personalmagazin 06/2015 - page 70

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RECHT
_VIDEOAUFNAHMEN
personalmagazin 06/15
A
ufklärung und Verhinde-
rung von Straftaten, Erken-
nung und Vorbeugung von
Gefahren zum Objekt- und
Personenschutz, aber auch Werbefilme
sind nur einige der Gründe für Video-
aufnahmen von Mitarbeitern im Zusam-
menhang mit dem Arbeitsverhältnis.
So unterschiedlich wie der Anlass für
die Videoaufnahmen durch den Arbeit-
geber ist, so unterschiedlich sind auch
die rechtlichen Voraussetzungen und
Grenzen. Differenziert wird vor allem
zwischen Werbefilmen des Arbeitgebers
sowie der Überwachung durch Videoauf-
zeichnung.
BAG konkretisiert Voraussetzungen
bei Videoaufnahmen
In zwei aktuellen Entscheidungen (Az.
8 AZR 1007/13 und Az. 8 AZR 1011/13),
zu denen bislang lediglich Pressemittei-
lungen vorliegen, hat sich das Bundesar-
beitsgericht (BAG) am 19. Februar mit
dem Themenkomplex beschäftigt. Kon-
kret haben sich die Richter mit folgen-
den Fragen auseinandergesetzt:
• Unter welchen Voraussetzungen kön-
nen Arbeitgeber heimliche Videoauf-
nahmen von Arbeitnehmern anfertigen?
• Dürfen zu Werbezwecken erstellte Fil-
me, in denen ehemalige Arbeitnehmer
kurz zu sehen sind, weiterhin auf der
Unternehmenshomepage veröffentlicht
werden?
Die Entscheidungen zeigen, dass
Arbeitgeber die Zulässigkeit von Vi-
deoaufnahmen ihrer Mitarbeiter und
Von
Katrin Scheicht
Mitarbeiter im Mittelpunkt
URTEILE.
Videoaufnahmen von Arbeitnehmern kommen im Arbeitsverhältnis in
verschiedenen Situationen vor. Arbeitgeber sollten die geltenden Grenzen kennen.
gegebenenfalls deren Veröffentlichung
im Einzelfall genau prüfen sollten. Wer-
den die rechtlichen Voraussetzungen
und Grenzen nicht eingehalten, können
Schadensersatzansprüche der Mitarbei-
ter auf das Unternehmen zukommen.
Im Falle von Werbefilmen besteht zu-
dem das Risiko, dass Mitarbeiter die
Unterlassung der Veröffentlichung des
zeit- und kostenaufwendig produzierten
Films verlangen können.
Heimlich oder öffentlich: Die Grenzen
der Videoüberwachung beachten
Beim Blick auf den Komplex der Video-
überwachung ist zu unterscheiden, ob
sie im öffentlich zugänglichen Bereich,
zum Beispiel einem Geschäftslokal oder
auf der Straße, oder im nicht öffentli-
chen Raum, etwa in einer Lagerhalle,
in der kein Kundenverkehr herrscht,
erfolgt. Zudem ist – unabhängig vom
Ort – danach zu trennen, ob Arbeitgeber
heimlich oder offen überwachen.
Eine heimliche Videoüberwachung im
nicht-öffentlichen Bereich ist allenfalls
in sehr engen Grenzen und nur für kur-
ze Zeit zulässig. Bildaufnahmen von Ar-
beitnehmern stellen personenbezogene
Daten dar und die Zulässigkeit einer
Videoüberwachung richtet sich nach §
32 Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzge-
setz (BDSG). Danach dürfen Aufnahmen
eines Arbeitnehmers im Wege der heim-
lichen Videoüberwachung nur dann
gemacht werden, wenn zu dokumen-
tierende tatsächliche Anhaltspunkte
den Verdacht begründen, dass der Be-
troffene im Beschäftigungsverhältnis
eine Straftat begangen hat. Zudem muss
die Erhebung, Verarbeitung oder Nut-
zung zur Aufdeckung erforderlich sein
und das schutzwürdige Interesse des
Beschäftigten darf nicht überwiegen.
Insbesondere ist sicherzustellen, dass
Art und Ausmaß im Hinblick auf den
Anlass nicht unverhältnismäßig sind.
Ausgeschlossen ist damit vor allem eine
Dauerüberwachung sowie ein Eingriff in
die Intimsphäre von Mitarbeitern. Eine
Observation von Toiletten oder Umklei-
dekabinen ist daher beispielsweise im-
mer unzulässig.
Bei einer offenen Videoüberwachung
im öffentlichen Bereich ist gemäß § 6b
Abs. 1 Nr. 3 BDSG ausreichend, dass
die Videoüberwachung das mildeste
Mittel zur Wahrung rechtlicher, wirt-
schaftlicher oder ideeller Interessen
des Arbeitgebers für konkret festgelegte
Zwecke darstellt und die Interessen der
von der Überwachung betroffenen Ar-
beitnehmer nicht überwiegen. Außer-
dem sind Arbeitgeber nach § 6b Abs. 2
BDSG verpflichtet, den Umstand der Beo-
bachtung und die verantwortliche Stelle
Zwei aktuelle Entschei-
dungen des Bundes­
arbeitsgerichts zeigen,
dass Arbeitgeber die
Zulässigkeit von Video-
aufnahmen im Einzelfall
genau prüfen sollten.
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