Wirtschaft und Weiterbildung 4/2019 - page 20

titelthema
20
wirtschaft + weiterbildung
04_2019
04.
Kreativität:
Hemmschwellen
werden abgesenkt, neue Ideen
angstfrei kommuniziert
05.
Partizipation:
Keine
Zuschauer, nur Menschen, die
sich aktiv engagieren
06.
Selbstorganisation:
Der Rah-
men wird bereitgestellt, alles
andere liefern die Beteiligten
R
Handwerkszeug eines Verkäufers gehört,
das eigene Produkt als so einzigartig zu
präsentieren, dass es möglichst einzigar-
tig und unvergleichbar mit allem anderen
erscheint.
Ganz anders würde der Tag ablaufen,
wenn der Projektleiter die Chance hätte,
sich mit anderen Messebesuchern, die in
einer ähnlichen Situation wie er stecken
und ähnliche Interessen haben, kurz aus-
zutauschen. Das ideale Format dafür ist
laut Pape ein Barcamp, das auf der Messe
stattfindet. Jeder Ratsuchende bekäme
die Möglichkeit, zu einer 20-minütigen
Diskussionsrunde, bei der „sein“ Thema
im Mittelpunkt stünde, einzuladen. An-
dere E-Learning-Einsteiger kämen dann,
um an einem Erfahrungsaustausch mit
„Leidensgenossen“ teilzunehmen. Außer-
dem würden bestimmt auch E-Learning-
Profis an solch einem Treffen teilnehmen,
weil sie Freude daran hätten, über ihre
Erfahrungen zu sprechen und ihr Wis-
sen zu teilen. Andere zu unterstützen, ist
zudem nicht der schlechteste Ausgangs-
punkt, um sein Netzwerk zu erweitern.
Eine Fachmesse als
überraschend neues Lernevent
So könnte der frischgebackene E-Lear-
ning-Projektleiter zum Beispiel erfahren,
dass viele Mittelständler sich ein viel zu
großes und zu teures Learn-Management-
System (LMS) zulegen und dass man das
in Kennerkreisen die „LMS-Falle“ nennt.
Er könnte zum Beispiel den Tipp bekom-
men, es zuerst einmal ganz ohne LMS
zu versuchen, einige Onlinekurse probe-
weise über das firmeninterne Intranet zu
verteilen und dann Bilanz zum Thema
„Akzeptanz und Nutzen von E-Learning“
zu ziehen.
Alte Hasen könnten ihm erklären,
wie wichtig es dagegen ist, ein leis­
tungsfähiges Autorentool zu kaufen, mit
dem firmeninterne Experten attraktive
(weil unternehmensspezifische) Kurse
selbst erstellen können. Dem E-Learning-
Projektleiter in unserem Beispiel könnte
auf der anderen Seite aber auch klar
werden, dass er schon allein deshalb
ein LMS braucht, weil die Firmenleitung
das Onlinelernverhalten der Mitarbeiter
professionell dokumentiert haben will.
Man wünscht sich Erfolgskontrollen und
wasserdichte Wissenstests, die mit einem
Zertifikat belohnt werden können.
Immerhin könnte unser Mann mit dem
Informationsmaterial von zwei LMS-
Anbietern nach Hause fahren, die für
ihn jetzt in die engere Wahl kommen.
Als Denkanstoß für die Zukunft behält
er den Hinweis eines Barcamp-Kollegen
im Hinterkopf, dass die Unternehmen
heutzutage eher noch als eine Lernplatt-
form ein „Social Intranet“ brauchen,
„Erklären Sie die Sache doch einfach mit
einem Beispiel“, empfahl Karlheinz Pape,
Mitbegründer der „Corporate Learning
Community“, den Journalisten, die ihn
fragten, wie sie seine neueste Erfindung
in Worte fassen könnten. Pape war 40
Jahre lang in unterschiedlichen Positi-
onen Personalentwickler eines namhaften
Münchner Konzerns. Bekannt wurde er
nach seiner Pensionierung als Miterfinder
des „Corporate Learning Camps“ (CLC),
einem Barcamp für HR-Manager, das
beim „MMB Learning Delphi“ hinter der
Learntec auf Platz 2 der „bedeutsamsten
Learning-Events“ landete. Papes neueste
Innovation besteht darin, dass ein Bar-
camp inmitten einer HR-Messe (der „L&D
pro“ am 9. Mai 2019 in München) veran-
staltet wird.
Wie empfohlen, kommt hier unser erklä-
rendes Beispiel: Die Innovation, die hin-
ter Papes Barcamp-Idee steckt, erkennt
man, wenn man sich einen Mittelständler
vorstellt, der jetzt auch ins E-Learning
einsteigen will. Der junge Mensch, der in
diesem Unternehmen zum „Projektleiter
E-Learning“ ernannt wurde, entschließt
sich, eine Messe für Personaler zu besu-
chen, um sich dort von den E-Learning-
Anbietern seine offenen Fragen beant-
worten zu lassen.
Natürlich wird er auf jedem Stand freund-
lich begrüßt, viele Dinge werden wort-
reich erklärt und Denkanstöße, was er
über seine Fragen hinaus sonst noch alles
beachten sollte, bekommt er auch noch.
Aber er spürt, dass die „Beratung“ eines
Anbieters immer auch Mittel zum Zweck
ist, ihm etwas zu verkaufen. Und so kann
es gut sein, dass der Projektleiter durch
die Gespräche mit unterschiedlichen An-
bietern eher verwirrter als klüger nach
Hause zurückkehrt – zumal es zum
Karlheinz Pape.
Der Barcamp-Profi
moderiert die
Themenauswahl
auf dem Corporate
Learning Camp CLC
2018 in Kassel.
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