personalmagazin 06/2015 - page 78

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PERSÖNLICH
_ORGANISATION
personalmagazin 06/15
E
ine Vielzahl von Heraus-
forderungen kennzeichnet
die Personalarbeit. Neben
Verwaltungsaufgaben sind
anspruchsvolle Fachthemen zu bearbei-
ten. Mitarbeiter, Bewerber und externe
Dienstleister müssen betreut, Verhand-
lungen mit den Sozialpartnern müssen
geführt werden. Gleichzeitig sind die
Unternehmensziele umzusetzen. Und
schließlich sind gesetzliche Änderungen
und Verordnungen zu beachten.
Die negativen Auswirkungen eines
so komplexen und heterogenen Aufga-
benportfolios sind in der Praxis zu beo-
bachten: Ständig neue und dringend zu
lösende Probleme rauben einen Großteil
der produktiven Arbeitszeit, statt kon-
zentrierter Arbeit ist oft operative Hektik
angesagt und immer häufiger muss Ar-
beit mit nach Hause genommen werden.
Auswirkungen ständiger Erreichbarkeit
Diese Ausdehnung der Arbeitszeit in die
Freizeit hinein wird zunehmend zum
Problem. Außerdem führt die permanen-
te Erreichbarkeit am Arbeitsplatz dazu,
dass konzentriertes Arbeiten aufgrund
ständiger Unterbrechungen nicht mög-
lich ist. Gerade die Personalabteilung in
ihrer Schnittstellen- und Servicefunktion
ist davon oft betroffen. Dazu zwei inter-
essante Fakten:
• Durch ständige Unterbrechungen sinkt
die Leistungsfähigkeit. Schon 2008 ha-
ben Wissenschaftler am King‘s College
mit über 1.000 Probanden bewiesen,
dass Versuchspersonen, die bei der Lö-
Von
Kathrin Saheb
sung einer Aufgabe ständig unterbro-
chen werden, schlechtere Ergebnisse
liefern als eine Kontrollgruppe, die zwar
Marihuana konsumiert hatte, dafür aber
nicht gestört wurde.
• Aus der Glücksforschung ist bekannt,
wie wichtig der sogenannte Flow für die
Zufriedenheit ist. Im Flow konzentrie-
ren wir uns vollkommen auf eine Aufga-
be und vergessen Zeit und Raum. Stän-
dige Unterbrechungen verhindern aber
eine vollständige Konzentration auf eine
Aufgabe und die Chance, in den Flow-
Zustand zu gelangen.
Die Organisation verbessern
Wie können Personalmanager dieses
Problem angehen? In den bisherigen Lö-
sungsansätzen wird entweder die Ver-
fügbarkeit der Kommunikationsmedien
reduziert oder es wird zu einem bewuss-
teren Umgang mit Stressfaktoren aufge-
rufen. Doch durch die zeitweise Unter-
brechung des E-Mail-Verkehrs wird die
Arbeitslast nicht geringer. Auch der
Nutzen von Entspannungstechniken
bleibt begrenzt, wenn zu viele Aufgaben
gleichzeitig aufschlagen.
Eine nachhaltige Lösung setzt die Ana-
lyse der eigentlichen Ursachen für Über-
lastung und Dauererreichbarkeit voraus,
die in den organisatorischen Rahmenbe-
dingungen zu finden sind. Durch eine
systematische Überprüfung und Verbes-
serung dieser Organisationsstrukturen
werden Störungen signifikant reduziert.
So werden Mitarbeiter entlastet und
konzentriertes Arbeiten wird möglich.
Nicht nur die Qualität der Arbeit steigt,
sondern auch die Zufriedenheit der
Mitarbeiter und (internen) Kunden. Es
ist keine triviale Aufgabe, neben dem
normalen Tagesgeschäft auch noch die
Organisationsstrukturen zu verbessern.
Hilfreich ist ein strukturiertes Vorgehen,
mit dem Schritt für Schritt die Arbeitsor-
ganisation aus verschiedenen Blickwin-
keln heraus analysiert und verbessert
wird. Durch erste, schnelle Entlastungen
im direkten Arbeitsumfeld werden die
Mitarbeiter auch für weitere Verbesse-
rungsmaßnahmen motiviert.
Das sogenannte Organisationsscree-
ning kann in kleineren Firmen in der ge-
samten Personalabteilung durchgeführt
werden. In größeren Unternehmen emp-
fiehlt es sich, zunächst in einem Bereich
oder einer Abteilung zu starten und
dann die Ergebnisse und Erfahrungen
auf angrenzende Bereiche zu übertra-
gen. Das Organisationsscreening wird
immer mit den betroffenen Mitarbeitern
durchgeführt – eine wichtige Vorausset-
zung für die erfolgreiche Umsetzung al-
ler geplanten Maßnahmen.
Schritt eins: Die Arbeitsumgebung
Eine systematisierte Arbeitsumgebung
ist Voraussetzung für konzentriertes Ar-
beiten. Zur Arbeitsumgebung gehören
neben dem Arbeitsplatz und Gemein-
schaftsbereichen auch die Dateiablage
auf dem Server und der E-Mail-Verkehr.
Ordnung kann geschaffen werden durch
systematisches Aussortieren aller Ge-
genstände/Daten, die nicht benötigt
werden, sowie durch klare, transparente
Regelungen der Ablagestrukturen. Auch
die Einführung von Standards für den E-
Mail-Verkehr gehört dazu. Im Ergebnis
Entlastung für Personaler
PRAXIS.
Ständige Unterbrechungen und Dauererreichbarkeit führen zu Stress und ver-
minderter Leistung. Abhilfe schafft nur, wer bei den Organisationsstrukturen ansetzt.
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