personalmagazin 06/2015 - page 71

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06/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Neben Aufnahmen zu
Werbezwecken, hat
sich das BAG auch mit
Überwachungsvideos
beschäftigt.
erkennbar zu machen. Dies ist beispiels-
weise durch die Anbringung entspre-
chender Hinweisschilder möglich.
Demgegenüber dürfen Arbeitgeber
eine heimliche Videoüberwachung in
öffentlichen Bereichen nur dann durch-
führen, wenn kein anderes, genauso
wirksames, aber für den Mitarbeiter we-
niger belastendes Mittel wie eine Video-
aufnahme zur Verfügung steht. Weitere
Voraussetzung ist, dass der Verdacht
einer strafbaren Handlung oder einer
anderen schweren Verfehlung zulasten
des Arbeitgebers besteht und dieser auf
konkreten Tatsachen beruht.
BAG: Der konkrete Verdacht einer
Straftat bei heimlichen Aufnahmen
Neben der Bestätigung der vorgenann-
ten Grundsätze zur heimlichen Video-
überwachung ging es in einer der ein-
gangs erwähnten Entscheidungen des
BAG (Az. 8 AZR 1007/13) vor allem um
die Frage, wann ein ausreichender Ver-
dacht einer Straftat vorliegt, der eine
Videoüberwachung rechtfertigen kann.
Ein Arbeitgeber hatte eine Mitarbeite-
rin des Krankfeierns verdächtigt, da sie
nach einem Streit mit dem Arbeitgeber
bild. Im Ergebnis bestätigte das BAG
das vorinstanzlich für die Persönlich-
keitsrechtsverletzung zugesprochene
Schmerzensgeld von 1.000 Euro.
In Betrieben mit Betriebsrat sind zu-
dem etwaige Mitbestimmungsrechte
insbesondere gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu
beachten. Eine Betriebsvereinbarung
kommt eventuell auch als Rechtsgrund-
lage zur Durchführung der Videoüber-
wachung gemäß § 4 Abs. 1 BDSG in
Betracht. Allerdings haben die Betriebs­
parteien gemäß § 75 BetrVG höherran-
giges Recht und damit insbesondere
das allgemeine Persönlichkeitsrecht der
Arbeitnehmer zu beachten. Die darge-
stellten Grenzen der zulässigen Video­
überwachung können daher nicht
anhand einer Betriebsvereinbarung
zulasten der Arbeitnehmer verschoben
werden.
Filme zu Werbezwecken und zur
Öffentlichkeitsarbeit
Von der Überwachung per Video zu
unterscheiden sind Videoaufzeichnun-
gen von Mitarbeitern und deren Veröf-
fentlichung im Rahmen der Werbe- und
über einen Zeitraum von rund zwei Mo-
naten krankgeschrieben war und Ar-
beitsunfähigkeitsbescheinigungen von
verschiedenen Ärzten vorgelegt hatte.
Der Arbeitgeber ließ die Mitarbeiterin
von einem Detektiv heimlich beobach-
ten, der auch Videoaufnahmen von der
Mitarbeiterin auf der Straße und in ei-
nem öffentlichen Waschsalon machte.
Das BAG bestätigte die Entscheidung
der Vorinstanz (LAG Hamm, Az. 11 Sa
312/13). Die Observation einschließlich
der heimlichen Aufnahmen sei im vorlie-
genden Fall rechtswidrig gewesen, da es
an konkreten Tatsachen für den Verdacht
einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit
gefehlt habe. Das Vortäuschen einer Er-
krankung kann zwar eine Straftat dar-
stellen. Allerdings reichen Bauchgefühl
oder Mutmaßungen, der Mitarbeiter
sei tatsächlich nicht krank, nicht aus.
Der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
kommt ein hoher Beweiswert zu und
der Arbeitgeber hatte keine Tatsachen
dokumentiert, die ausreichende Zwei-
fel daran begründeten. Der Beweiswert
sei weder dadurch erschüttert, dass sie
von unterschiedlichen Ärzten stammten,
noch durch die Änderung imKrankheits-
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