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personalmagazin 10/16
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TITEL
_CROWDWORKING
D
ie weltweite Vernetzung bie-
tet Crowdwork ein breites
Anwendungsfeld. Wird die
Crowd unternehmens- oder
konzernweit organisiert, kann sie eine
Alternative zu festeren Matrixstruktu-
ren sein; dann tauchen arbeitsorgani-
satorische und arbeitsrechtliche Fragen
auf. Die Zusammenarbeit von Unterneh-
men – dem Crowdsourcer – mit (exter-
nen) Crowdworking-Plattformen, um die
es hier gehen soll, wirft dagegen weniger
arbeitsrechtliche Fragen als solche des
geistigen Eigentums, von Datenschutz
und –sicherheit sowie der Vertragsge-
staltung mit externen Dienstleistern auf.
Externe Crowdwork kann auf vielfäl-
tige Art ausgeführt werden: Von der rei-
nen Vermittlung der Crowdworker durch
die Plattform über die (rein) vertragliche
Zwischenschaltung der Plattform bis hin
zu eigenen Dienstleistungen der Platt-
form (zum Beispiel die Auswahl der
Crowdworker, das Aufteilen größerer
Aufgaben in kleinere in der Crowd zu
verteilende Aufträge oder umgekehrt
das Zusammentragen der Teilaufgaben
und so weiter). Die rechtlich optima-
le Form von Crowdwork wird es nicht
geben. Jede bietet ihre Vorteile. Dieser
Beitrag soll einen Überblick über die
wichtigsten Rechtsfragen geben.
Frage 1: Wann ist überhaupt
deutsches Recht anzuwenden?
Crowdwork findet regelmäßig weltweit
statt. Das deutsche Recht gilt im Grund-
satz allerdings nur für Deutschland,
Von
Dietmar Heise
und
Carsten Senze
andere Nationen haben naturgemäß ihr
eigenes Recht. Sobald Crowdwork die
Grenzen überschreitet, stellt sich zuerst
die Frage des anzuwendenden Rechts.
Diese Frage kann nicht generell be-
antwortet werden: Die Konkurrenz von
deutschem Recht mit anderen Rechts-
ordnungen ist auf sehr unterschied-
liche Weise geregelt: In der EU und in
dem EWR gelten einheitliche Regeln,
ansonsten können sowohl bilaterale
Abkommen als auch internationales
Recht eine Rolle spielen. Grundsätzlich
darf das anzuwendende Recht sogar
gewählt werden. Wer möglichst weitge-
hend deutsches Recht zur Anwendung
bringen will, der sollte also mit seinen
Vertragspartnern – Crowd-Plattformen
oder Crowdworker – die Anwendung
deutschen Rechts vertraglich vereinba-
ren. Ob das sinnvoll ist, hängt von der
Ausgestaltung der Crowdwork und den
betroffenen Rechtssystemen ab. Aller-
dings ist die Rechtswahl regelmäßig
nicht grenzenlos möglich. Zwingend
geltender nationaler Mindestschutz, der
nach nationalem Recht anzuwenden wä-
re, kann nach vielen Rechtsordnungen
nicht durch deren Abwahl ausgehebelt
werden. Im Folgenden sei das deutsche
Rechtsverständnis beschrieben.
Frage 2: Worauf ist bei der Einführung
von Crowdwork zu achten?
Eine Arbeit in die Crowd zu vergeben,
ist arbeitsrechtlich im Ansatz ähnlich
relevant wie die Vergabe einer Arbeit an
einen Handwerker oder Dienstleister:
Natürlich kann ein Unternehmen Aufga-
ben von Dritten erledigen lassen, ohne
dass sogleich das Arbeitsrecht eingreift.
Eine andere Bewertung kann sich erge-
ben, wenn das Unternehmen nachhalti-
ger mit Crowdwork arbeiten will.
Der nachhaltigere Einsatz von Crowd­
work kann zur Folge haben, dass Arbeit-
nehmern Aufgaben entzogen werden
und ihnen andere übertragen werden
müssen. Dann stellt sich die Frage, ob die
jeweiligen Arbeitsverträge dies gestat-
ten. Auch betriebliche Mitbestimmung
kann tangiert sein: Die Verlagerung von
Aufgaben in die Crowd kann als Um-
gestaltung von Arbeitsverfahren oder
-plätzen nach §§ 90 f. BetrVG mitbestim-
mungspflichtig sein, unter Umständen
stellt sich der Vorgang gegenüber ein-
zelnen Mitarbeitern auch als Versetzung
dar (§§ 95 Abs. 3, 99 BetrVG).
Umfassender umgesetzt kann der
Einsatz von Crowdwork zu Abbau eige-
ner Mitarbeiter führen. Es ist eine legi-
time unternehmerische Entscheidung,
Arbeiten künftig extern in der Crowd
Sieben Rechtsfragen zur Crowd
ÜBERBLICK.
Crowdwork kann auf unterschiedliche Weise gestaltet werden. In jedem
Fall müssen Unternehmen vorab jedoch folgende wichtige rechtliche Fragen klären.
Beim direkten Vertrag
zwischen Unternehmen
und Crowdworker dürfte
ein Arbeitsverhältnis,
nach dessen üblicher
Definition, regelmäßig
zu vermeiden sein.
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