wirtschaft + weiterbildung
01_2018
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richtiger Stress. Es bleibe in der Regel nur
die Wahl zwischen Unbekannt und Un-
bekannt“, berichtet Roehl. Die freiberuf-
lichen Trainer unterschätzten diese Unsi-
cherheit der „Einkäufer“. Dabei könnten
sie alleine schon durch ein erhöhtes Maß
an Zuverlässigkeit (schnelle Rückrufe,
pünktliche Erledigung von Zusagen) und
eine gewisse Freigiebigkeit mit Arbeits-
proben die Personalentwickler beruhi-
gen. „Ein Trainer erhält nur dann einen
Auftrag, wenn der Personalentwickler
ihm vertraut“, so Roehl. „Vertrauen ist
eine riskante Vorleistung, aber ohne sie
ist eine Zusammenarbeit nicht möglich,
denn nur Vertrauen steigert das Tempo
der Zusammenarbeit.“ Über Vertrauen
entstehe Vertrautheit und der Trainer ent-
wickle sich so zum gefragten Berater.
Oft leiten laut Roehl die Personalentwick-
ler ihre Einschätzung der Kompetenz
eines Trainers aus „Ersatzkriterien“ ab,
denen sie viel zu viel Beachtung schen-
ken. Ersatzkriterien seien zum Beispiel
die Größe (Mitarbeiterzahl) eines Trai-
ningsinstituts – frei nach dem Motto „Wer
viel zu tun hat, kann nicht schlecht sein“.
Auch der Bekanntheitsgrad sei so ein
Ersatzkriterium. Die Personalentwick-
ler sagen sich: „Ich nehme den Guru zu
einem bestimmten Thema. Wenn der es
nicht bringt, konnte das niemand ahnen.“
Der Unterschied zwischen „gut und
günstig“ und „gut und teuer“ liege im
Bekanntheitsgrad, hat Roehl beobachtet
und stellt fest: „Promi-Trainer sind nicht
so viel besser als ein guter Trainer, dass es
berechtigt wäre, ihnen das doppelte Ho-
norar zu zahlen.“
Um bei den Ersatzkriterien nicht allzu
schlecht abzuschneiden, empfiehlt Roehl
den Trainern, auf ihrer Homepage ein
paar Videos zu zeigen, auf denen man
sehen könne, wie sie mit echten Teil-
nehmern in einem Seminarraum inter-
agierten. Um ein besseres Gespür für die
Erfordernisse des Eigenmarketings zu
bekommen, sollte sich jeder Trainer klar-
machen, dass er kein Produkt verkaufe,
sondern dass er selbst das Produkt sei. In
diesem Zusammenhang mache es Sinn,
Vertrauen und Sicherheit auszustrahlen,
denn das suchten die Personalentwickler
am meisten. Außerdem mache es Sinn,
sich als Trainer zu fokussieren – auf The-
men, eine spezielle Branche oder eine
branchenübergreifende Zielgruppe. Ge-
rade um einen Fuß in die Tür zu bekom-
men, sei eine Fokussierung wichtig.
Trainer sollten die
Stolpersteine kennen
Die „Trainervermittlung“ schließt einen
(Rahmen-)Vertrag mit einem Unterneh-
men und berät Unternehmen, welche
Trainer sie zu welchen Anliegen wählen
sollen. In den meisten Fällen fungiert
Roehl auch als Sparringspartner für den
Personalentwickler, mit dem sie den Be-
darf kritisch analysiert und den sie bei
der Konzeption eines einzelnen Seminars
oder einer ganzen Weiterbildungsmaß-
nahme mit ihrer Fachkompetenz unter-
stützt. In der Regel wählt Roehl dann drei
Trainer aus ihrem Trainerpool aus und
schickt sie zum Erstgespräch zu ihrem
Kunden. Es liegt in der Natur der Sache,
dass nur ein Trainer zum Zuge kommt.
Um ihren Service optimieren zu können,
bittet Roehl regelmäßig um Hintergrund-
informationen, warum die beiden ande-
ren Trainer nicht genommen wurden.
Für die Teilnehmer der Weiterbildungs-
veranstaltung des „Clubs professioneller
Trainer“ hat Roehl aus den Ablehnungen
allgemeingültige Stolpersteine für akqui-
rierende Trainer abgeleitet. Diese Stolper-
steine sind:
Berufsmythen glauben.
Ein Trainer hatte
vor 20 Jahren ein Lehramtsstudium ab-
solviert. Der Personalentwickler hatte
Angst, dass die Seminarteilnehmer be-
lehrt würden und lehnte ihn ab. Berufs-
mythen sollte man als Trainer humorvoll
wegwischen können. Ein Psychologe
könnte zum Beispiel sagen: „Keine Angst,
ich nehme meine Couch nicht mit zum
Training.“ Ein Trainerprofil sollte keine
Formulierungen enthalten, die zu Speku-
lationen über Berufsmythen einladen.
Rollenklärung vergessen.
Ein Trainer
kommt zum Erstgespräch und hat sich
vorgenommen, analytisch den Auftrag zu
hinterfragen, aber die Gesprächspartner
erwarten, ohne dass sie es sagen, dass
er ein amüsantes Probetraining abhält.
Selbst im Vorgespräch sollten vorab die
Rollen klar sein.
Schlechte Erfahrungen machen.
Ein
Kunde hat mit einem psychologischen
Ute (li.) und Nadja Roehl.
Die Trainerin und
ihre Tochter Nadja, eine Veranstaltungs-
kauffrau, sind die „Trainervermittlung“.
Foto: Pichler