Wirtschaft und Weiterbildung 3/2019 - page 48

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
03_2019
R
kehrt bekämen die Hochschulen auf diese
Weise Zugang zu konkreten Praxisfällen.
Eines der Unternehmen, die das Modell
nutzen, ist Continental. Hier setzt man
vor allem im Ingenieur- und Technikbe-
reich und in Fächern wie Elektrotechnik,
Informatik oder Maschinenbau auf duale
Studenten.
„Duale Master werden an verschiedenen
Standorten angeboten“, erklärt Simone
Koch, HR Specialist Employer Branding
bei Continental in Ingolstadt. „Das läuft
überall ein bisschen anders ab.“ So ar-
beite man zum Beispiel mit der Techni-
schen Hochschule Ingolstadt, der Hoch-
schule Nürnberg und manchmal auch
mit Hochschulen in Regensburg und
München zusammen. Man biete das Stu-
dium einmal im Jahr aktiv an. In Ingol-
stadt gebe es im Schnitt zehn Stellen für
duale Bachelor- und Masterstudenten.
„Ziel ist es, unser Unternehmen für Stu-
dierende und mögliche zukünftige Mitar-
beiter interessant zu machen“, so Koch.
Viele Bachelorabsolventen wollten noch
einen Master machen, meist in einer Ver-
tiefungsrichtung.
Die Masterstudiengänge seien nicht
immer ein Vollzeitstudium, sondern
umfassten oft nur 15 bis 20 Stunden pro
Woche. Den Rest der Zeit arbeite der Stu-
dent im Unternehmen in konkreten Pro-
jekten. Als dualer Partner hat der Auto-
mobilzulieferer Continental einen Vertrag
mit dem Studierenden.
Auch Aldi Süd mit
firmeninternem Master
Dabei verpflichtet sich das Unternehmen,
dass der Studierende während seiner
Studienzeit bei ihm tätig ist, in konkrete
Projekte eingebunden wird und seine
Abschlussarbeit über ein gemeinsam de-
finiertes Thema aus dem Unternehmen
schreibt. „Das Thema wird gemeinsam
mit dem Studierenden, dem Abteilungs-
leiter und dem Professor festgelegt“,
erklärt die HR-Expertin. So sei die Mas-
terarbeit für beide Parteien ein Gewinn.
„Manchmal werden in einer Arbeit auch
nur Teilprozesse von Problemstellungen
bearbeitet“, erklärt Koch. Aber das sei
dann ein wichtiger Baustein für eine Lö-
sung. Studiengebühren fallen in Bayern
nicht an. Die Studierenden erhalten eine
finanzielle Förderung vom Unternehmen.
Wieder einen anderen Ansatz verfolgt
Aldi Süd. Der Discounter bietet seit 2012
zusammen mit der ESB Reutlingen den
firmeninternen Masterstudiengang „Inter-
national Retail Management“ an. Das Stu-
dium dauert vier Semester und umfasst
acht zweiwöchige Module. Dazwischen
liegen fünf bis zehnwöchige Praxispha-
sen. „In der Praxis erhalten die Studieren-
den eine umfassende Einarbeitung zum
Regionalverkaufsleiter“, erklärt Kamila
Kwasny, Corporate HR Director HR Mar-
keting bei Aldi Süd. Jedes Jahr starten
um die 60 neue duale Masterstudenten.
„Nach dem Abschluss übernehmen sie
die Verantwortung für vier bis fünf Filia-
len mit etwa 50 Mitarbeitern“, erklärt die
Personalerin.
Wer Interesse an dem Studium hat, muss
zunächst von Aldi Süd nominiert werden.
Im nächsten Schritt durchläuft er dann
ein Auswahlinterview an der Hochschule.
Es sei durchaus schon vorgekommen,
dass ein nominierter Mitarbeiter nicht
zugelassen wurde, betont Professor Gerd
Nufer, akademischer Leiter des Studien-
gangs. Der Theorieteil besteht aus den
fünf Modulen: Retail Fundamentals, Soft
Skills, Leadership and Retail Processes,
Advanced Skills and International Retail
Erfolgsmodell duales Studium
· Hohes Niveau der Praxisphasen: Unternehmen stimmen
die betrieblichen Aufgaben der Studierenden mit der Stu-
dienordnung ab und gewährleisten eine hochwertige Pra-
xisausbildung.
· Bereitschaft zur Freistellung für das Studium: Das betreu-
ende Unternehmen ermöglicht den Studierenden die Teil-
nahme an Lehrveranstaltungen und Prüfungen und stimmt
den Arbeitseinsatz im Betrieb auf die Anwesenheitszeiten
der Studierenden ab.
· Adäquate Arbeitsplatzausstattung: Das Unternehmen
stellt einen geeigneten Arbeitsplatz und die nötigen
Arbeitsmittel zur Verfügung.
· Benennung einer Kontaktperson: Das Unternehmen
benennt eine Kontaktperson, die über Verlauf und Anfor-
derungen des dualen Studiengangs informiert ist. Sie ist
über den gesamten Studienverlauf Ansprechperson der
Hintergrund.
Experten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände haben „wichtige
Kriterien“ für Unternehmen ausgearbeitet, die an dualen Studiengängen teilnehmen wollen:
Studierenden und hält zugleich den Kontakt zur Hoch-
schule/Berufsakademie.
· Gewährleistung einer adäquaten fachlichen Betreuung:
Die fachlichen Betreuerinnen und Betreuer der Studieren-
den verfügen über einen Hochschulabschluss oder eine
vergleichbare Qualifikation.
· Bereitschaft zur Weiterentwicklung des Studiengangs.
Viele gute Berufsakademien und Hochschulen wünschen
die Mitwirkung ihrer Partnerunternehmen an der Weiter-
entwicklung und Qualitätssicherung des Studiengangs –
beispielsweise durch Beiräte.
Diese Informationen sind stark gekürzte Ratschläge aus
der Broschüre „Erfolgsmodell duales Studium. Leitfaden
für Unternehmen“, die 2018 von der Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände BDA und dem Stifterver-
band der Deutschen Wissenschaft veröffentlicht wurde.
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