personalmagazin 06/2015 - page 72

72
RECHT
_VIDEOAUFNAHMEN
personalmagazin 06/15
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen.
Über die Zulässigkeit der Veröffentli-
chung solcher Aufnahmen hat das BAG
ebenfalls am 19. Februar 2015 (Az. 8
AZR 1011/13) entschieden. In dem kon-
kreten Fall war ein Mitarbeiter in zwei
kurzen Sequenzen eines Werbefilms sei-
nes ehemaligen Arbeitgebers zu sehen.
Er hatte in die Videoaufnahmen und de-
ren Veröffentlichung eingewilligt. Nach
seinem Ausscheiden aus dem Unter-
nehmen machte er jedoch geltend, eine
wirksame Einwilligung läge nicht vor,
vorsorglich widerrief der Arbeitnehmer
eine etwaige Einwilligung und forderte
die Unterlassung der Veröffentlichung
sowie ein Schmerzensgeld.
BAG nimmt Vorgaben des
Kunsturhebergesetzes unter die Lupe
Das BAG bestätigte die Entscheidung der
Vorinstanzen und wies die Klage ab. Es
entschied, dass eine wirksame Einwilli-
gung vorlag. Denn nach § 22 Kunsturhe-
bergesetz (KUG) dürfen Bildnisse in der
Regel nur mit Einwilligung der Abgebil-
deten veröffentlicht werden. Dies gilt
auch für Filmaufnahmen von Mitarbei-
tern, wenn diese darin erkennbar sind.
Eine wirksame Einwilligung setzt insbe-
sondere voraus, dass der Arbeitnehmer
Zweck, Art und Umfang der geplanten
Veröffentlichung der Videoaufnahmen
kennt und die Einwilligung freiwillig
erteilt. Die Vermutungsregelung des
§ 22 Abs. 1 Satz 2 KUG, wonach eine
Einwilligung im Zweifel als erteilt gilt,
wenn für die Veröffentlichung eine Ent-
lohnung gezahlt wird, kommt dabei im
Hinblick auf normale Arbeitsverhältnis-
se regelmäßig nicht zum Tragen. Denn
der gewöhnliche Arbeitslohn stellt keine
unmittelbare Gegenleistung für solche
Veröffentlichungen dar.
Zwar sieht § 22 KUG keine besondere
Form vor, sodass danach die Einwilli-
gung ausdrücklich oder auch stillschwei-
gend erteilt werden könnte. Allerdings
ergibt sich nach der Entscheidung des
BAG aus dem Recht des Arbeitnehmers
auf informationelle Selbstbestimmung
das Erfordernis einer schriftlichen Ein-
willigung. Unabhängig davon empfiehlt
es sich schon aus Dokumentations- und
Beweiszwecken immer, die Einwilligung
schriftlich einzuholen.
Schriftliche Einwilligung: Vorbehalt,
Widerruf oder Erlöschen
Nach der zutreffenden Auffassung der
Richter erlischt das Einverständnis eines
Arbeitnehmers damit, dass der Arbeitge-
ber Bilder oder Videos von dem Mitar-
beiter auf seiner Webseite veröffentlicht,
jedenfalls dann nicht automatisch mit
der Beendigung des Arbeitsverhältnis-
ses, wenn der Film oder das Foto keinen
individuellen Bezug auf die Person des
Mitarbeiters hat. Dies war vorliegend der
Fall, da in dem Film lediglich die Arbeits-
abläufe und der Betrieb des Arbeitgebers
dargestellt wurden. Aus Arbeitgeber-
sicht empfiehlt es sich daher, darauf zu
achten, dass einzelne Mitarbeiter nicht
– auch nicht unabsichtlich – in Firmen-
videos besonders herausgestellt werden,
sondern das Video nur der Darstellung
des Unternehmens dient. So können Aus-
einandersetzungen über das Erlöschen
der Einwilligung bei Ausscheiden des
Arbeitnehmers aus dem Unternehmen
Folgende Kernaussagen lassen sich der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur
heimlichen Videoüberwachung (Az. 8 AZR 1007/13) entnehmen:
Für eine heimliche Videoüberwachung durch den Arbeitgeber müsse ein konkreter
Verdacht einer Straftat vorliegen.
Anderenfalls handele der Arbeitgeber rechtswidrig und der Arbeitnehmer habe An-
spruch auf Schmerzensgeld.
Der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung komme ein hoher Beweiswert zu.
Diesen Beweiswert könne der Arbeitgeber nur durch entgegenstehende Tatsachen,
aber nicht durch bloße Vermutungen erschüttern.
Hohe Hürde für heimliche Überwachung
BAG-URTEIL
Folgende Kernaussagen lassen sich der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu
Filmen für die Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit (Az. 8 AZR 1011/13) entnehmen:
Bildnisse von Arbeitnehmern dürfen nur mit ihrer Einwilligung veröffentlicht werden.
Aus dem Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung ergebe
sich, dass die Einwilligung schriftlich erfolgen muss.
Eine ohne Einschränkung erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers zur Veröffentlichung
von Bildnissen erlösche nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.
Eine solche Einwilligung könne zwar widerrufen werden; allerdings sei dafür ein
„plausibler Grund“ erforderlich.
Werbefilm: Schriftlich einwilligen
BAG-URTEIL
1...,62,63,64,65,66,67,68,69,70,71 73,74,75,76,77,78,79,80,81,82,...84
Powered by FlippingBook