personalmagazin 07/2015 - page 46

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ORGANISATION
_BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG
personalmagazin 07/15
E
ines vorab: Die betriebliche
Altersversorgung (bAV) ist für
Angestellte eine der lukrativs-
ten Bausteine ihrer Vergütung
und für Unternehmen einer der wesent-
lichen Komponenten ihrer Attraktivität
als Arbeitgeber. Dies gilt insbesondere
angesichts der demografischen Ent-
wicklung, die es zunehmend schwierig
macht, hervorragende Arbeitskräfte zu
finden und zu halten.
Trotzdem birgt die lange Laufzeit einer
bAV unterschiedlich geartete Risiken. Sie
können die Finanzierung oder Liquidität
betreffen, in prozessualen, bewertungs-
technischen oder rechtlichen Vorgängen
begründet sein oder auch aufgrund po-
litischer Änderungen oder Unwägbar-
keiten entstehen. Um ungeplante Kosten
und Liquiditätsabflüsse zu minimieren,
sind Unternehmen gehalten, all diese
Unsicherheiten vollständig zu erfassen
und mithilfe eines Risikomanagement-
systems zu steuern. Die einzelnen Be-
Von
Susanne Jungblut
und
Michael Nagel
standteile einer solchen sogenannten
„Pension Governance“ können je nach
individueller Situation des Unterneh-
mens unterschiedlich ausgeprägt sein.
Gleichwohl besteht ein Grundkonsens,
welche Aspekte im Rahmen eines Best-
Practice-Ansatzes zu berücksichtigen
sind. Dazu gehören insbesondere ein
umfassendes Wissen über die bestehen-
den und drohenden Verpflichtungen und
die Erstellung verbindlicher Pension-
Governance-Richtlinien zur Verwaltung,
Steuerung und Überwachung (siehe Ka-
sten zum Best-Practice-Ansatz).
Pension Governance in der Praxis:
Qualität der Informationen ausbaubar
Vor diesem Hintergrund stellte KPMG
die Frage, wie es in der Praxis tatsäch-
lich um die Risikomanagementsysteme
von Pensionsverpflichtungen steht und
erhob anhand eines Fragenkatalogs den
Reifegrad der „Pension Governance“
bei großen deutschen Unternehmen. Es
wurden die Daten von 19 Unternehmen
aus den Dax 30 und dem M-Dax ausge-
wertet; dies entspricht 33 Prozent der
Dax-30- oder M-Dax-Unternehmen, die
in ihren Geschäftsberichten wesentliche
Pensionsverpflichtungen
ausweisen.
Die Analyse der Antworten vermittelt
im Querschnitt ein anschauliches Bild,
inwieweit diese Unternehmen die „Pen-
sion Governance“ bereits umgesetzt ha-
ben.
Erste essenzielle Anforderung zum
Aufbau eines umfassenden Risikoma-
nagements ist, Transparenz über die
vorhandenen Pensionspläne zu schaf-
fen sowie Änderungen an bestehenden
Plänen laufend im Rahmen der Bestand-
serfassung nachzuhalten. Um dies zu
gewährleisten, gibt es bei 17 der 19 be-
fragten Unternehmen, also bei 89 Pro-
zent der Unternehmen, einen etablierten
Abfragemechanismus qualitativer und
quantitativer Informationen zu den be-
stehenden Pensionsplänen. Bei sechs
der Unternehmen (32 Prozent) erfolgt
diese Abfrage imRahmen des „Reporting
Package“ für den Jahres- oder Quartals-
abschluss. Hier stellt sich die Frage, ob
nicht lediglich die abschlussrelevanten
Daten abgefragt werden, gleichzeitig
aber nicht minder relevante qualitative
Informationsabfragen vernachlässigt
werden.
Wissensverlust und unklare
Zuständigkeiten
Bei rund der Hälfte der Unternehmen
wird der vorhandene Abfragemechanis-
mus durch ein spezielles Reportingtool
für Pensionspläne unterstützt. Zudem
ist bei elf Prozent der Unternehmen der
Aktuar in den Abfrageprozess maßgeb-
lich eingebunden und bei weiteren elf
Prozent der Unternehmen trägt er hier
sogar die Hauptverantwortung. Bei einer
solchen Aufteilung der Zuständigkeiten
ist zu hinterfragen, in welchem Umfang
ein Überblick über die bestehenden
Versorgungsverpflichtungen beim Un-
ternehmen selbst überhaupt gegeben ist
oder ob man sich hier nicht vollständig
auf den Aktuar verlässt – mit der Kon-
sequenz, dass damit im Unternehmen
selbst die Kenntnisse fehlen.
Die Verwaltung und Steuerung der
Pensionszusagen zeigt keine Konzentra-
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt
STUDIE.
Wie gut steuern deutsche Unternehmen ihre bAV-Risiken? Eine Studie von
KPMG hat die Praxis unter die Lupe genommen und zeigt, wo Lücken bestehen.
Die Aufteilung der Zu-
ständigkeiten in der
Praxis wirft die Frage
auf, ob die Unternehmen
überhaupt selbst ihre
bestehenden Verpflich-
tungen überblicken.
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