personalmagazin 06/2015 - page 74

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RECHT
_ZEITARBEIT
personalmagazin 06/15
Gerlitzki:
Zeitarbeit im IT-Bereich ist eine
praktikable und rechtssichere Alternati-
ve zum „Freelancing“. Gerade für Aufga-
ben des IT-Tagesgeschäfts, wenn Perso-
nalausfälle oder -engpässe kompensiert
werden müssen, können Zeitarbeitneh-
mer schnell und kompetent unterstüt-
zen. Durch unsere Spezialisierung auf
IT-Fachkräfte erzielen wir ein sehr ge-
naues „Matching“ zwischen dem vom
Kunden gewünschten Anforderungspro-
fil und unseren vorgeschlagenen Kan-
didaten. Bei deren Auswahl achten wir
besonders auf aktuelles Fachwissen und
Know-how.
personalmagazin:
Herr Bissels, welche
Unterschiede zwischen Freelancern und
Zeitarbeit gibt es rechtlich, zum Beispiel
wenn ein Systemhaus einen Entwickler
mit Projekterfahrung für einen Auftrag
noch kurzfristig einsetzen möchte?
Bissels:
Wenn es der Auftrag mit sich
bringt, dass eine enge Abstimmung
zwischen dem Fremdmitarbeiter und
den Arbeitnehmern des Auftraggebers
erforderlich ist, dieser vor Ort tätig wird
und der Fremdmitarbeiter Weisungen
der Beschäftigten des Auftraggebers
unterworfen wird, dürfte im Ergebnis
der Einsatz von Zeitarbeitnehmern die
rechtssichere Variante sein. Letztlich
kann die beauftragte Entwicklung eines
Programms aber auch im Rahmen eines
Werkvertrags abgebildet werden. Dann
müssen aber auch die Arbeitsabläufe
und -prozesse zu diesem Vertragstyp
passen. Der Fremdmitarbeiter darf so-
dann nicht in die betrieblichen Abläufe
des Auftraggebers integriert und keinen
„Häufig bestehen Vorurteile“
INTERVIEW.
Gerade die IT-Branche arbeitet mit Dienst- oder Werkverträgen. Wann
auch Zeitarbeit eine Alternative sein kann, erläutern ein Anwalt und ein Anbieter.
personalmagazin:
Herr Bissels, gerade im
IT-Bereich wird oft mit freien anstelle von
festangestellten Mitarbeitern gearbeitet.
Was sind Probleme, die dabei auf Unter-
nehmen zukommen?
Alexander Bissels:
Letztlich geht es oft da-
rum zu identifizieren, ob der Mandant
für den geplanten Einsatz auch das rich-
tige rechtliche und folglich gebotene
„Vehikel“ einsetzen möchte. Hier lohnen
sich oft auch kritische Fragen, um etwa
das Risiko der Scheinselbstständigkeit
zu vermeiden. Denn dadurch können
nicht nur arbeits- und sozialversiche-
rungsrechtlich nachteilige Folgen, wie
beispielsweise das ungewollte Zustan-
dekommen eines Arbeitsverhältnisses,
das nach den allgemeinen Regelungen
aufzulösen ist, oder die Nachzahlung
von Sozialversicherungsbeiträgen, son-
dern auch strafrechtliche Risiken ent-
stehen. Die Beschäftigung von Schein-
selbstständigen kann nämlich den
Tatbestand nach § 266a Strafgesetzbuch
erfüllen, da von dem Auftraggeber trotz
eines de facto bestehenden Arbeitsver-
hältnisses keine Sozialversicherungs-
beiträge abgeführt werden.
personalmagazin:
Herr Gerlitzki, weshalb
ist Scheinselbstständigkeit im IT-Bereich
ein Problem? Weshalb geben Unterneh-
men hier eher Freelancern den Vorzug
vor Zeitarbeitnehmern?
Dennis Gerlitzki:
Als Personaldienstleister
begegnen wir in solchen Situationen
im IT-Bereich häufiger Vorurteilen oder
Hemmschwellen, was den Einsatz von
Zeitarbeitnehmern betrifft. Dies hängt
damit zusammen, dass unsere Hauptan-
sprechpartner im IT-Bereich in der Regel
die IT-Leiter selbst sind. Erst an zweiter
Stelle schalten sich hier die Personaler
mit ein. Die Verantwortlichen in der Per-
sonalabteilung wissen zumeist schon,
dass es spezialisierte Dienstleister für
den Einsatz von Zeitarbeitskräften im
IT-Bereich gibt. Bei den Entscheidern
in der IT ist das häufig nicht der Fall.
Einerseits besteht hier schlichtweg feh-
lendes Wissen über diese Möglichkeit.
Andererseits sind wir hier auch schon
des Öfteren auf gewisse Vorbehalte ge-
genüber Zeitarbeitnehmern gestoßen,
was deren Qualifikation angeht.
personalmagazin:
Und wie begegnen Sie
diesen Vorbehalten?
DR. ALEXANDER BISSELS
ist Fachanwalt
für Arbeitsrecht und Partner bei der Kanzlei
CMS Hasche Sigle in Köln.
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