstbewusstsein
Zu den Voraussetzungen für eine er-
folgreiche Inklusion im Betrieb gehöre
auch, dass Unternehmer auch die Be-
rufsschule auf ihrer Seite haben, sagt
Robert Freumuth von der Stiftung My
Handicap in München. Es ist nach sei-
ner Meinung enorm wichtig, junge Men-
schen mit Behinderung so früh wie mög-
ADD-ON
In der Personalmagazin-App lesen Sie
die Zusammenfassung einer IAB-Analy-
se zu Inklusionsmaßnahmen für Azubis.
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