PERSONALquarterly 2/2015 - page 17

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02/15 PERSONALquarterly
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n Zeiten von makroökonomischen Turbulenzen, raschem
technologischem Fortschritt und Dynamiken in vielen
Industrien ist Wandel für zahlreiche Unternehmen zur
Regel geworden. Die Literatur zum Change Management
untersucht daher, wie Unternehmen die Komplexität von
Wandel meistern können (Kotter, 1996). Lange wurden dabei
einzelne Veränderungen analysiert und Empfehlungen abge­
leitet, wie diese zu managen sind. Seit einiger Zeit widmet sich
insbesondere die strategische Forschung jedoch der Analyse
von längeren Wandelsequenzen, die durch wiederkehrenden
Wandel in Organisationen gekennzeichnet sind. Für viele Un­
ternehmen reicht es heutzutage nicht mehr aus, einzelne Ver­
änderungen einzuleiten und umzusetzen. Stattdessen müssen
sie sich im Zeitablauf wiederholt an neue Rahmenbedingungen
in ihrem Wettbewerbsumfeld anpassen. Dabei wird das Ma­
nagement von längeren Wandelsequenzen zu einer zentralen
Aufgabe der Unternehmensleitung.
Wandelsequenzen sind im Vergleich zu einzelnen Wandel­
events durch eine erhöhte Komplexität für Führungskräfte und
Mitarbeiter gekennzeichnet – vor allem, weil mehrere Wandel­
events aufeinander folgen. Eine zentrale Frage in der strate­
gischen Forschung ist dabei, wie wiederkehrender Wandel
zeitlich getaktet werden kann, um das Unternehmensergebnis
langfristig zu steigern. Der vorliegende Beitrag gibt zunächst ei­
nen Überblick über den Forschungsstand zu Wandelsequenzen.
Anschließend wird anhand der Fallstudie Nestlé aufgezeigt, wie
Unternehmen Wandelsequenzen erfolgreich managen können,
und abschließend werden Implikationen für die Praxis diskutiert.
Wandelsequenzen aus prozessorientierter Sicht
Die Forschung zum Change Management hat sich bislang oft­
mals mit einzelnen organisationalen Wandelevents, wie z.B.
Veränderungen in der Unternehmensstrategie, der Organisati­
onsstruktur oder der Unternehmenskultur, beschäftigt. Dabei
wurde unter anderem die mit organisationalem Wandel ver­
bundene Unsicherheit in Unternehmen sowie der Widerstand
von Mitarbeitern während eines Wandels analysiert (Kotter,
1996). Studien in diesem Forschungsbereich betrachten orga­
nisationalen Wandel dabei aus einer kurzfristigen Perspektive
und untersuchen jeden Wandel separat.
Wandel richtig takten: Wie sich Wandel­
sequenzen im Unternehmen managen lassen
Von
Prof. Dr. Patricia Klarner
(Ludwig-Maximilians-Universität München)
Ein zweiter neuerer Forschungsbereich betrachtet darüber
hinaus Prozesse wiederkehrender Wandelevents in Unterneh­
men (Klarner/Raisch, 2013; Laamanen/Keil, 2008). Im Fokus der
Betrachtung liegt dabei, welche Rolle die zeitliche Taktung von
wiederholten Wandelevents für das Unternehmensergebnis hat.
Studien in diesem Bereich analysieren insbesondere bedeutende
strategische Veränderungen in Unternehmen, wie z.B. eine ver­
stärkte Diversifikation des Geschäftsportfolios, den Verkauf von
Geschäftsbereichen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, sowie
unterschiedliche Wachstumsarten wie die Expansion durch Toch­
tergesellschaften, Akquisitionen oder strategische Allianzen.
Wiederkehrende Wandelevents resultieren – je nach zeit­
licher Abfolge – in unterschiedlichen Wandelsequenzen
(Klarner/Raisch, 2013). In strategischen Wandelsequenzen
wechseln sich wiederkehrende Phasen von strategischem
Wandel und Phasen strategischer Stabilität im Zeitablauf ab.
Wandelphasen sind dabei durch eine Abfolge mehrerer strate­
gischer Veränderungen charakterisiert. Beispielsweise hat das
amerikanische Unternehmen General Electric (GE) zwischen
1996 und 2002 ganze 620 Unternehmen aufgekauft, um seine
angekündigtenWachstumsziele zu erreichen (Mamdani/Noah,
2004). Aus der zeitlichen Abfolge und der Dauer von Wandel-
und Stabilitätsphasen resultiert ein spezifischer Rhythmus von
Wandel (Klarner/Raisch, 2013). So können Unternehmen in re­
gulären oder irregulären zeitlichen Abständen Veränderungen
durchlaufen. In einem regulären Rhythmus der Veränderung
wechseln sich ähnlich lange Phasen von Wandel und Stabilität
ab, während in einem irregulären Wandelrhythmus die Dauer
vonWandel- und Stabilitätsphasen variiert. Irregulärer Wandel
ist z.B. durch eine punktuelle Konzentration mehrerer Wandel-
events gefolgt von längeren Stabilitätsphasen gekennzeichnet.
Unternehmen, die innerhalb weniger Jahre zahlreiche Firmen
aufkaufen und anschließend in wesentlich längeren Stabilitäts­
phasen keine Veränderung mehr einleiten, folgen beispielswei­
se einem irregulären Wandelrhythmus.
Empirische Befunde zu Wandelsequenzen in Unternehmen
Empirische Studien zu Wandelsequenzen zeigen die Bedeu­
tung von regulärem Wandel für den Unternehmenserfolg auf.
Klarner und Raisch (2013) analysieren die Beziehung zwischen
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