wirtschaft + weiterbildung
04_2019
21
eine Art internes Facebook, in das jeder
hineinschreibt, was er gerade lernt und
in dem man dem Kollegen „folgt“, der die
für einen interessantesten Impulse zum
Selbstlernen liefert.
„Einen lernförderlichen Rahmen zu set-
zen, das ist der neue Job von uns Cor-
porate Learning Professionals“, betont
Pape. Und auf einer Messe sei ein Bar-
camp dafür am besten geeignet: Die
„Inhalte“ seien – verteilt auf viele Köpfe
– sowieso da. Die konkreten Fragen (Be-
darfe) kämen mit den kaufbereiten Be-
suchern auf die Messe. „Wir müssen die
Gelegenheit schaffen, für den Austausch
zwischen Wissenden und Fragenden zu
sorgen. Und wenn das Barcamp von den
Besuchern richtig genutzt wird, kann die-
ses Kommunikationsangebot auch die
Vernetzung untereinander stark fördern“,
ist sich Pape sicher.
Barcamp-Motto: „No
spectators, only participants!“
Die Messe, auf der am 9. Mai ein Bar-
camp die Besucher zusammenbringen
soll, nennt sich „L&D pro – Expofestival
für Learning & Development Professio-
nals“
eranstaltungs-
ort ist das MVG Museum in München,
eine bekannte Eventlocation, die auf
5.000 Quadratmetern dem historischen
Personennahverkehr ein Denkmal setzt.
Erfinder und Veranstalter der erstmals
stattfindenden „L&D pro“ ist Alexan-
der R. Petsch, Chef der Boerding Messe
GmbH & Co.KG in Mannheim. Petsch
hat in jungen Jahren die „Zukunft Perso-
nal“ aus der Taufe gehoben und später
an die Deutsche Messe AG in Hannover
verkauft.
Allen Beteiligten ist klar, dass ein Bar-
camp, das in der Standardversion zwei
Tage in Anspruch nimmt, auf einer Messe
nur in einer abgespeckten Version durch-
geführt werden kann. Geplant ist, dass
auf der L&D pro zu jeder vollen Stunde
auf einer zentralen Bühne der Ablaufplan
für die nächste Stunde erstellt wird. Pape
wird als Moderator alle Interessierten
begrüßen und ihnen klarmachen, dass
aufgrund der Spielregeln niemand etwas
zu befürchten hat. Dann wir er die Anwe-
senden dazu auffordern, eine Frage oder
eine Erfahrung zur Diskussion zu stellen.
Einer könnte zum Beispiel wissen wollen:
„Mit welchen Tools kann ich die Selbst-
lernkompetenz von älteren Berufstätigen
erhöhen?“. Diesem Thema wird dann ein
Raum zugeordnet, wo sich gleich nach
Abschluss der Planungsrunde in einer
Kleingruppe ein entsprechender Gedan-
kenaustausch entwickeln kann.
Das Barcamp der L&D pro ist so ausge-
legt, dass immer zwei Workshops („Ses
sions“) gleichzeitig stattfinden können.
Die Planungsrunde und jede Session
sind auf je 20 Minuten begrenzt, sodass
in einer Stunde maximal vier Sessions
durchgeführt werden. 20 Minuten schei-
nen im Vergleich zu den 45 Minuten
eines Standard-Barcamps wenig Zeit zu
sein, aber Pape geht davon aus, dass Rat
suchende auf einer Messe, die nur einen
Tag dauert, nicht mehr Zeit haben. Au-
ßerdem steht bei einer Begegnung im
Barcamp nicht die langatmige Wissens-
vermittlung im Vordergrund, sondern
der schnelle Austausch von Tipps und
Tricks und ein kompaktes Aufzählen von
Pro- und Kontra-Argumenten. „Bei einem
Barcamp sammelt man Mosaiksteine, die
man später in Ruhe zu einem Gesamtbild
zusammenfügt“, so Pape.
Hemmschwellen gezielt
absenken
Zwar wird die Gesamtveranstaltung von
einem permanent anwesenden Modera-
tor geleitet, der auf die Zeit achtet und
zur Ordnung ruft, wenn sich jemand in
den Vordergrund spielen sollte, aber in
seiner Session ist der Ratsuchende mit für
ihn fremden Menschen allein. Die Angst,
von Wichtigtuern und Vielrednern an die
Wand gedrückt und hinter vorgehaltener
Hand verlacht zu werden, ist laut Pape
trotzdem unbegründet. Zwar seien Bar-
camps dazu da, die Hemmschwellen des
Sagbaren abzusenken, aber das gelte nur
für die Sachargumente. Ansonsten ver-
langten die Barcamp-Regeln Respekt vor
dem anderen und den Verzicht darauf, je-
manden zu belehren. Seinen Argumenten
mit dem Hinweis auf einen Titel oder eine
hierarchische Position Nachdruck zu ver-
leihen, ist tabu.
Eine weitere Barcamp-Regel verlangt
auch, dass jeder, der sich auf der L&D
R
Session Board.
Die Teilnehmer eines Barcamps studieren konzentriert die angebotenen
Themen, die (nach Zeit und Räumlichkeit geordnet) am Session Board aushängen.
Foto: Martin Pichler
Foto: Stefanie Hornung