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Das Interview führte
Daniela Furkel.
personalmagazin:
Was haben Sie noch
herausgefunden?
Brickwedde:
Eine weitere Erkenntnis ist:
Die Unternehmen müssen Wege finden,
den Bewerbern zuzuhören, was sie wich-
tig finden und was sie vermissen. Wenn
sie die Bewerberzufriedenheit abfragen,
fragen die Unternehmen höchstens dieje-
nigen Bewerber, die sie eingestellt haben.
Von denen können sie aber nicht so viel
lernen wie von denen, die den Prozess ab-
gebrochen haben. Deshalb fragen wir bei
den Candidate Experience Awards Bewer-
ber auf verschiedenen Stufen. So können
wir herausfinden, bis wann der Prozess
gut läuft und wo es Probleme gibt.
personalmagazin:
Worauf legen die Bewer-
ber besonderen Wert?
Brickwedde:
In England sind das neben
den Inhalten der Stellenanzeigen die Ge-
haltsbandbreite sowie die Beschreibung,
wie ein idealer Kandidat für das Unter-
nehmen aussieht – beides Angaben, die
hierzulande in Stellenanzeigen gar nicht
vorkommen. Auf den Karriereseiten ist
für die Bewerber das Wichtigste, dass
dort die Werte des Unternehmens erläu-
tert werden. Denn sie wollen wissen, ob
sie zum Unternehmen passen. Auch Ser-
viceinformationen sind ihnen wichtig so-
wie Aussagen von Mitarbeitern. Während
der Jobsuche stellen die Karriereseiten
das allerwichtigste Element für Bewer-
ber dar. Mit weitem Abstand folgen Job-
Agents – also Benachrichtigungen durch
das Unternehmen, wenn eine passende
Stelle frei wird. Eine weitere Erfahrung
aus den USA und UK ist: Diejenigen, die
schlechte Erfahrungen im Bewerbungs-
prozess machen, erzählen das weiter.
Sie bewerben sich nicht erneut und sie
kaufen die Produkte nicht mehr. Da kann
man sich leicht ausrechnen, was eine
schlechte Bewerbererfahrung kostet.
personalmagazin:
Geht es um die positive
Bewerbererfahrung, wird oft dazu geraten,
auf die bei Bewerbern unbeliebten Online-
Bewerbungsformulare zu verzichten. Ist
das auch einer Ihrer Erkenntnisse?
Brickwedde:
Wenn das Online-Formular
tatsächlich noch recht kompliziert aus-
zufüllen ist, sollten sich die Personaler
die Abbruchraten von der IT mitteilen
lassen. Aber die meisten Firmen haben
heute ihre Formulare auf die wichtigsten
Infos beschränkt, damit das Ausfüllen
nur noch fünf Minuten dauert. Hier kön-
nen Unternehmen gut Erwartungsma-
nagement betreiben. Wenn sie explizit
auf der Karriereseite mitteilen, dass das
Ausfüllen nur fünf Minuten dauert, wird
die Hemmschwelle für Bewerber kleiner.
Sie können eine Parsing-Software ein-
führen oder eine One-Click-Bewerbung
anbieten. Damit zeigen sie dem Bewer-
ber, dass sie seine Zeit wertschätzen.
VIDEO
„Die Zukunft ist schon da, sie ist nur noch
nicht gleichmäßig verteilt“, sagt Gerry
Crispin, Principal von Careerxroads und
Mitglied von Talentboard. Der Mitbegrün-
der der Candidate Experience Awards
erläutert, wo es Verbesserungspotenzial
bei der Candidate Experience gibt.
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