personalmagazin 04/2016 - page 23

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04/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Programme sind nicht immer alle ent-
scheidungsrelevanten Informationen zu
den einzelnen Inkubatoren und Accele-
ratoren vorhanden. Ein Vergleich fällt so-
mit häufig schwer. Aufgrund der engen
Zusammenarbeit im Inkubator/Accele-
rator und auch der potenziellen finan-
ziellen Beteiligung des Corporates am
Start-up, können die eigenen Interessen
der Corporates und die der Start-ups von-
einander abweichen. Ein Vorstands- oder
Geschäftsführerwechsel beim Corporate
kann zum Beispiel dazu führen, dass be-
stimmte Start-ups im Programmportfolio
keine Priorität oder (im schlimmsten
Fall) keine Bedeutung mehr haben und
infolgedessen nicht mehr die nötige Un-
terstützung erhalten. Ebenfalls kann es
passieren, dass das Corporate starken
Einfluss auf die Produkt- und Geschäfts-
modellentwicklung des Start-ups nimmt.
Im Extremfall kann das Start-up seine
Innovation nicht für weitere Kunden zu-
gänglich machen, wenn zum Beispiel das
Corporate Exklusivität bei bestimmten
Vertriebskanälen fordert.
Empfehlungen für Corporates
Auf Basis der aufgezeigten Chancen und
Herausforderungen für beide Seiten sol-
len im Folgenden konkrete Empfehlun-
gen für Corporates und Start-ups in Be-
zug auf entsprechende Partnerschaften
aufgezeigt werden.
Corporates sollten sich auf ein klares
Ziel fokussieren und ihr Angebot ent-
sprechend so ausgestalten, dass die
passenden Start-ups gefunden werden.
Damit dies gelingt, sollten die Corpo-
rates mehr Informationen zu ihrem
Programm, zum genauen Angebot sowie
zur Gegenleistung zur Verfügung stel-
len – beispielsweise auf die Möglichkeit
des Zugangs zu Corporate-Kunden ver-
weisen und dies auch mit glaubhaften
Beispielen belegen.
Die Analyse der jeweiligen Websei-
ten im Rahmen unserer Studie hat auf-
gezeigt, dass hier durchaus noch „Luft
nach oben“ vorhanden ist. Im Vergleich
zu den HR- und Recruitingseiten der Un-
ternehmen sind die Darstellungen und
Beschreibungen der Inkubatoren- und
Accelerator-Programme sowohl in Bezug
auf inhaltliche Schärfe, als auch im Hin-
blick auf die Darstellung der USPs bzw.
des Nutzenangebots noch stark ausbau-
fähig. Eine Verbesserung in diesem Be-
reich ist aus finanzieller Sicht für beide
Seiten gut. So können Mitarbeiterressour-
cen im Bewerbungsprozess beim Corpo-
rate eingespart werden, da sich weniger
nichtpassende Start-ups bewerben. Auf
Start-up-Seite lassen sich ebenfalls (Mit-
arbeiter-)Ressourcen reduzieren, da das
Start-up im Vorfeld feststellen kann, ob
das Angebot adäquat ist, und gegebe-
nenfalls von einer Bewerbung absehen
kann. Corporates sollten darauf achten,
dass der Internetauftritt ihres Inkuba-
tors oder Accelerators auf Deutsch und
auf Englisch zur Verfügung steht, um die
Programme einem breiten Publikum zu-
gänglich zu machen. Im Ausland gibt es
ebenfalls viele innovative Start-ups, für
die Deutschland ein attraktiver Standort
in Europa ist.
Aktuell sind die meisten Inkuba-
toren beziehungsweise Acceleratoren in
Berlin zu finden. 13 der identifizierten
Programme sind in der Hauptstadt behei-
matet, gefolgt von München, wo sich fünf
Programme angesiedelt haben. Berlin
ist auf dem Weg, die führende Start-up-
Metropole Europas zu werden, wie eine
Studie von McKinsey zeigt. Aufgrund der
Masse (und damit des Wettbewerbs) an
Start-up-Programmen in Berlin kann es
jedoch für das Corporate eventuell von
Vorteil sein, den eigenen Inkubator/
Accelerator gerade nicht in Berlin zu
eröffnen. Sollte die Anzahl der Start-up-
Programme in Berlin weiterhin steigen,
besteht die Gefahr, dass das Programm
des einzelnen Corporates untergeht und
nicht den gewünschten Erfolg bringt.
Empfehlungen für Start-ups
Bevor sich das Start-up für die Teilnah-
me an einem Inkubator- oder Accelera-
tor-Programm entschließt, sollte es sich
umfassend über alle Details informieren
und analysieren, ob solch ein Format
zur momentanen Situation des Start-
ups überhaupt passt. Zu diesen Details
gehören das ausführliche Wissen über
die Schwerpunktsetzung, das Angebot,
die Gegenleistung und das Ziel des In-
kubators/Accelerators.
Wesentliches
Augenmerk sollte das Start-up hierbei
insbesondere auf die Qualität der vor-
handenen Mentoren legen, die dem
Start-up während des Programms zur
Seite stehen. Diese sollten bereits fun-
dierte Erfahrung in der Gründung und
Führung von Start-ups vorweisen kön-
nen und bestenfalls aus derselben Bran-
che kommen. Nicht nur das Angebot des
Corporates sollte überzeugen, sondern
auch das Corporate an und für sich. Das
Start-up sollte sich mit der Strategie, der
Struktur und dem Image des Corporates
identifizieren, um vorzeitig mögliche
Differenzen zu vermeiden.
PROF. DR. JULIAN KAWOHL
lehrt Strate-
gisches Management an der Hochschule für
Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin.
OLESJA RACK
anaylsierte im Rahmen ihrer
Bachelorarbeit an der HTW Berlin Corporate-
Start-up Partnerships in Deutschland.
LUKAS STRNISTE
ist Mitinitiator des
Corporate Start-up Summits und Gründer
von Start-up-Zoom, einem Dienstleister, der
Start-up-Analysen für Corporates durchführt.
Eine Corporate-Start-up
Partnership verknüpft
die unternehmerische
Dynamik von Start-ups
mit den Ressourcen
von etablierten Unter-
nehmen.
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