personalmagazin 12/2015 - page 70

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RECHT
_SOCIAL MEDIA RECRUITING
personalmagazin 12/15
S
ocial-Media-Kanäle werden von
Unternehmen schon eine ganze
Weile im Bereich des Emplo-
yer Branding, aber auch zur
Ansprache potenzieller Mitarbeiter ge-
nutzt. Daneben experimentieren einige
Unternehmen im Recruiting verstärkt
mit mobilen Apps. Derzeit ist offensicht-
lich vor allem Whatsapp als der wohl
reichweitenstärkste Messenger ein be-
liebtes Experimentierfeld. Allerdings
werden die rechtlichen Fragen nach der
Zulässigkeit der Datenerhebung bezie-
hungsweise der Ansprache über Mobile
und Social Media oft übersehen.
Die Frage, was sich in (datenschutz-)
rechtlicher Hinsicht im Bereich des
Mobile und Social Media Recruiting
noch im zulässigen Rahmen bewegt, ist
für die Praxis ein wichtiges und nicht
zu unterschätzendes Thema. Denn bei
einem Verstoß drohen - neben aufsichts-
rechtlichen Sanktionen - Schadenser-
satzansprüche der Betroffenen und eine
Beeinträchtigung der Reputation eines
Unternehmens. Dies gilt nach dem Sa-
fe-Harbor-Urteil des Europäischen Ge-
richtshofes vor allem bei der Nutzung
US-amerikanischer Dienste.
In diesem Artikel sollen die wich-
tigsten Grundsätze für eine datenschutz-
konforme Recherche über Bewerber und
Beschäftigte in sozialen Netzwerken und
über mobile Apps erläutert werden. Vor
allem imBereich Human Resources muss
das Bewusstsein, dass eine Recherche im
und über das Internet über Bewerber und
Mitarbeiter nur eingeschränkt zulässig
Von
Carsten Ulbricht
ist, gestärkt werden. Das Bewusstsein
für die rechtlichen Grenzen ist bei vielen
Mitarbeitern der Personalabteilungen oft
nicht hinreichend ausgeprägt.
Wann eine Datenerhebung im
Internet zulässig ist
Bei einer Recherche nach Bewerbern
und potenziellen Mitarbeitern im Inter-
net handelt es sich um eine Datenerhe-
bung im Sinne von § 3 Abs. 3 Bundesda-
tenschutzgesetz (BDSAG). Die Erhebung
ist, da es sich um keine Direkterhe-
bung handelt, nur zulässig, soweit eine
Rechtsvorschrift sie gestattet.
§ 32 Abs. 1 BDSG erlaubt eine Da-
tenverarbeitung, wenn sie für die
Entscheidung über die Begründung,
Durchführung oder Beendigung eines
Beschäftigungsverhältnisses erforder-
lich und insgesamt verhältnismäßig ist.
Daneben ermächtigt § 28 Abs. 1 Nr. 3
BDSG (unabhängig von dem Bestehen
eines Arbeitsverhältnisses) dazu „all-
gemein zugängliche“ Daten zu erheben,
wenn keine überwiegenden Interessen
des Betroffenen dagegen sprechen.
Wichtig ist also zu beachten, dass nur
unter diesen Bedingungen eine Recher-
che im Internet zulässig ist. Dabei sind
stets die Grundsätze der Datensparsam-
keit zu beachten, das heißt nur die Daten
zu erheben und zu speichern, die für die
oben genannten Entscheidungen auch
wirklich erforderlich sind.
Neben der Recherche ist dann die
weitere Frage, welche Informationen ge-
speichert oder anderweitig zu den Per-
sonal- oder Bewerberakten genommen
werden dürfen oder sollen. Auch hierfür
sollte eine entsprechende rechtliche Le-
gitimation vorliegen.
Recherche nur über Suchmaschinen
und in berufsorientierten Netzwerken
Wo im Internet recherchiert werden
darf, richtet sich danach, was unter „all-
gemein zugängliche Daten“ im Sinne
von § 28 BDSG Abs. 1 Nr. 3 zu verste-
hen ist. Anerkannt ist, dass davon jeden-
falls Informationen, die frei verfügbar
über Suchmaschinen sind, erfasst sind.
Schwieriger gestaltet sich die Frage, ob
Daten in sozialen Netzwerken oder über
mobile Messenger erreichbare Daten
„allgemein zugänglich“ sind und damit
die Recherche grundsätzlich zulässig
ist. Allgemein zugänglich sind wohl In-
formationen, die auch ohne Anmeldung
abrufbar sind. Ob jedoch auch Daten, die
erst nach erfolgter Anmeldung verfüg-
bar sind, „allgemein zugänglich“ sind,
ist umstritten. Dabei wird zum Teil zwi-
schen berufs- und freizeitorientierten
Netzwerken unterschieden. Dass die
Recherche in berufsorientierten Netz-
werken wie Linkedin und Xing zuläs-
sig sein soll, leuchtet ein, hat hier doch
der Arbeitnehmer gerade für mögliche
künftige Arbeitgeber Informationen be-
reitgestellt. Was die Recherche in frei-
zeitorientierten sozialen Netzwerken
betrifft, besteht Einigkeit nur insoweit,
dass jedenfalls keine Informationen
erschlichen werden dürfen. Daten, die
gezielt nur einem beschränkten Kreis
an „Freunden“ zugänglich sind, sind ein-
deutig nicht „allgemein zugänglich“. An-
deres gilt, wenn Daten innerhalb eines
Netzwerks frei zugänglich sind: hier wird
Klare Regeln im sozialen Netz
GRUNDSÄTZE.
Immer mehr Unternehmen sprechen Bewerber über Social Media oder
mobile Apps an. Dabei sollten sie die folgenden rechtlichen Grundsätze beachten.
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