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ORGANISATION
_INTERNATIONALE PERSONALARBEIT
personalmagazin 11/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Form. Angesichts der deutlich gerin-
geren Kosten ist tatsächlich verwun-
derlich, dass die Unternehmen diese
Entsendungsform nicht mehr nutzen.
Internationales Pendeln ist für den
Kandidaten und insbesondere die Fami-
lie belastend. Auch in Großunternehmen
wird diese Entsendungsform weniger
verwendet als Langzeit- oder Kurz-
zeitentsendung (vergleiche Überblick
Seite 51). Allerdings unterscheiden sich
die Herausforderungen des Pendelns
in Work-Life-Balance laut Einschätzung
der Teilnehmer nicht sehr von denen der
Vielflieger-Entsendung, die ja von den
Unternehmen viel genutzt wird. In be-
stimmten Fällen kann daher auch inter-
nationales Pendeln eine Alternative sein,
wenn mehr Präsenz und Verantwortung
vor Ort erreicht werden soll, aber für
den Kandidaten und seine Familie eine
klassische Auslandsentsendung nicht in
Frage kommt.
Selbst-initiierte Auslandsentsandte –
ein unterschätztes Potenzial?
Unterschätzt wird von den teilnehmen-
den Unternehmen offenbar auch das
Potenzial der selbst-initiierten Aus-
landsentsendung. Unternehmen sind
sich bewusst, dass selbst-initiierte
Auslandsentsandte prinzipiell sinnvoll
sind, um Positionen zu besetzen, für
die kein geeigneter lokaler Mitarbeiter
zu finden ist – weniger, um Wissen zu
transferieren oder eine Auslandsnie-
derlassung stärker zu kontrollieren. Die
Befragten nutzen selbst-initiierte Aus-
landsentsandte ähnlich wenig für Posi-
tionen im Ausland wie die Kurzzeitent-
sendung und internationales Pendeln.
Allerdings zeigt die Forschung, dass
die Zahl an Jobsuchenden, die zu einer
selbst-initiierten Entsendung bereit
sind, kontinuierlich steigt – und zwar
in allen Branchen, Funktionsbereichen
und Karrierephasen. In einer Studie, die
wir unter Hochschulabsolventen der ESB
Business School der Hochschule Reutlin-
gen durchgeführt haben, gaben 81,1 Pro-
zent der Absolventen an, dass sie sich
direkt nach dem Hochschulabschluss
eine selbst-initiierte Auslandsentsen-
dung vorstellen (62,2 Prozent) oder viel-
leicht vorstellen könnten (18,9 Prozent).
Die selbst-initiierte Entsendung ist mit
weniger Herausforderungen verbunden
als die klassische Langzeitentsendung
und andere Entsendungsformen (etwa
in Bezug auf familiäre Situation oder
Work-Life-Balance). Für Unternehmen
ist die Rekrutierung selbst-initiierter
Auslandsentsandter in finanzieller Hin-
sicht attraktiv: sie bezahlen normaler-
weise weder für Umzug und Relocation
noch für ein umfangreiches finanzielles
Expat-Package.
Aufbau von Vertrauen zu lokalen
Stakeholdern
Als große Herausforderung wird bei
allen flexiblen Formen internationalen
Arbeitens der Aufbau von Vertrauen
vor Ort gesehen – zu lokalen Kunden,
Behörden und anderen Stakeholdern
(vergleiche Kasten links). Da die Kandi-
daten nicht langfristig vor Ort sind, gibt
es weniger persönliche Kontakte, und es
ist schwieriger, vertrauensvolle Bezie-
hungen aufzubauen. Die selbst-initiierte
Entsendung ist hier die Ausnahme.
Sinnvoll erscheint daher die Kombi-
nation der Einsatzformen, so dass ein-
zelne Mitarbeiter längerfristig vor Ort
sind (durch Langzeitentsendung oder
selbst-initiierte Entsendung) und ande-
re Mitarbeiter flexibel arbeiten (in Be-
tracht kommen hier – je nach je nach
Kontext und verfügbaren Kandidaten –
RISIKEN
Aufgeführt sind die Herausforderungen, die mindestens 30 Prozent der befragten Unter-
nehmen genannt haben, in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.
Besondere Herausforderungen
Langzeitentsendung
•
Dual-career/Familienprobleme (87,9 Prozent)
•
Reintegration der Mitarbeiter (78,8 Prozent)
•
Hohe Kosten (72,7 Prozent)
•
Rekrutierung von Kandidaten (60,6 Prozent)
•
Angemessene Vorbereitung (45,5 Prozent)
Kurzzeitentsendung
•
Aufbau von Vertrauen zu lokalen Stakeholdern (69,7 Prozent)
•
Angemessene Vorbereitung (60,6 Prozent)
•
Dual-career/Familienprobleme (51,5 Prozent)
•
Rekrutierung von Kandidaten (33,3 Prozent)
•
Stress, Burnout, Work-Life-Balance (33,3 Prozent)
Internationales Pendeln
•
Stress, Burnout, Work-Life-Balance (78,8 Prozent)
•
Dual-career/Familienprobleme (60,6 Prozent)
•
Hohe Kosten (57,6 Prozent)
•
Rekrutierung von Kandidaten (45,5 Prozent)
•
Aufbau von Vertrauen zu lokalen Stakeholdern (39,4 Prozent)
Vielflieger-Entsendung
•
Stress, Burnout, Work-Life-Balance (81,8 Prozent)
•
Hohe Kosten (60,6 Prozent)
•
Aufbau von Vertrauen zu lokalen Stakeholdern (42,4 Prozent)
•
Dual-career/Familienprobleme (39,4 Prozent)
Virtuelle Entsendung
•
Aufbau von Vertrauen zu lokalen Stakeholdern (57,6 Prozent)
Selbst-initiierte
Auslandsentsendung
•
Rekrutierung von Kandidaten (36,4 Prozent)
•
Angemessene Vorbereitung (36,4 Prozent)
•
Reintegration der Mitarbeiter (30,3 Prozent)