Personalmagazin 11/2016 - page 50

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ORGANISATION
_INTERNATIONALE PERSONALARBEIT
personalmagazin 11/16
W
as macht man als Unter-
nehmen, wenn man in-
ternational tätig ist und
internationales Personal
braucht – aber weder die finanziellen
noch die personellen Ressourcen für
professionell gesteuerte internationale
Personaleinsätze hat? Man sollte sich
nach Alternativen zur klassischen Aus-
landsentsendung umschauen. Großun-
ternehmen setzen seit einigen Jahren
verstärkt auf flexible Formen internati-
onalen Arbeitens: Kurzzeitentsendung,
Vielflieger-Entsendung, internationa-
les Pendeln, virtuelle Entsendung und
selbst-initiierte Entsendung (vergleiche
Überblick imKasten rechts). Die Vorteile:
größere Flexibilität – beispielsweise im
Hinblick auf die familiäre Situation des
Kandidaten; teilweise geringere Kosten;
geringere Reintegrationsschwierigkei-
ten. Wären solche flexible Formen inter-
nationalen Arbeitens nicht gerade auch
attraktive Optionen für KMU?
Wenig Budget, kleiner Kandidaten-
pool, wenig HR-Personal
In KMU und im Mittelstand bestehen
noch stärker als in Großunternehmen
drei grundlegende Herausforderungen
für internationale Personalmanagement:
Budgetrestriktionen erschweren die
Gestaltung attraktiver Gehaltspakete
für Auslandsentsandte
Es gibt weniger potentielle Kandidaten
für Entsendungen
Geringere HR-Personalkapazitäten er-
schweren das Management.
Von
Julia Hormuth
Flexibel und international
STUDIE.
Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen gibt es gute Alterna-
tiven zur klassischen Auslandsentsendung. Doch noch werden diese kaum genutzt.
Hier bieten Kurzzeitentsendungen oder
Vielflieger-Entsendungen eine kosten-
günstige Chance, Kandidaten für inter-
nationale Aufgaben und Positionen zu
rekrutieren und einzusetzen.
In einer Studie an der ESB Business
School der Hochschule Reutlingen ha-
ben wir untersucht, in welchem Maße
KMU und Mittelstand flexible Formen
internationalen Arbeitens nutzen und
welche Vor- und Nachteile und Erfolgs-
faktoren die Personalverantwortlichen
sehen. Teilnehmer der Studie waren 66
kleine und mittelständische deutsche
Unternehmen unterschiedlicher Bran-
chen mit internationaler Geschäftstätig-
keit. Da für die Relevanz der Thematik
ein gewisser Grad an Internationalität
und auch eine gewisse Unternehmens-
größe Voraussetzung ist, wurden Mittel-
ständler mit bis zu 3.000 Mitarbeitern
berücksichtigt. Ergebnis der Studie: Im
Vergleich zu Großunternehmen schöp-
fen kleine und mittelständische Unter-
nehmen das Portfolio moderner Formen
internationalen Arbeitens nicht aus – sie
hätten in bestimmten Bereichen durch-
aus Optimierungspotenzial.
Flexibel – aber doch zu Hause:
Vielflieger und virtuell Entsandte
Die Studie zeigt: Vielflieger-Entsendung
und virtuelle Entsendung sind die in den
beteiligten Unternehmen am häufigsten
genutzten Formen internationalen Arbei-
tens. Sowohl in Bezug auf den Anteil an
Unternehmen, die diese Entsendungsfor-
men verwenden, als auch im Hinblick auf
die Anzahl an Kandidaten pro Unterneh-
men stehen diese Formen an der Spitze.
Die Vielflieger-Entsendung ist nach Ein-
schätzung der teilnehmenden Unterneh-
men insbesondere geeignet, wenn mit der
Position ein Wissenstransfer vom Head-
quarter in die Auslandsfiliale und eine
Kontrolle der Filiale angestrebt wird. Die
Rekrutierung an Kandidaten erscheint
unproblematisch. Allerdings müssen die
Kandidaten belastbar sein, denn das stän-
dige Reisen verlangt viel Flexibilität von
ihnen wie auch von ihren Familien – nicht
umsonst werden die Vielflieger auch als
„Flexpatriates“ bezeichnet. Für das Unter-
nehmen bringt die Vielflieger-Entsendung
einige Kosten mit sich – allerdings laut
Einschätzung der Teilnehmer weniger als
für eine klassische Langzeitentsendung
(siehe Kasten Seite 52). Die Vielflieger-
Entsendung ist die zentrale Form der Or-
ganisation internationalen Arbeitens für
KMU und Mittelstand.
Auch die virtuelle Entsendung ist
insbesondere für einen Wissenstrans-
fer geeignet. Der finanzielle Aufwand
ist gering, und für die Kandidaten sind
die Herausforderungen kleiner als bei
der Vielflieger-Entsendung. Auch hier
erscheint die Rekrutierung von Kandi-
daten den teilnehmenden Unternehmen
nicht problematisch. Von Vorteil für die
Kandidaten ist, dass sie im Heimatland
wohnen bleiben können.
Mehr Präsenz vor Ort: Kurzzeitent-
sandte und internationale Pendler
Kurzzeitentsendungen und internatio­
nales Pendeln können die Ziele der
klassischen Langzeitentsendung am
umfassendsten ersetzen: Sie werden
für geeignet gehalten, um Positionen zu
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...84
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