Wirtschaft und Weiterbildung 4/2019 - page 26

personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
04_2019
dersetzung mit einer Kultur ein komple-
xer Prozess ist, der rational und kognitiv
nachvollzogen werden kann. Anstelle
einer emotionalen Reaktion gegenüber
den Erfahrungen mit der neuen Kultur
treten also das rationale Verstehen und
die kognitive Dekodierung des neu erleb-
ten kulturellen Systems. Die andere Kul-
tur gilt jedoch immer noch als fremd und
verschiedenartig und wird im Gegensatz
zur eigenen Kultur immer noch als nicht
gleichwertig bewertet.
4. Akzeptanz, Respekt
(acceptance,
respect).
Akzeptanz und Respekt beginnen dann,
wenn jemand die Gültigkeit kultureller
Unterschiede erkennt und anerkennt.
Hier steht die Akzeptanz anderer Kultu-
ren im Vordergrund, ohne dass sie mit der
eigenen Kultur verglichen oder beurteilt
werden müssen. Zudem werden kultu-
relle Aspekte akzeptiert und respektiert,
die sich stark von der eigenen Kultur un-
terscheiden und eventuell negative Emo-
tionen auslösen können.
5. Wertschätzung
(appreciation,
valuing).
Wertschätzung gegenüber einer anderen
Kultur entsteht nach Hoopes dann, wenn
man die Stärken und Schwächen dieser
Kultur erkennt und man in der Lage ist,
gezielt bestimmte Teilbereiche der Kultur
zu bewerten.
6. Partielle Übernahme
(selective
adaption).
Eine selektive, partielle Übernahme von
Einstellungen oder Verhaltensweisen aus
anderen Kulturen kann dann geschehen,
wenn eine Person Aspekte der neuen Kul-
tur als gut oder wünschenswert beurteilt.
Die Übernahme dieser ausgewählten As-
pekte kann durch Anpassung oder Aneig-
nung stattfinden und den Grund haben,
dass eine Person eventuell besser oder
effektiver in der neuen Kultur arbeiten
möchte oder dass ihr die neu gewonne-
nen Eindrücke besser gefallen und per-
sönlich näher liegen als die eigene Kultur.
7. Assimilation, Akkulturation,
Bikulturalismus, Multikulturalismus
(assimilation, acculturation,
biculturalism, multiculturalism).
Am Ende der Skala finden sich die vier
„theoretischen Zustände“, die es zu errei-
chen gilt. Keiner dieser Zustände kommt
in seiner reinen Form als einzelner Zu-
stand vor. Diese vier Zustände können
als Richtungen gesehen werden, in die
sich Menschen bewegen können, wenn
sie auf einer fortgeschrittenen Stufe inter-
kulturellen Lernens angelangt sind. Die
Richtungsweiser auf der siebten Stufe
sind jedoch flexibel und veränderbar
und nicht fest definiert. Unter Assimila-
tion wird verstanden, dass eine Person
in einem neuen kulturellen Kontext Ver-
haltensweisen aufgreift und übernimmt,
ohne die erste Akkulturation des alten
R
Neue Wege im interkulturellen Management
Bislang fehlten in den Büchern, die sich mit dem Thema
„Interkulturalität“ befassten, Antworten auf folgende Fra-
gen: Wie gehe ich damit um, wenn mir eine Verhaltens-
weise einer Kultur begegnet, die ich ablehne? Woher weiß
ich, warum ich sie ablehne, und was mache ich mit diesen
Gefühlen? Wie kann ein positiver Umgang mit unterschied-
lichen Kulturen gelingen? Was
kann ich als Führungskraft zusam-
men mit meinem Team für das
Gelingen tun? Und was passiert,
wenn wir versagen? Die Autorin
Buchtipp.
Die Autorin möchte neue Wege im interkulturellen Management beschreiten: Sie setzt
einen ganzheitlichen Ansatz ein, um zu erläutern, wie man ganz praktisch mit Menschen
unterschiedlicher Kulturen im Arbeitskontext umgehen und die Diversität kreativ nutzen kann.
Sonja Andjelkovic:
Interkulturelle Teams führen,
Verlag Schäffer-Poeschel,
Stuttgart 2019, 224 Seiten,
39,95 Euro
hat als interkulturelle Trainerin und Beraterin bereits in
Afghanistan, Ägypten, Armenien, Georgien, Ghana, Indien,
Jordanien, Ruanda, Saudi-Arabien und im Irak gearbeitet.
Andjelkovics Botschaft: Im interkulturellen Management
sollte man noch viel intensiver die wichtige Rolle der Emoti-
onen, aber auch der Intuition beachten. Und man sollte die
Zusammenarbeit von Menschen aus unterschiedlichen Kul-
turen als cokreativen Prozess auf Augenhöhe organisieren.
Wie das gehen kann, beschreibt sie in ihrem anwendungs-
orientierten Buch mit vielen Beispielen. Im Anhang erlaubt
die Trainerin noch einen Blick in ihren Methodenkoffer (!)
mit nützlichen Methoden wie „Inneres Team“, „Sensitive
Recording Device“, „Systemisches Coaching“ oder „Gewalt-
freie Kommunikation“.
Der hier abgedrucke Artikel von Andjelkovic ist ein Vor-
abdruck des Kapitels „Interkulturelle Persönlichkeits-
entwicklung“ aus ihrem aktuellen Buch „Interkulturelle
Teams führen“ (1. Auflage, Seite 157 bis Seite 161,
erschienen im März 2019 bei Schäffer-Poeschel Verlag für
Wirtschaft·Steuern·Recht GmbH in Stuttgart.
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