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10/16 personalmagazin
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Wo bitte geht‘s zur klaren
rechtlichen Einschätzung?
Beim Thema Ehrenamt ist
der Pfad dorthin von vielen
Irrwegen geprägt.
Die verworrene Lage bei der arbeitsrechtlichen Beurteilung des
Ehrenamtsbegriffs hat mit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes
(MiLoG) einen weiteren Unsicherheitsfaktor hinzubekommen.
Eine Formulierung in § 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz (MiLoG) hat einige
Irritationen ausgelöst. Darin wird ausgeführt, dass die Vergütung von
ehrenamtlich Tätigen nicht vom MiLoG geregelt wird. Mit anderen
Worten: An Ehrenamtliche ist kein Mindestlohn zu zahlen. Gesetzes
technisch ist dies eine völlig unnötige Formulierung, da das MiLoG
nur für Arbeitnehmer gilt. Für echte ehrenamtliche Mitarbeiter, die ja
gerade keine Arbeitnehmer sind, gilt das MiLoG damit von vornherein
nicht. Die unnötige Nennung des Ehrenamts trägt insoweit noch zur
Verwirrung in der Praxis bei, weil damit Zahlungen an Ehrenamtliche
als Arbeitslohn eingeordnet werden, diese aber unterhalb des Min
destlohns liegen können. Der richtigen Auslegung, nämlich, dass echte
ehrenamtliche Mitarbeiter gar keinen Arbeitslohn erhalten, sondern
Zuwendungen, die aus dem allgemeinen Auftragsrecht resultieren, wird
dadurch der Blick verstellt.
Die „Einmischung“ in den Ehrenamtsbegriff durch das Mindestlohnge
setz hat aber für die praktische Personalarbeit zu einem wesentlichen
weiteren Risikofaktor geführt. Die Frage, ob arbeitsrechtlich um den
Ehrenamtsbegriff gestritten wird, hängt nicht mehr allein davon ab, ob
es zu einem arbeitsgerichtlichen Feststellungsverfahren kommt. Viel
mehr kann im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Zollbehörden
die betriebliche Einschätzung, dass ein Ehrenamt vorliegt, abgelehnt
werden. Dies allerdings zunächst „nur“ mit der Folge, dass ein Bußgeld
verhängt werden kann. Möchte das Unternehmen hier richterlich klären
lassen, ob nicht doch seine Entscheidung richtig war, so wird es skurril,
um nicht zu sagen rechtsstaatlich bedenklich. Das Unternehmen könnte
einerseits gegen den Bußgeldbescheid der Zollbehörde Einspruch ein
legen und im Verfahren vor dem Amtsgericht vortragen, dass die Zollbe
hörden den Ehrenamtsbegriff nicht richtig beurteilt haben. Andererseits
sind die von den Amtsgerichten im Bußgeldverfahren getroffenen
Entscheidungen für die arbeitsgerichtliche Beurteilung nicht bindend.
Erst wenn ein Streit vor den Arbeitsgerichten (und hier gilt wieder der
Grundsatz: „Wo kein Kläger da kein Richter“) ausgetragen wird, könnte
das Unternehmen rechtssicher erfahren, ob seine Auslegungsmeinung
zum Ehrenamtsbegriff die richtige war.
Gekrönt wird dieses durch das Mindestlohngesetz ausgelöste Risiko da
durch, dass als Folge einer Betriebsprüfung des Zolls postwendend die
Sozialversicherungsprüfer auftauchen können. Diese können aufgrund
der Überprüfung anhand des eigenständigen sozialversicherungsrechtli
chen Beschäftigungsbegriffs eine eigene Beurteilung vornehmen.
Verwirrung durch Mindestlohn
LOHNUNTERGRENZE