kulturellen Kontexts aufzugeben. An-
passung im Sinne der neuen kulturellen
Akkulturation findet statt, wenn sich eine
Person in einem neuen kulturellen Kon-
text angemessen und erfolgreich verhal-
ten und bewegen kann. Von Bikulturalis-
mus wird gesprochen, wenn eine Person
eine zweifache kulturelle Identität besitzt
und nach Bedarf die beiden kulturellen
Identitäten abrufen und einsetzen kann.
Multikulturalismus schließlich bedeutet,
dass interkulturelles Bewusstsein und
interkulturelle Kompetenzen als genera-
lisierte Fähigkeiten vorhanden sind. Diese
Fähigkeiten sorgen dann dafür, dass sich
eine Person jedem neuen kulturellen Kon-
text in relativ kurzer Zeit ohne Angst und
Desorientierung anpassen, sich wohlfüh-
len und sich im neuen Kontext frei bewe-
gen kann.
Für die Schritte eins bis sechs finden
wir sicherlich Beispiele im eigenen Er-
leben oder dem von Bekannten. Schritt
sieben ist für die meisten von uns kein
Routineprozess. Je nachdem, welcher
Generation Sie angehören, haben Sie die
Chance gehabt, in einem anderen Land
ein paar Semester zu studieren oder einen
Arbeitsaufenthalt im Ausland zu absol-
vieren. Vielleicht haben Sie selbst einen
Migrationshintergrund oder Eltern aus
unterschiedlichen Kulturen und kennen
bikulturelles Verhalten. Dann können Sie
nachvollziehen, wie lange es dauert, bis
man sich zu Schritt sieben entwickelt.
Es kann aber auch passieren, dass man
aus persönlichen Gründen wieder einige
Schritte wiederholt.
Andere Werte zu übernehmen
braucht Zeit
Dieses Modell eignet sich hervorragend,
um zu reflektieren, welche Erwartungen
hierzulande an geflüchtete Mitarbei-
tende herangetragen werden: Sie sollen
sich integrieren und nicht auf ihre mitge-
brachten Werte pochen. Dass dies unter
Umständen mehr als eine Generation
dauert, vergessen wir dabei schnell. Es
wäre auch für Sie nicht möglich, sich in-
nerhalb von einigen Jahren zu verwan-
deln und andere Werte zu vertreten, als
Sie es jetzt tun. Das Modell spricht dies
zwar nicht explizit an, aber ich würde es
erweitern − und zwar um den Aspekt
der aufnehmenden Gesellschaft. Auch
bei dieser finden entsprechende Schritte
statt mit Ausnahme von Schritt sieben.
Die aufnehmende Kultur als quantitativ
größere Anzahl an Personen, die sich zu
dieser Kultur und deren Werten bekennt,
wird sich nicht assimilieren an die hinzu-
gekommene Kultur.
Die Minderheit der Zugewanderten oder
Geflüchteten wird sich in der Regel der
Mehrheit fügen, auch wenn es viele
Jahre dauert. Die Befürchtungen der
Vertreter mancher politischen Strömun-
gen in Deutschland, dass die deutsche
Kultur zugunsten einer muslimischen
Wertegemeinschaft zerfällt, ist daher un-
R