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            MANAGEMENT
          
        
        
          _WISSENSCHAFTSTRANSFER
        
        
          personalmagazin  12/16
        
        
          G
        
        
          ood night and good luck“, so
        
        
          hat der Fernsehjournalist
        
        
          Edward R. Murrow seine Po-
        
        
          litiksendung immer beendet
        
        
          — weil es am Ende oft auf das Quäntchen
        
        
          Glück ankommt, das Erfolg von Misser-
        
        
          folg scheidet. Das gilt für einzelne Mana-
        
        
          ger und Unternehmer genauso wie für
        
        
          Organisationen. Und doch ist der Zufall
        
        
          eines der am wenigsten erforschten The-
        
        
          men, sei es als Glück (positiver Verlauf)
        
        
          oder Pech (negativer Verlauf). Ein Grund
        
        
          Von
        
        
          
            Martin Claßen
          
        
        
          und
        
        
          
            Christian Gärtner
          
        
        
          Zufall: Der unterschätzte Faktor
        
        
          
            SERIE.
          
        
        
          Zufall ist eine vernachlässigte Einflussgröße für den Erfolg von Geschäfts- und
        
        
          Personalstrategien. Eine Studie zeigt, warum man sich darüber im Klaren sein sollte.
        
        
          für die geringe Aufmerksamkeit könnte
        
        
          sein, dass die meisten Führungskräfte
        
        
          und weite Teile der Belegschaft lieber
        
        
          das Selbstverständnis pflegen, die Dinge
        
        
          in der Hand zu haben. Dass dies eine
        
        
          regelmäßige Selbsttäuschung ist, zeigt
        
        
          der zum Abschluss unserer Serie ausge-
        
        
          wählte Überblicksartikel.
        
        
          Was man sich merken sollte
        
        
          Es gibt genügend empirische Hinweise
        
        
          für ganz unterschiedliche Rollen, die der
        
        
          Zufall für den Erfolg von Personen und
        
        
          Organisationen spielt. Zunächst wäre
        
        
          da der Zufall als negative oder positive
        
        
          Zuschreibung: Im Erfolgsfall wird Glück
        
        
          meist fälschlicherweise mit Können
        
        
          verwechselt, während bei Misserfolgen
        
        
          von Pech die Rede ist. Die Psychologie
        
        
          nennt das den fundamentalen Attributi-
        
        
          onsfehler. Diese Zuschreibungen haben
        
        
          enorme Auswirkungen, zum Beispiel
        
        
          auf die Frage, wer wann einen Bonus
        
        
          verdient hat. Oder ob aus einem Ereignis
        
        
          gelernt wird, denn wer einfach nur Pech
        
        
          hatte, kann und braucht auch nichts zu
        
        
          lernen, um es beim nächsten Mal besser
        
        
          zu machen.
        
        
          Außerdem gibt es den Zufall als un-
        
        
          berechenbare Einflussgröße: Viele Er-
        
        
          eignisse sind kaum vorherzusagen,
        
        
          geschweige denn zu kontrollieren. „Kol-
        
        
          lege Zufall“ hilft nicht nur – zum Beispiel
        
        
          bei unverhofften Erfindungen –, er kann
        
        
          auch negative Auswirkungen haben, et-
        
        
          wa wenn das neue Produkt zur falschen
        
        
          Zeit eingeführt wird, wenn einem ein
        
        
          (neuer) Wettbewerber zuvorkommt oder
        
        
          die Finanzkrise die Unternehmensergeb-
        
        
          nisse verhagelt und Umsatzprognosen
        
        
          plötzlich hinfällig werden. Bei sogenann-
        
        
          ten schnelldrehenden Konsumgütern
        
        
          beispielsweise liegt die Fehlerwahr-
        
        
          scheinlichkeit von Vorhersagen über den
        
        
          Erfolg eines Produkts bei 70 Prozent.
        
        
          An dritter Stelle steht der Zufall als
        
        
          Faktor für selbstverstärkende Mecha-
        
        
          nismen: Weil der Zufall systematisch
        
        
          unterschätzt und Erfolg mit Kompetenz
        
        
          gleichgesetzt wird, bekommen die glück-
        
        
          lichen Gewinner immer mehr. Vor allem
        
        
          immer mehr Geld, aber auch Bekannt-
        
        
          heit, Status und Reputation, die dann
        
        
          wieder zu Geld gemacht werden können.
        
        
          Bis die Würfel gefallen sind, sollte
        
        
          man auf vieles gefasst sein.