personalmagazin 8/2016 - page 24

personalmagazin 08/16
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TITEL
_AUSBILDUNG
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
ce, sich lokal bekannt zu machen. Un­
ternehmer sollten sich dabei von einem
ersten Nein von einer Schule nicht ab­
schrecken lassen: Während es einigen
Lehranstalten zu werblich ist, sind an­
dere sehr offen für solche Maßnahmen.
Auch Berufsschulen mit Förderklassen
für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz
sind eine gute Plattform.
personalmagazin:
Was raten Sie Chefs
lernschwacher Jugendlicher?
Stargardt:
Dafür sorgen, dass die Jugend­
lichen sich in den Betrieb integrieren
und viel Geduld haben. Es darf nicht
passieren, dass Lernschwache in eine
Außenseiterposition gedrängt oder gar
gemobbt werden. Außerdem empfehle
ich beiden Seiten, die Probezeit intensiv
zu nutzen. Chef und Heranwachsender
sollten prüfen, ob die jeweiligen Erwar­
tungen zueinander passen. Hilfreich
sind auch Mentoren. Sie geben den Ju­
gendlichen Orientierung und Sicherheit.
personalmagazin:
Haben Sie weitere Tipps?
Stargardt:
Manche Arbeitgeber arbeiten
mit einem Patensystem: Jedem Azubi
wird ein erfahrener Mitarbeiter zuge­
teilt. In anderen Betrieben gibt es einen
Wohlfühlmanager, der sich darum küm­
mert, dass es allen gut geht. Außerdem
empfehle ich, zusätzliche Bildungsange­
bote zu nutzen. Von Persönlichkeitstrai­
ning bis hin zu Projektmanagement gibt
es Angebote für Azubis, die über Berufs­
schulinhalte hinausgehen und je nach
Bedarf eingesetzt werden können.
„Filialleiter trotz Lernschwäche“
INTERVIEW.
Hauptschüler mit schlechtem oder ohne Abschluss fallen als Bewerber oft
durch. Bildungsexperte Jochen Stargardt erklärt, wie man sie als Azubis fördern kann.
personalmagazin:
Eine DGB-Studie hat
gezeigt, dass viele Ausbildungsangebote
Hauptschüler von vornherein ausschlie-
ßen. Gibt es überhaupt Betriebe, die
diesen Jugendlichen eine Chance geben?
Jochen Stargardt:
Die gibt es, etwa in Gas­
tronomie oder Einzelhandel: Beide Bran­
chen sind aufgrund niedriger Gehälter
und unattraktiver Arbeitszeiten wenig
gefragt bei Schulabgängern. Dass diese
Betriebe dann Jugendliche mit einem
schlechten oder gar keinem Hauptschul­
abschluss einstellen, muss kein Nachteil
sein. Im Umgang mit Kunden oder mit
der Ware bringen die jungen Menschen
häufig gute Leistungen.
personalmagazin:
Worauf sollte ein Per-
sonaler achten, wenn er schwächeren
Bewerbern eine Chance geben will?
Stargardt:
Er sollte sich einen persönli­
chen Eindruck von dem Jugendlichen
verschaffen. Versuchen herauszube­
kommen, wie dessen soziale Strukturen
sind. Auch zu wissen, was er in seiner
Freizeit macht, ist hilfreich. Meinen
Kunden empfehle ich außerdem, Prakti­
ka zu nutzen – hier merken beide Seiten
schnell, ob sie zusammenpassen.
personalmagazin:
Geben Sie mal ein Bei-
spiel dafür aus der Praxis.
Stargardt:
Ein großer Filialist, der auch
Schwachen eine Chance gibt, organisiert
für seine Auszubildenden interne Schu­
lungen. Die Azubis vertiefen den Berufs­
schulunterricht in kleinen Gruppen und
lernen anhand von Praxisbeispielen ih­
ren Arbeitgeber besser kennen. Da ent­
steht schnell ein Gemeinschaftsgefühl.
Die Stärkeren ziehen die Schwächeren,
auf denen dort mein Hauptaugenmerk
liegt, mit. Alle diese Lehrlinge legen
meist eine überdurchschnittlich gute
Abschlussprüfung ab. Es gibt sogar Fäl­
le, in denen aus Azubis mit Lernschwä­
che Filialleiter geworden sind.
personalmagazin:
Wie kann das Personal-
marketing für Hauptschüler aussehen?
Stargardt:
Einer meiner Kunden geht in­
tensiv auf Hauptschulen zu. Dort refe­
riert er in einer Schulstunde über das
Berufsbild Kaufmann im Einzelhandel.
So hat der Geschäftsmann bereits einige
Nachwuchskräfte rekrutiert. Gerade für
kleinere Betriebe ist das eine gute ChanDas Interview führte
Leonhard Fromm.
JOCHEN STARGARDT
ist Partner des
Bildungsinstituts Carriere & More. Dort gibt
er mit seinem Trainerteam unter anderem
Seminare für Jugendliche mit Förderbedarf.
© STARCONTRA GMBH
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