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          11/16  personalmagazin
        
        
          Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
        
        
        
          Sichergestellt wird die Transparenz
        
        
          auch durch durchgängig einsehbare In-
        
        
          formationswege. „Interne E-Mails gibt es
        
        
          nur zur Organisation von Geburtstags-
        
        
          geschenken“, erklärt Löw. Alle anderen
        
        
          Kommunikationsprozesse sind über ein
        
        
          Chatprogramm (Slack) und Google Docs
        
        
          organisiert. Hier gibt es auch eine Ge-
        
        
          haltsübersicht inklusive der Formelbe-
        
        
          rechnung. Auch die Vertragsunterlagen
        
        
          liegen auf einem entsprechenden Lauf-
        
        
          werk.
        
        
          Transparenz braucht Diskussion
        
        
          Doch fühlt sich tatsächlich jeder Mit-
        
        
          arbeiter mit dieser völligen Offenheit
        
        
          wohl? „Es gab bei der Einführung keine
        
        
          echten Probleme“, erklärt Firmengrün-
        
        
          der Thylmann, denn gegen das System
        
        
          als solches sei niemand gewesen. Wohl
        
        
          aber gab es kontroverse Diskussionen
        
        
          über die Ausgestaltung des Modells.
        
        
          „Deshalb war es wichtig, dass wir uns
        
        
          hier ausreichend Zeit genommen ha-
        
        
          ben, das System gemeinsam mit dem
        
        
          Team zu entwickeln.“ Nach einem ers-
        
        
          ten grundlegenden Workshop, in dem
        
        
          das Thema und seine Auswirkungen
        
        
          vorgestellt wurden, hatten die Mitar-
        
        
          beiter eine gewisse Bedenkzeit und
        
        
          Zeitfenster für Fragen und Diskussion.
        
        
          Erst dann wurde die Formel gemeinsam
        
        
          diskutiert und vereinbart. In einem
        
        
          zweiten Workshop wurden die Gehäl-
        
        
          ter, die als Einstellungsgehälter noch
        
        
          im nicht-transparenten Modus verein-
        
        
          bart worden waren, zeitgleich offenge-
        
        
          legt und auf die Formel angepasst. Viel
        
        
          Raum nahm auch, erinnert sich Thyl-
        
        
          mann, die Auseinandersetzung darüber
        
        
          ein, wie mit zu erwartenden Problemen
        
        
          umgegangen werden sollte. So sei bei-
        
        
          spielsweise allen schon damals klar
        
        
          gewesen, dass  unter Umständen auch
        
        
          eine Einstellung vorgenommen werden
        
        
          könnte, die den jetzigen Gehaltsrahmen
        
        
          sprengt, aber trotzdem vom Gesamt-
        
        
          team gewollt ist.
        
        
          Die vielen Diskussionen darüber sieht
        
        
          Thylmann positiv: „Zum einen arbeiten
        
        
          wir in einem Umfeld, in dem das alltäg-
        
        
          liche Arbeiten aus Ausprobieren und
        
        
          einem grundsätzlich iterativen Vorge-
        
        
          hen besteht. Von Anfang an war deshalb
        
        
          auch allen klar, dass unsere erste For-
        
        
          mel nicht der Weisheit letzter Schluss
        
        
          ist.“ Und zum anderen, ergänzt Perso-
        
        
          nalexpertin Löw, haben die Auseinan-
        
        
          dersetzungen über die Ausgestaltung
        
        
          der Formel auch dazu beigetragen, den
        
        
          Kollegen näher zu bringen, dass Gehalts-
        
        
          gestaltung nicht strenge Wissenschaft,
        
        
          sondern vielmehr ein auf Menschen und
        
        
          konkrete Verhältnisse bezogenes Abwä-
        
        
          gen sei.
        
        
          Für Start-ups wie für alle anderen
        
        
          Immer wieder hören die Verantwort-
        
        
          lichen von Giant Swarm im Austausch
        
        
          mit Kollegen anderer Firmen, das Argu-
        
        
          ment, dass „so etwas“ eben nur in Start-
        
        
          ups möglich sei. Dem tritt Thylmann
        
        
          entschieden entgegen: „Gehaltstranspa-
        
        
          renz ist ja nichts, was Start-ups erfun-
        
        
          den haben. Im öffentlichen Dienst, im
        
        
          Mindestlohnbereich und – dem anderen
        
        
          Extrem – der Vorstandsvergütung, gibt
        
        
          es das ja schon. Daher würden wir hier
        
        
          keine Einschränkung sehen.“
        
        
          Doch es gelte schon: Je kleiner, desto
        
        
          einfacher. Auch der zweite Schritt auf
        
        
          demWeg zumoffenen Unternehmen, den
        
        
          Giant Swarm gegangen ist, indemdas Ge-
        
        
          halt neuer Kollegen vom Team bestimmt
        
        
          wird,  eigne sich, räumt Löw ein, sicher
        
        
          tendenziell besser für Unternehmen, in
        
        
          denen eine hohe Wertschätzungsorien-
        
        
          tierung herrsche, wo das Gehalt nicht
        
        
          der ausschließliche Motivator ist und wo
        
        
          Anreize durch Beteiligung am Unterneh-
        
        
          menserfolg wie durch Mitarbeiterbeteili-
        
        
          gungsmodelle bestehen.
        
        
          Dennoch: Die Zuversicht, dass mehr
        
        
          Unternehmen ihrem Beispiel folgen
        
        
          könnten, ist ungebrochen. Thylmann:
        
        
          „Wir glauben, dass sich Gehaltstranspa-
        
        
          renz durchaus auch da umsetzen lässt,
        
        
          wo es schon mehr „historisch“ Gewach-
        
        
          senes gibt, sofern keine gravierenden
        
        
          Ungerechtigkeiten vorliegen. Denn  –
        
        
          was man nicht vergessen sollte – zu
        
        
          hundert Prozent uneinsichtig sind Ge-
        
        
          hälter nie - und die „Halbwahrheiten“,
        
        
          die daraus resultieren, können teilweise
        
        
          viel gefährlicher sein.“
        
        
          © GIANT SWARM
        
        
          Tabuthema Gehalt? Belegschaft und Führung von Giant Swarm sehen das ganz anders.