Wirtschaft und Weiterbildung 4/2019 - page 31

wirtschaft + weiterbildung
04_2019
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Budgetvorgaben (Angst vor Versagen).
Auch das Kompetenzgerangel, das oft in
Zusammenhang mit Innovationsprozes­
sen entsteht, ist Ausdruck einer psycho­
logischen Barriere: der Angst vor Macht-
und Einflussverlust.
3.
kulturelle Barrieren
Eine Voraussetzung für Innovation ist
eine Kultur, die Fehlversuche erlaubt. Als
ein Mitarbeiter nach dem tausendsten
Versuch zum Glühbirnenerfinder Edi­
son sagte „Wir sind gescheitert“, erwi­
derte der: „Ich bin nicht gescheitert. Ich
kenne jetzt 1.000 Wege, wie man keine
Glühbirne baut.“ Mit schwerfälligen In­
novationsprozessen, zu denen definierte
Abläufe, Schnittstellen und klaren Regeln
gehören, lassen sich nur schlichte Verbes­
serungen erzielen. „Echte“ Innovationen
erfordern andere Managementkonzepte.
Merkmale eines Innovators
Ein Entrepreneur, also „der“ Innovator
an der Spitze eines Unternehmens oder
Bereichs zu sein, bedeutet mehr, als Res­
sourcen effektiv zu nutzen. Ein Innova­
tor kümmert sich um das Identifizieren
von (Markt-)Chancen, das Finden neuer
(Geschäfts-)Ideen und deren Umsetzung
in Form neuer Problemlösungen und Ge­
schäftsmodelle. Das setzt folgende Eigen­
schaften voraus:
Innovatoren sind neugierig
Entrepreneure hinterfragen scheinbar
selbstverständliche Dinge. Sie stellen Fra­
gen, die andere nicht stellen – zum Bei­
spiel: Muss ein Auto ein Lenkrad haben?
Warum stapeln sich in meiner Schublade
die Gebrauchsanleitungen und Fernbe­
dienungen? Muss ein Unternehmen eine
Zentrale haben?
Innovatoren strahlen innere Unruhe
aus
Entrepreneure geben sich mit den be­
stehenden Lösungen nicht zufrieden.
Sie beobachten ein Phänomen wie dass
es in fast jedem Haushalt eine Bohrma­
schine gibt, die maximal ein, zwei Mal
pro Jahr genutzt wird. Dann fragen sie
sich, warum das so ist und kommen zum
Ergebnis: Leute kaufen Bohrmaschinen,
weil sie Löcher brauchen. Sie brauchen
Löcher, um etwas zu befestigen. Aber
Löcher sind lästig! Und danach begeben
sie sich auf die Suche nach neuen Pro­
blemlösungen (um letztlich zu neuen
„Produkten“ zu gelangen, die man ver­
kaufen kann).
Innovatoren haben Vorstellungskraft
Entrepreneure können sich Dinge anders
vorstellen, als sie sind. Sie sehen beim
Betreten einer leeren Wohnung nicht die
kahlen Räume – also die Realität. Ihr geis­
tiges Auge sieht vielmehr, wie die einge­
richtete Wohnung aussehen könnte. Sie
sehen also die Potenziale und Chancen.
Innovatoren haben Ausdauer und
Beharrlichkeit
Entrepreneure zeichnen sich durch eine
gewisse „Starrköpfigkeit“ aus. Sie glau­
ben auch noch an eine mögliche Lösung,
wenn die ersten Versuche gescheitert
sind. Zugleich bewahren sie jedoch den
erforderlichen Realitätsbezug, ohne den
sie Phantasten wären.
Innovatoren sind keine Verwalter
Entrepreneure sind Macher und Erfinder
zugleich. Das heißt, sie verfügen wie Edi­
son über einen gesunden Pragmatismus.
Innovationskraft pushen
Innovation setzt in den Unternehmen
eine Kultur voraus, in der es das Manage­
ment als seine Kernaufgabe begreift, In­
novationen voranzutreiben, um den künf­
tigen Erfolg zu sichern. Dies ist gerade
im Prozess der digitalen Transformation
der Wirtschaft, in dem viele Unterneh­
mensführer danach streben, außer der
Innovationskraft auch die Agilität ihrer
Organisation zu erhöhen, sehr wichtig.
Mit folgenden Maßnahmen können Sie
als Manager oder Führungskraft die In­
novationskraft in dem ihnen anvertrauten
Bereich fördern.
1.
Mitarbeiter mit der Marktrealität
konfrontieren
Bringen Sie Ihre Mitarbeiter in Situati­
onen, in denen sie erleben, was in den
Märkten „abgeht“ – zum Beispiel
• in den Schwellenländern,
• bei den Technologieführern,
• in verwandten Branchen oder
• bei Unternehmen, die die Marktent­
wicklung verschlafen haben.
Setzen Sie Ihre Mitarbeiter diesen Realitä­
ten aus, denn Menschen ruhen sich gerne
auf Erfolgen aus.
2.
„Querdenker“ fördern
Belohnen Sie „Quer-“ und „Vordenker“ –
selbst wenn ihre Ideen nicht umsetzbar
sind. Ihre Mitarbeiter müssen spüren: Das
Suchen nach neuen Lösungen und Wegen
ist von unseren „Chefs“ erwünscht.
3.
Mitarbeitern erlauben, Regeln zu
brechen
Regeln, Strukturen, definierte Prozesse
sind kein Selbstzweck. Sie haben nur so
lange einen Wert, wie sie dem Erreichen
der Ziele dienen. Sie müssen regelmäßig
hinterfragt werden. Vermitteln Sie Ihren
Mitarbeitern dieses Denken.
4.
Mitarbeitern Fehlversuche gestatten
Loben und belohnen Sie Mitarbeiter, die
Neues wagen und kalkulierte Risiken
eingehen – selbst wenn ihre Versuche
nicht erfolgreich sind. Denn wenn Ihre
Mitarbeiter Angst haben „Wenn es nicht
klappt, sanktioniert mich der Chef“, be­
schreiten sie keine neuen Wege.
5.
„Kreativ-Inseln“ schaffen
Richten Sie in Ihrer Organisation, Ihrem
Bereich „Inseln“ ein, wo sich zum Bei­
spiel Nachwuchskräfte und Experten als
„Unternehmer“ betätigen können. Solche
„Creativ-Labs“ generieren oft großartige
Ideen und Business-Modelle.
6.
Innovation zum Alltagsthema
machen
In vielen Unternehmen wird in Meetings
nur das Dringliche abgearbeitet. In ihnen
besteht weder der Raum noch die Zeit für
Zukunftsfragen. Sprechen Sie in Meetings
gezielt auch Fragen an wie:
• Welche neuen (technologischen) Ent­
wicklungen gibt es, könnte es in naher
Zukunft geben?
• Was bedeuten diese für uns?
• Wie könnten sie weitergehen?
• Welche Chancen/Gefährdungen erge­
ben sich hieraus für uns?
Nur wenn das Management eines Unter­
nehmens sich selbst und die Leistungsträ­
ger regelmäßig zwingt, sich mit solchen
Zukunftsfragen zu befassen, tut dies auch
die restliche Belegschaft. Ansonsten ist
die Gefahr groß, dass man im Alltagsge­
schäft versinkt und sich auf das Optimie­
ren des Bestehenden beschränkt.
Dr. Georg Kraus
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