personalmagazin_2015_09 - page 75

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09/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
ein Bild vom Unternehmen, notwendige
Präventionsmaßnahmen können ausge-
arbeitet werden.
personalmagazin:
Rechnet sich denn der
Aufwand für das Unternehmen?
Centner:
Die Einführung des BEM im Un-
ternehmen war natürlich mit administra-
tivem Aufwand verbunden und hat Geld
gekostet. Dieser Prozess ist jedoch gut
durchführbar, wenn das Konstrukt für
eine Umsetzung ausgearbeitet ist. Da wir
die Möglichkeit hatten, die Finanzierung
des BEM an eine stufenweise Wiederein-
gliederung nach § 74 SGB V zu koppeln,
hat die Krankenkasse die Kosten in der
Startphase des BEM, solange die Wieder-
eingliederung andauert, übernommen.
Aber auch darüber hinaus rechnet sich
diese Maßnahme für uns. Der Zugang zu
qualifizierten Mitarbeitern ist im Hand-
werk, selbst in einem Ballungsgebiet wie
München, nicht selbstverständlich. Wirt-
schaftlich denkenden Unternehmern ist
sicherlich bewusst, wie kostenintensiv
ein Mitarbeiterwechsel ist, zudem bleibt
die Unsicherheit ob der neue Mitarbeiter
ins Team passt. Ein Mitarbeiterwechsel
ist ein teurer Prozess mit versteckten Ko-
sten, der oftmals unterschätzt wird. Wir
haben gemerkt, dass durch das Betrieb-
liche Wiedereingliederungsmanagement
erfahrene Mitarbeiter im Unternehmen
gehalten werden, das Wissen weitergege-
ben und die Qualitätsstandards erhalten
bleiben. Und unser Mitarbeiter konnte
gerüstet mit Elan wieder ins Arbeitsleben
zurückkehren.
„Wir können offen sprechen“
INTERVIEW.
Nunn Aufzüge will über Wiedereingliederung das Erfahrungswissen der
Mitarbeiter im Betrieb halten. Wir haben mit der Leiterin des Projekts gesprochen.
personalmagazin:
Welche Erfahrungen ha-
ben sie mit BEM in der Praxis gemacht?
Katrin Centner:
Einer unserer Mitarbeiter
ist seit mehreren Monaten arbeitsunfä-
hig. Aufgrund seiner Erfahrung und sei-
nes Wissens fehlt er stark in der Abtei-
lung. Seine Rückkehr unterstützen wir
derzeit über das Betriebliche Eingliede-
rungsmanagement. Beim Erstgespräch,
bei dem der Mitarbeiter sein Interesse
am BEM signalisierte, waren der Ge-
schäftsführer und Vertreter der Perso-
nalabteilung dabei. Inzwischen hat ein
BEM-Team, bestehend aus der BEM-Lei-
terin, Betriebsarzt, Abteilungsleiter und
dem Arbeitnehmer, unter Berücksichti-
gung eines ärztlichen Eingliederungs-
plans die gemeinsamen Erwartungen
und Ziele abgestimmt. Wir befinden uns
bereits im dritten Monat der Maßnahme
und alle Beteiligten sind äußerst zufrie-
den. Der Arbeitnehmer prüft seine Be-
lastbarkeit und der Arbeitgeber kann
den Arbeitnehmer an seinen bisherigen
Arbeitsplatz heranführen und wieder
von seinen Fertigkeiten und Qualitäten
schöpfen. Ein positiver Verlauf wird
aufgrund regelmäßiger Gespräche stark
unterstützt.
personalmagazin:
Wie sind die Reaktionen?
Centner:
Der Arbeitnehmer selbst war
angenehm überrascht, dass die Firma
diese Maßnahme anbietet. Er empfand
es als sozial engagiertes Entgegenkom-
men. Die Maßnahme erfreut sich auch
bei den anderen Mitarbeitern hoher An-
erkennung. Wir merken, dass sie mehr
Vertrauen entwickeln und offener über
eine Arbeitsunfähigkeit sprechen.
personalmagazin:
Welchen Vorteil sehen Sie
für das Unternehmen?
Centner:
Ein ganz klarer Vorteil ist, dass
das wertvolle Wissen der älteren Genera-
tion möglichst lange in unserem Unter-
nehmen verbleibt. Eine möglichst lange
Erhaltung eines Arbeitsplatzes spart der
Firma Geld, schafft bei den Mitarbeitern
Vertrauen und motiviert sie. Das Un-
ternehmen entwickelt sich sozial stark
weiter und übernimmt Verantwortung.
Probleme werden aufgerollt und gelöst.
Der Gesetzgeber überlässt den Beteilig-
ten eine flexible Gestaltung des BEM,
dies ist von großem Vorteil. Der Rahmen
kann an die Bedürfnisse der Unterneh-
men angepasst werden. Das BEM-Team
gewinnt durch die geführten Prozesse
Das Interview führte
Katharina Schmitt.
KATRIN CENTNER
ist Leiterin Finanzen und
Personal bei Nunn Aufzüge GmbH & Co KG
in Hohenbrunn bei München.
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