Wirtschaft und Weiterbildung 3/2019 - page 40

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
03_2019
rausgesetzt, wir hätten uns vorher schon
einmal persönlich kennengelernt. Ich ver-
mute, wir werden uns in Zukunft oft in
virtuellen Räumen zu Präsenzveranstal-
tungen treffen. Habe ich da Bedenken?
Nein! Wir müssen uns als Akademien
aber darauf vorbereiten und beides anbie-
ten. Präsenztrainings gibt es dann im Se-
minarhotel oder im virtuellen Raum. Wir
werden die Unternehmen davon über-
zeugen, dass wir die Profitrainer haben,
die in der Lage sind, unsere bisherigen
Trainingskonzepte in die virtuelle Welt zu
übersetzen.
Schwarz:
Auch bei digitalen Trainings
sollten die Teilnehmer die Möglichkeit
haben, mit echten Menschen in Kontakt
zu treten, und wenn es nur darum geht,
offene Fragen zu stellen. Werden Verhal-
tenstrainings direkt im virtuellen Trai-
ningsraum durchgeführt, greifen wir auf
ein Trainerteam zurück, das besondere
Kompetenzen im Bereich der E-Trainings
hat, um Teilnehmer vom Start an zu mo-
tivieren, zu mobilisieren und individuell
auf sie einzugehen. Da sind die besonde-
ren Fertigkeiten des Online-Trainerteams
gefragt, weil die Interaktion mit den Teil-
nehmern hier immens wichtig ist.
Sauer Al-Subaey:
Die Expertise in Sa-
chen Didaktik, die unsere Trainer haben,
kann man nicht so leicht kopieren. Egal
ob virtueller Raum oder Seminarraum im
Hotel, die etablierten Akademien werden
sich dank gut ausgebildeter Trainer im
virtuellen Raum behaupten können. Wir
haben diesbezüglich schon gute Erfah-
rungen zum Beispiel mit interkulturellen
Trainings für einen weltweit agierenden
Konzern gemacht. Allerdings trafen sich
die Teilnehmer der virtuellen Trainings
einmal im Jahr am Hauptfirmensitz und
das wurde als ein wertvolles Element des
gesamten Trainings angesehen.
Luttenberger:
Auch wir haben die Erfah-
rung gemacht, dass die Bedingung für ein
erfolgreiches Lernen im virtuellen Raum
darin besteht, dass man sich einmal in
der Wirklichkeit trifft und sich kennen-
lernt. Außerdem denke ich, dass wir als
Anbieter von Seminaren unsere Rolle als
Berater insofern wichtig nehmen sollten,
dass wir unseren Kunden ganz gezielt
helfen, zwischen realem Präsenztraining
und Training im virtuellen Raum auszu-
wählen. Virtuelle Begegnungen erset-
zen nicht jedes Training. Es wird unsere
Aufgabe sein, mehr denn je auf die Ziele
eines Unternehmens zu achten und die
didaktisch passenden Formate zu finden.
5 Was tun, um digital nicht
abgehängt zu werden?
Jöhnk:
Wir unterscheiden derzeit noch,
ob wir einen Trainer nur im Präsenztrai-
ning oder auch im virtuellen Seminar-
raum einsetzen können. Das lässt sich
nicht vermeiden. Den Trainer 2.0, der
automatisch beides kann, wird es wahr-
scheinlich erst in drei bis vier Jahren
geben. Warum ist es schwierig, ein guter
E-Trainer zu sein? Die Antwort lautet:
Wenn ich als Trainer wirklich einen in-
teraktiven Anspruch habe, muss ich alle
zwei Minuten eine Interaktion anstoßen,
um sicherzustellen, dass die zehn bis
zwanzig Teilnehmer, die sich zu meinem
Seminar angemeldet haben, auch wirk-
lich noch voll bei der Sache sind und
nicht anfangen, parallel ihr Mittagessen
zu kochen. Ich habe große Hochachtung
vor den E-Trainern. Sie brauchen auch
etwas, was wir „flexible Intelligenz“ nen-
nen. Der Trainer verlässt kurzfristig sein
Seminarkonzept, weil ein Teilnehmer ein
konkretes Problem aus seinem Alltag an-
sprechen möchte. Anschließend muss der
Trainer wieder zu seiner Agenda zurück-
finden, was im virtuellen Seminar sehr
viel schwieriger ist als im klassischen.
Virtuelle Seminare zerfasern schneller,
weil der Kontakt zu den Teilnehmern
eingeschränkter ist als im Seminarraum
eines Tagungshotels.
Sauer Al-Subaey:
Wir setzen alles daran,
zusammen mit unseren Kunden das für
sie passende Weiterbildungsprogramm
zu entwickeln. Im firmeninternen Bereich
analysieren wir gemeinsam die Bedarfe.
Dabei sprechen wir nicht nur mit den
Personalern, sondern beteiligen auch die
betroffenen Mitarbeiter und Führungs-
kräfte an der Auswahl der Seminarin-
„Das Bedürfnis nach Kontakt ist ein menschli­
ches Grundbedürfnis, das durch digitale Angebote
ergänzt, aber niemals ersetzt werden kann.“
Sandra Luttenberger
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