personalmagazin 04/2016 - page 30

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MANAGEMENT
_AGILITÄT
personalmagazin 04/16
A
gilität ist aktuell in aller Mun-
de. Auf einmal wird alles agil
oder vielmehr alle wollen ir-
gendwie agil werden. Aber was
genau bedeutet Agilität von Organisatio-
nen eigentlich? Ist Agilität ein neues Kon-
zept? Was sagt die Wissenschaft dazu?
Und kann man deren Erkenntnisse auf
die Praxis übertragen?
Das Thema ist nicht neu. Insgesamt las-
sen sich mindestens drei Wellen identi-
fizieren, in denen Agilität in den Fokus
der Betrachtung rückt:
Das Thema gibt es seit den 1950er-
Jahren in der Systemtheorie von Orga-
nisationen. Dabei kann stellvertretend
auf den amerikanischen Soziologen
Talcott Parsons verwiesen werden, der
vier Funktionen identifiziert hat, die
jedes System erfüllen muss, um seine
Existenz zu erhalten. Er beschreibt dabei
die Fähigkeit eines Systems, auf die sich
verändernden äußeren Bedingungen zu
reagieren (Adaptation), Ziele zu definie-
ren und zu verfolgen (Goal Attainment),
Kohäsion (Zusammenhalt) und Inklusi-
on (Einschluss) herzustellen und abzu-
sichern (Integration) und grundlegende
Strukturen und Wertmuster aufrecht-
zuerhalten (Latency). Aus den Anfangs-
Von
André Häusling
und
Stephan Fischer
buchstaben dieser vier Funktionen
ergibt sich das bekannte AGIL-Schema.
Seit den 90er-Jahren des letzten Jahr-
hunderts taucht das Konzept in verän-
derter Form unter „agile Manufacturing“
wieder auf. Im Fokus stehen die schnel-
le Produktentwicklung (Simultaneous
Engineering), multi-funktionale Teams
und die ständige Optimierung der Pro-
duktionsabläufe während des Prozesses.
Durch die aktuellen Diskussionen um
Industrie 4.0 erfährt die agile Produkti-
on eine weitere und tiefergehende Befas-
sung mit dem Thema.
Schließlich findet sich Agilität seit
Beginn des 21. Jahrhunderts unter der
Überschrift der agilen Softwareentwick-
lung und verstärkt durch Methoden wie
„Scrum“ wieder. Dabei gibt es mit der
Formulierung des sogenannten „agilen
Manifests in der Softwareentwicklung“
eine Art Handlungsorientierung, nach
welchen Prinzipien die Entwicklung von
Software gestaltet sein sollte, damit sie
als agil zu bezeichnen ist und die damit
postulierten Vorteile tatsächlich zum
Tragen kommen.
Da aktuell viele Unternehmen das The-
ma der Agilität nicht auf einen Teil ihrer
Organisation, sei es die Produktion oder
die (Software-)Entwicklung beschrän-
ken, sondern eher Fragen wie die Trans-
formation von Unternehmensbereichen
oder sogar ganzen Unternehmen in Rich-
tung Agilität im Fokus stehen, lohnt sich
ein Blick in die Literatur zur Organisati-
onstheorie, um mögliche Antworten und
Handlungsmaximen zu erhalten.
Die Basis: Agilität als höchste Form
der Anpassungsfähigkeit
In der Literatur wird unter Agilität die
Fähigkeit eines Unternehmens verstan-
den, sich kontinuierlich an seine kom-
plexe, turbulente und unsichere Umwelt
anzupassen. Zudem muss es sich schnell
an interne und externe Veränderungen
anpassen, indem es die Fähigkeit ent-
wickelt, diese Veränderungen möglichst
rechtzeitig zu antizipieren, selbst inno-
vativ und veränderungsbereit zu sein,
ständig als Organisation zu lernen und
dieses Wissen allen relevanten Personen
zur Verfügung zu stellen. So wird Agilität
zu einem essenziellen Faktor für den Er-
halt der Wettbewerbsfähigkeit und damit
für das Überleben eines Unternehmens.
Betrachtet man eine Vielzahl un-
terschiedlicher Beiträge zum Thema
Agilität, so kann man bestimmte Eigen-
schaften und Besonderheiten derjenigen
Organisationen identifizieren, die immer
Mythos Agilität – oder Realität?
GRUNDLAGEN.
Der Agilitätsbedarf einer Organisation ist vom Marktumfeld und der
internen Struktur abhängig. Es gibt ein Zuwenig, aber auch ein Zuviel.
Ab der kommenden Ausgabe des
Personalmagazins stellt HR Pioneers in
einer Serie Tools für das agile Manage-
ment vor.
SERIE
Das Grundprinzip ist: Schnelles und richtiges
Anpassen fördert die Wettbewerbsfähigkeit!
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