PERSONALquarterly 2/2015 - page 12

12
PERSONALquarterly 02/15
SCHWERPUNKT
_CHANGE
Gemessen wurde, inwieweit sich die unterschiedliche Darstel-
lung auf Reaktionen auf der affektiven, kognitiven, verhaltens-
bezogenen und motivationalen Ebene gegenüber den Reformen
auswirkte (Skalen siehe Abb. 1).
Ergebnisse
Voranalysen. Umherauszufinden, wie sich einerseits dieDarstel-
lungsweise der Reform und andererseits die unterschiedlichen
Reformkonzepte (Einkommenssteuerreform und Gesundheitsre-
form) auf unsere abhängigen Variablen auswirkten, rechneten
wir Varianzanalysen
2
mit der Darstellungsweise (optimistisch
vs. pessimistisch) und der Art des Reformkonzeptes (Steuer­
reform vs. Gesundheitsreform) als unabhängige Variablen. Da
sich keine signifikanten Interaktionseffekte
3
zeigten, gelten un-
sere Annahmen gleichermaßen für beide Reformkonzepte und
wir berichten in Folge nur die Effekte der Darstellungsweise
(optimistisch vs. pessimistisch) auf die abhängigen Variablen
4
(für Mittelwerte und Standardabweichungen siehe Abb. 2).
Affekt. Die optimistische im Vergleich zur pessimistischen
Darstellung der Reform führte zu höherem positiven als nega-
tiven Affekt, F(1, 66
5
) = 3.21, p = .089,
η
² = .04
6
.
Kognitionen. Auf kognitiver Ebene bewirkte die optimis­
tische (vs. pessimistische) Darstellung eine positivere Einstel-
lung gegenüber der Reform, F(1, 67) = 10.01, p = .002,
η
² = .13,
und eine bessere Einschätzung der Qualität der Reformausfüh-
rung, F(1, 67) = 10.25, p = .002,
η
² = .13.
Verhalten. Durch die optimistische Darstellung kam es zu
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Darstellung der Skalen mit Anzahl der Items, Reliabilität, Beispielitems und Antwortformat
Anzahl
Items
Reliabi­
lität
Beispielitem
Skala
Affekt
positiv (PANAS; Watson/Clark/Tellegen, 1988)
10 • = .81
interessiert
1-5
negativ (PANAS; Watson/Clark/Tellegen, 1988)
10 • = .89
verärgert
1-5
Kognition Einstellung
6
• = .90
Die Reform ist falsch/richtig.
1-10
Qualität der Ausführung (nach Frey/Schnabel, 1999)
4
• = .73 Die Reform ist nicht gut durchdacht/gut durchdacht.
1-10
Verhalten Abgabe von Kontrolle bzw. Verlass auf die Regierung
8
• = .65 Gerade jetzt habe ich das Gefühl, die Regierung hat die
politische Situation in der Hand.
1-7
Widerstand (in Anlehnung an Doppler/Lauterburg, 2002)
7
• = .85 Ich werde versuchen, andere Menschen zu überzeugen,
sich gegen die Einkommenssteuerreform zu wehren.
1-5
„Ich werde erstmal versuchen, nicht mehr Steuern zu bezahlen.“
1
-
-
1-5
Innerliche Kündigung/Hilflosigkeit
2
r
= .27 Ich werde mich politisch einfach weniger engagieren.
1-5
Motiva­
tionale
Zustände
(Annähe­
rung/Ver­
meidung)
Vertrauen
4
• = .87 Man kann sich auf die Verantwortlichen in der Politik
verlassen.
1-5
Reaktanz (nach Jonas et al., 2009)
5
• = .70 Wie sehr würden Sie lieber selbst entscheiden, ob das
Einkommenssteuersystem reformiert wird oder nicht?
1-5
Angst
4
• = .87 Der Druck, der mit der Reform auf mich zukommt,
macht mir Angst.
1-5
Anmerkungen: Auf Verhaltensebene wurden weitere Reaktionen erfragt, auf die wir jedoch nicht weiter eingehen, da sich keine signifikanten Ergebnisse ergaben („Ich werde möglichst bald mehr
Geld auf die Seite legen.“ „Ich werde nach der Umsetzung der Steuerreform genauso wie jetzt die Steuern bezahlen.“ „Ich werde aktiv für die sinnvolle Verwendung der Steuer-
einnahmen eintreten.“ „Ich finde das ganze Hin und Her mit der Reform einfach nur albern.“) Die Reliabilität gibt an, wie genau bzw. verlässlich wissenschaftliche Messungen sind.
Cronbach‘s Alpha (
•)
und der Korrelationskoeffizient (r) geben hierbei das Ausmaß an, in dem die Aufgaben bzw. Fragen einer Skala miteinander in Beziehung stehen.
2 Statistisches Verfahren zum Vergleich von Mittelwerten, spezifische Erklärung siehe Fußnote 6.
3 Interaktionseffekte treten nur dann auf, wenn beide Variablen zusammen (Darstellungsweise und Art
des Reformkonzeptes) einen Einfluss auf die abhängige Variable haben, d.h. wenn der Einfluss einer
Variable von der Ausprägung einer anderen Variable abhängt.
4 Es zeigten sich signifikante Haupteffekte der Art des Reformkonzeptes auf die Einschätzung bezüglich
der Qualität der Ausführung der Reform, F(1, 65) = 4.48, p = .038,
η
² = .06, auf die Widerstandsab-
sichten, F(1, 65) = 7.61, p = .008,
η
² = .11, und auf die Bagatellisierung, F(1, 65) = 6.62, p = .012,
η
²
= .09. Demnach schätzten Personen, die über die Gesundheitsreform lasen, die Reform als qualitativ
schlechter ein als Personen, die über die Einkommenssteuerreform lasen (M = 3.61, SD = 1.41 vs. M
= 4.43, SD = 1.87), hegten weniger Widerstandsabsichten als Personen, die über die Einkommens-
steuerreform lasen (M = 1.62, SD = 0.60 vs. M = 2.09, SD = 0.85), aber bagatellisierten auch mehr
(M = 3.31, SD = 1.00 vs. M = 2.69, SD = 0.99). Wichtig im Kontext der vorliegenden Untersuchung ist
jedoch, dass sich keine Interaktionen zwischen den beiden Faktoren optimistische vs. pessimistische
Darstellung und Art der Reform zeigten.
5 Eine Person machte keine Angabe.
6 Mithilfe des F-Tests wird entschieden, ob sich zwei Stichproben aus unterschiedlichen Populationen
hinsichtlich ihrer Streuung unterscheiden, woraus geschlossen wird, ob sich die Gruppen voneinander
unterscheiden. Der F-Wert und der p-Wert sind dabei die statistischen Prüfgrößen. Sind beide
Streuungen gleich, erreichen F-Werte um die 1, sind die Streuungen unterschiedlich, erreicht F höhere
Werte. Die Werte in der Klammer geben dabei die Freiheitsgrade an. Der erste Wert ist die Anzahl
der Gruppen minus 1 und der zweite Wert die Zahl der Personen/Beobachtungen minus der Zahl der
Gruppen (in unserem Falle also 2-1 und 69-2). Der p-Wert ist ein Wahrscheinlichkeitswert, der angibt,
wie wahrscheinlich es ist, einen Unterschied zwischen den beiden Stichproben zu finden, wenn kein
Unterschied vorhanden ist. D.h. also, je kleiner der Wert, desto mehr kann die Annahme, dass kein
Unterschied besteht, abgelehnt werden. In der Psychologie spricht man von einem signifikanten
Unterschied, wenn der p-Wert unter 5% liegt.
η
² ist ein Kennwert zur Angabe der Größe des Effektes,
der Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Ein
η
² zwischen .01 und .05 stellt einen kleinen,
zwischen .06 und .13 einen mittleren und ab .14 einen großen Effekt dar.
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...60
Powered by FlippingBook