Personalmagazin 11/2016 - page 34

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personalmagazin 11/16
MANAGEMENT
_ARBEITSMOTIVE
K
aum ein Konzept hat in den
vergangenen Jahren die Per-
sonalszene mehr beschäftigt
als die Generation Y. Schnell
entstand der Eindruck, diese „verrück-
ten jungen Leute“ mit ihren Smartpho-
nes und sozialen Netzwerken würden
völlig anders ticken als der Rest der
Welt. Hierauf galt es, als Personaler und
Berater zu reagieren, im Recruiting, in
Personalauswahl, -führung und -ent-
wicklung. Die im Folgenden vorgestellte
Studie mit mehr als 2.300 Probanden
geht der Frage nach, ob all dies wirklich
sinnvoll ist.
Das Konzept der „Generation Y”
Die Beschäftigung mit Arbeitsmotiven
hat in den letzten Jahren an Bedeutung
gewonnen. Dies ist durchaus zu begrü-
ßen. Will man potenzielle Bewerber
für sich interessieren und Mitarbeiter
dauerhaft an das Unternehmen binden,
so ist es wichtig zu verstehen, welche
Ansprüche sie an ihren Arbeitgeber
stellen. In diesem Zusammenhang hat
insbesondere das Konzept der „Gene-
ration Y“ viel Aufmerksamkeit gefun-
den. Die Eingabe des Begriffs in eine
Suchmaschine fördert abenteuerliche
25 Millionen Einträge zutage. So ein-
gängig das Konzept heute auch ist, so
problematisch erscheint es bei näherer
Betrachtung.
Die Probleme beginnen bereits bei
der Definition: Die untere Grenze für
den Beginn der Generation variiert in
Internetpublikationen zwischen demGe-
Von
Uwe Peter Kanning
burtsjahr 1978 und 1984. Bei der Ober-
grenze reicht die Spanne von 1994 bis
2000. Hier tröstet es nur wenig, dass an-
dere Generationen, wie zum Beispiel die
Boomer oder die Generation X, dieselben
Probleme aufweisen. Viel unschärfer
kann eine Definition kaum sein.
Ein zweites Problem ist noch grund-
legender. Nehmen wir die durch-
schnittliche Bandbreite der zeitlichen
Definitionen, so liegt die Generation Y
in den Jahrgängen von 1981 bis 1997. In
absoluten Zahlen repräsentiert sie fast
15 Millionen Menschen. Ist es wirklich
sinnvoll anzunehmen, dass 15 Millionen
Menschen annähernd gleich sozialisiert
wurden und – mehr noch – dieselben
Ziele und Werte teilen? In einer solch
großen Gruppe gibt es immens viele
Einflussfaktoren, die dazu führen, dass
Menschen sich sehr unterschiedlich ent-
wickeln: der sozioökonomische Status
der Eltern, das eigene Bildungsniveau,
der Freundes- und Bekanntenkreis, das
Aufwachsen in einer Großstadt oder auf
dem Land und vieles mehr.
Inhaltlich wird oft der Eindruck ver-
mittelt, die Generation „why?“ würde
alle bestehenden Werte infrage stellen,
würde sich abwenden von klassischen
Karrierebiografien, Autoritäten be-
ständig hinterfragen und sich primär
der Freizeit zuwenden – Attribute, die
wahrscheinlich seit Jahrhunderten der
jeweils jüngeren Generation von Vertre-
tern älterer Generationen zugeschrieben
werden. Bei derart verallgemeinernden
Aussagen geht der Blick für die Größe
der Unterschiede zu anderen Generati-
onen leicht verloren.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, das
Konzept der Generation Y zu hinterfra-
gen und nach seinem Nutzen für die all-
tägliche Personalarbeit zu fragen.
Studiendesign und Ergebnisse
Im Rahmen einer Online-Studie mussten
die Teilnehmer einen Fragebogen zur
Erfassung von 16 Arbeitsmotiven aus-
füllen (siehe Tabelle rechts). Zusätzlich
wurden verschiedene Angaben zur Per-
son erfasst: Alter, Geschlecht, Bildung
und Führungsposition. An der Studie
beteiligten sich 2.365 Personen, die sich
wie folgt auf drei Generationen verteilen:
Boomer (Geburtsjahr 1949-1963) 418, Ge-
neration X (1964-1978) 853, Generation
Y (1981-1997) 1.094.
In einem ersten Schritt werden die
Mittelwerte der drei Generationen in
den 16 Arbeitsmotiven miteinander ver-
glichen (Multivariate Varianzanalyse,
Abbildung Seite 36). Die Effekte von
Geschlecht, Bildung und einer etwaigen
Führungsposition wurden dabei heraus-
gerechnet, um zu verhindern, dass zum
Beispiel die Ungleichverteilung des Bil-
dungsniveaus in den einzelnen Stichpro-
ben zu verzerrten Aussagen führt. Dies
ist wichtig, da bei allen drei Variablen
ein signifikanter Zusammenhang zur
Ausprägung der Arbeitsmotive zu beo-
bachten war.
Stellen wir uns zunächst die Frage, ob
signifikante Unterschiede zwischen den
Generationen zu beobachten sind. Die
Antwort ist sehr eindeutig: ja. Bei fast
allen Arbeitsmotiven gibt es signifikante
Unterschiede (siehe Abbildung Seite 36).
Bei genauerer Sichtung fällt jedoch zwei-
Gibt es die Generation Y?
FORSCHUNG.
Schon länger wird darüber diskutiert – eine Studie zeigt nun empirisch
auf, warum es problematisch ist, in der Personalarbeit in Generationen zu denken.
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