personalmagazin 12/2015 - page 26

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TITEL
_INDUSTRIE 4.0
personalmagazin 12/15
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Grundbedarfe sind immer da und er-
möglichen es, einen bestimmten Anteil
von Mitarbeitern nach starren Mustern
zu beschäftigen. Wenn also verschie-
dene Arbeitszeitmodelle mit unter-
schiedlichen Flexibilitätsgraden zur
Verfügung stehen, erhält das Unterneh-
men die benötigte Flexibilität, indem
es die unterschiedlichen Flexibilitäts-
potenziale der Mitarbeiter nutzt, ohne
diese zu überfordern.
Wichtig ist dabei, dass man aner-
kennt, dass Flexibilität einen Wert hat
und daher honoriert werden muss. Ein
Mitarbeiter, der ein Unternehmen auch
kurzfristig flexibel unterstützt, sorgt
dafür, dass gegebenenfalls Leerzeiten
reduziert werden, die Reaktionszeit und
Servicequalität verbessert oder eine Stö-
rung schnell behoben ist. Eine Anerken-
nung von Flexibilität muss dabei nicht
rein monetär sein, sondern kann auch
nach dem Prinzip „Geben und Nehmen“
erfolgen. Das kann zum Beispiel bedeu-
ten: Wer kurzfristig einspringt, wenn
zusätzlicher Personalbedarf besteht,
dessen Wünsche an die Schichtplanung
werden stärker gewichtet.
Arbeitszeit 4.0: Ein Baukasten aus
vielen Instrumenten
Wird Flexibilität attraktiv gemacht, wer-
den sich freiwillig genug Mitarbeiter
finden, die diese erbringen möchten und
können. Ist dies in einer Lebensphase
nicht möglich, verzichtet der Mitarbei-
ter auf die mit dem flexiblen Modell
verbundenen Vorteile, und erhält dafür
besser planbare und stabilere Arbeits-
zeiten. Kann man dann noch je nach Le-
bensphase zwischen den Modellen wäh-
len, wird dem jeweiligen Bedürfnis der
Mitarbeiter optimal Rechnung getragen.
Kombiniert man dieses Vorgehen noch
mit einem Lebensarbeitszeitmodell,
in dem Mitarbeiter in einigen Lebens-
abschnitten Guthaben aufbauen (zum
Beispiel nach Berufseintritt, nachdem
Kinder aus dem Haus sind) und in an-
deren Lebensabschnitten die Arbeitszeit
reduzieren können (zum Beispiel nach
Geburt der Kinder, Vorruhestand), wobei
durch ein Lebensarbeitszeitkonto in die-
sen Phasen das Gehalt verstetigt werden
kann, wird die Arbeitgeberattraktivität
zwangsläufig steigen.
Diesen Baukasten aus Schichtplanung,
Personaleinsatzplanung, Teilzeitmodel-
len, Flexibilitätsmodellen, Anreizsyste-
men und Lebensarbeitszeitmodellen,
der sehr flexible und bedarfsgerechte,
für die Mitarbeiter dennoch attraktive
Arbeitszeitmodelle ermöglicht, nennen
wir Arbeitszeit 4.0. Wichtig ist, dass
die einzelnen Elemente immer auf die
spezifische Situation eines Unterneh-
mens angepasst werden, weil nur eine
individuelle Lösung den Anforderungen
des einzelnen Unternehmens und sei-
ner Mitarbeiter gerecht wird. Auf der
Website
aben
wir exemplarisch ein solches Modell be-
schrieben.
Die durch die immer flexibleren Be-
darfssituationen und vielfältigen Ar-
beitszeitmodelle notwendig werdende
Personaleinsatzplanung ist komplexer
als ein starrer, stets gleich bleibender
Schichtplan. Benötigt wird daher ein
sehr strukturierter Planungsprozess,
in dem geregelt ist, wer nach welchen
Kriterien, mit welchen Hilfsmitteln und
welchen Ankündigungsfristen einen
Plan erstellt. Auch die Form der Invol-
vierung der Mitarbeiter in die Planung
muss klar definiert sein. Derartige Pro-
zesse sind manuell oder mit Excel nicht
mehr zu händeln, daher wird analog zur
Digitalisierung der Produktion auch eine
Digitalisierung der Personaleinsatzpla-
nung in Form von spezialisierter Soft-
ware notwendig sein.
HR als Treiber für die
Arbeitszeitlösungen der Zukunft
Die Personalabteilungen spielen eine
wichtige Rolle bei der Etablierung sol-
cher Konzepte und befinden sich des-
halb auch in einer Schlüsselsituation,
was die Implementierung von Industrie
4.0 in den Unternehmen betrifft. Sie
müssen Unternehmensführung und
Betriebsräte für die neuen Herausfor-
derungen sensibilisieren, die unterneh-
mensspezifische Ausprägung der neuen
Arbeitszeitlösungen mitentwickeln und
die Einhaltung der vereinbarten Regeln
überwachen. Nur mit dem umfassenden
Know-how und einer maßgeblichen Be-
teiligung der HR-Bereiche werden sich
die Arbeitszeitlösungen der Zukunft
umsetzen lassen.
Industrie 4.0: Die digitalisierte Produktion erfordert flexiblere Arbeitszeitmodelle.
GUIDO ZANDER
ist Geschäftsführer der
Beratungsgesellschaft Dr. Scherf Schütt &
Zander in Feldkirchen bei München.
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