personalmagazin 10/2016 - page 16

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TITEL
_CROWDWORKING
personalmagazin 10/16
stellen mit 38 Prozent Selbstständige,
wobei diese besonders oft Solo-Selbst-
ständige sind. Aber auch Angestellte kli-
cken im Nebenjob mit – immerhin sind
dies 28 Prozent. Der Nebenverdienst
liegt bei knapp über 300 Euro pro Mo-
nat. 20 Prozent der Befragten geben an,
imHauptberuf Crowdworker zu sein und
kommen auf einen Verdienst von rund
1.500 Euro im Monat. Wobei der Durch-
schnittwert noch ungenau ist, da es auch
Einkommen um 10.000 Euro gibt (siehe
Grafik zum Einkommen von Crowdwor-
kern).
Mehr als die Hälfte von ihnen sorgt
nicht fürs Alter vor. Krankenversichert
sind die meisten, die als Freelancer für
Plattformen arbeiten, über ihren Job, das
Studium oder als Schüler über die El-
tern. Die Böckler-Stiftung als Auftragge-
ber der Studie spricht angesichts dieser
Ergebnisse von „digitalen Tagelöhnern“
und fordert daher die Abschaffung pre-
kärer Arbeits- und Auftragsverhältnisse
für all jene, die nicht nur als Freizeit-
oder Gelegenheitsjobber Crowdworking
betreiben. Hierbei handelt es sich aller-
dings nur um eine kleine Minderheit der
Crowdworker.
Das zeigen beispielsweise die Befra-
gungen des Zentrums für Europäische
Wirtschaftsforschung (ZEW), welches
diese im Auftrag des Bundesarbeitsmi-
nisteriums durchgeführt hat. Professo-
rin Irene Bertschek, ZEW-Leiterin der
Forschungsgruppe Informations- und
Kommunikationstechnologien, hat dazu
400 Crowdworker zweier externer Platt-
formen befragt. Fazit: Nur eine Minder-
heit versucht über Crowdworking eine
Existenz aufzubauen. Für 38,8 Prozent
ist Crowdworking ein Zusatzjob neben
der Festanstellung, für 39,6 Prozent ein
Zusatzeinkommen neben Schule, Aus-
bildung und Studium (siehe Grafik zum
Erwerbsstatus von Crowdworkern).
Ergebnisse der ZEW-Studie
Die Crowdworker arbeiten überwiegend
für eine Plattform und bleiben dieser
für eine zeitlang treu. Über 50 Prozent
arbeiteten bereits länger als sieben Mo-
nate, elf Prozent schon über zwei Jahre.
Es dominieren Kleinaufträge: 24 Pro-
zent wickelten in den vergangenen sechs
Monaten 20 bis 49 Aufträge, 23 Prozent
mehr als 100 ab. Der Zeitaufwand pro
Auftrag betrug bei 19 Prozent unter fünf
Minuten und bei fast der Hälfte zwischen
fünf und 15 Minuten.
Die Einschätzung der Arbeitsbedin-
gungen entspricht nicht dem, was von
den Kritikern in der Öffentlichkeit vor-
getragen wird: Die Crowdworker fühlen
sich demnach zwar für ihre Arbeit über-
qualifiziert, die große Mehrheit empfin-
det sich aber fair behandelt.
Anreize für Crowdworking
Der große Reiz, für eine Plattform zu
arbeiten, liegt offensichtlich darin ent-
scheiden zu können, wann und wo man
arbeiten will. Auch, dass sich Crowdwor-
ker ihre Arbeitsinhalte selbst aussuchen
können und dass diese interessant sind,
wird positiv hervorgehoben. 56 Prozent
der Befragten nennen ihre Klickjobs
eine gute Freizeitbeschäftigung.
Das Forschungsthema steckt trotz
dieser beiden praxisnahen Studien von
Leimeister und Bertschek noch in den
Kinderschuhen. Auch, weil das Crowd-
sourcing – die Mischung aus der Arbeit
in der Plattform, Worker-Masse und
dem Auslagern von Aufgaben durch
klassische Unternehmen – erst seit
rund zehn Jahren an Fahrt aufnimmt.
„Crowdworking“, sagt Ines Zimzinski,
Feel-Good-Managerin und Vorständin
des Deutschen Crowdsourcing-Verbands
(DCV) in Berlin, „das ist das Arbeiten in
einem virtuellen Großraumbüro.“
In den Kinderschuhen
Der DCV wurde 2011 gegründet und
vertritt inzwischen rund 850 Mitglieder,
die in crowd-basierten Geschäftsmodel-
len unterwegs sind – Plattformbetreiber
wie Anbieter ihrer Arbeitskraft und ih-
res Know-hows. Zimzinski: „Die Arbeit
ist altersunabhängig und barrierefrei
– und gut für die Vita.“ Aber auch sie
räumt ein, dass der Sektor noch sehr
unsortiert ist. „Hier in Berlin sprießen
Plattformen wie Pilze aus dem Boden
und wir sind gespannt, wo die Reise –
digital oder analog – hingeht.“
Faire Arbeit in der Crowd
Deshalb hat der Verband mit Gewerk-
schaften, Wissenschaftlern und Unter-
nehmern im Auftrag der Senatorin für
Arbeit, Integration und Frauen, Dilek
Kolat, die Crowd-Welt der Gründer-
hauptstadt beleuchtet: „Faire Arbeit in
der Crowd“ wurde jüngst vorgestellt.
Faire Entlohnung wird dort gefordert
und die Anlehnung an ein Gesetz aus
dem Jahr 1951 vorgeschlagen: ans Heim-
arbeitergesetz. Schrauben Heimarbeiter
in der realen Welt Scheren zusammen
oder montieren Griffe, werden in der
virtuellen Welt Webseiten auf Recht-
schreibung kontrolliert oder knappe
Bildzeilen formuliert, Daten gesammelt
oder Klicks generiert. Heimarbeiter ha-
ben nach dem Gesetz Ansprüche an ihre
Arbeitgeber, was zum Beispiel Entgelt-
schutz, Urlaub oder Mutterschutz be-
trifft. Da auf den Plattformen nicht die
formale Qualifikation, sondern Lösun-
Cluster
Nebenberuf
Mittelwert
Hauptberuf
Mittelwert
Gesamt
326 Euro
1.504 Euro
Microtask
153 Euro
250 Euro
Marktplatz 353 Euro
1.561 Euro
Design
675 Euro
856 Euro
Testing
171 Euro
2.265 Euro
EINKOMMEN CROWDWORKER
QUELLE: JAN MARCO LEIMEISTER, SHKODRAN ZOGAJ, DAVID DURWARD,
IVO BLOHM: SYSTEMATISIERUNG VON CROWDWORKING-PROJEKTEN UND
CROWDSOURCING-ANBIETERN, 2016
Für die meisten sind Einkünfte aus Crowd-
working ein Nebenverdienst. Für Hauptbe-
rufler lohnt sich das Software-Testing.
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