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12/15 personalmagazin
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RECHT
_BETRIEBLICHE ÜBUNG
D
ie betriebliche Übung wird
gerne von Seiten der Arbeit-
nehmer bemüht, um Ansprü-
che durchzusetzen, die weder
im Arbeitsvertrag noch in anwendbaren
Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarun-
gen geregelt sind. Für den Arbeitgeber
kann es sich lohnen, genau zu prüfen, ob
wirklich eine betriebliche Übung besteht.
Unter einer betrieblichen Übung ist die
regelmäßige Wiederholung bestimmter
Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu
verstehen, aus denen die Arbeitnehmer
schließen können, ihnen solle eine Leis-
tung oder eine Vergünstigung auf Dauer
als vertraglicher Anspruch eingeräumt
werden. Behält sich der Arbeitgeber aus-
drücklich die Freiwilligkeit der Leistung
vor und macht deutlich, dass auch aus
einer wiederholten Gewährung keine
Ansprüche abgeleitet werden können,
scheidet eine betriebliche Übung aus.
Mythos eins: Jedes Entgegenkommen
kann zu betrieblichen Übung führen
Eine betriebliche Übung ist grundsätz-
lich für jeden Gegenstand vorstellbar,
der auch arbeitsvertraglich in allgemei-
ner Form geregelt werden kann. Meis-
tens wird es sich dabei um zusätzliche
Geldleistungen handeln, zum Beispiel
Weihnachtsgeld oder Jubiläumszuwen-
dungen. Aber auch Regelungen bezüg-
Von
Tobias Grambow
Wahrheit und Mythos
DURCHBLICK.
Nicht alles, was nach betrieblicher Übung aussieht, lässt wirklich einen
Rechtsanspruch entstehen. Wir klären über drei weit verbreitete Mythen auf.
lich der Arbeitszeit, sowie zum Verhalten
am Arbeitsplatz können Gegenstand ei-
ner betrieblichen Übung sein. Allerdings
muss das Entgegenkommen des Arbeit-
gebers hinreichend bestimmt sein.
Dies wird insbesondere dann schwie-
rig, wenn statt eines aktiven Tuns des Ar-
beitgebers (zum Beispiel Zahlung eines
Weihnachtsgeldes) ein Dulden oder Un-
terlassen im Raum steht, wie folgendes
Beispiel zeigt (nachgebildet, LAG Nürn-
berg, Urteil vom 5.8.2015 - 2 Sa 132/15):
Im Betrieb hatte es sich eingebürgert,
dass die Angestellten zum Rauchen
ihren Arbeitsplatz verlassen ohne am
Zeiterfassungsgerät aus- beziehungs-
weise einzustempeln. Die betroffenen
Beschäftigten haben schätzungsweise
täglich 60 bis 80 Minuten Arbeitszeit
„verraucht“. Der Arbeitgeber hatte kei-
ne Kenntnis von Umfang und der Dau-
er der entgangenen Arbeitsleistung,
was für die Mitarbeiter auch erkennbar
war. Nachdem ihm dies bekannt wurde,
Gerade um die Verpflichtung,
Weihnachtsgeld zahlen zu müssen,
ranken sich allerhand Mythen
© M. SCHUPPICH - FOTOLIA