Wirtschaft und Weiterbildung 1/2018 - page 36

personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
01_2018
Kurzum: Das Team hat wenige gemein-
same oder unklare Spielregeln. Bei inter-
kulturellen Teams ist der Teamentwick-
lungsprozess, in dem gemeinsame Regeln
und eine geteilte Teamkultur ausgebildet
werden, daher umso zeitintensiver und
relevanter. Dabei lässt sich die interna-
tionale Teamentwicklung in drei Pha-
sen gliedern: Zu Beginn der Teamarbeit
sollten arbeitsrelevante kulturelle Unter-
schiede und Gemeinsamkeiten themati-
siert werden – zum Beispiel mithilfe be-
reits angesprochener kulturvergleichen-
der Trainings (sogenanntes „Mapping“).
Anschließend geht es darum, gemeinsam
effektive Kommunikationsprozesse zu
etablieren – zum Beispiel durch Teament-
wicklungsworkshops, bei denen in Rol-
lenspielen kritische Situationen identifi-
ziert werden, die die zuvor ausgearbeite-
ten Differenzen beinhalten (sogenanntes
„Bridging“).
In einem letzten Schritt werden gemein-
same Regeln und Prozesse erarbeitet, die
den Bedürfnissen aller Mitglieder gerecht
werden – das Team entwickelt gemein-
sam eine neue Herangehensweise (so-
genanntes „Integrating“). Somit können
kulturspezifische Stärken in einer Team-
kultur integriert werden. Indem Sie sich
mit Ihrem Team gemeinsam auf diesen
Entwicklungsprozess einlassen und
Probleme thematisieren, tragen Sie zu
einer gemeinsamen Teamkultur als Basis
synergetischer interkultureller Zusam-
menarbeit bei. Dabei können auch neue
Teammitglieder gezielt integriert werden.
Gleichzeitig schaffen Sie eine Plattform
für Rückmeldung und Reflexion. Damit
fördern Sie Austausch über die Zusam-
menarbeit und erfahrungsbasiertes Ler-
nen jedes einzelnen Mitarbeiters.
Begegnungen schaffen
Sie können als Führungskraft auch auf
pragmatische Weise gezielt Räume für In-
teraktionen zwischen den Mitgliedern in-
terkultureller Teams schaffen. Verhindern
Sie beispielsweise, dass sich bei Meetings
Sitzordnungen bilden, die Kulturen von-
einander abgrenzen – zum Beispiel durch
Rotation, zufällige Sitzplatzzuweisung
oder einen festen Sitzplan. Sorgen Sie
auch dafür, dass eine gemeinsame Ar-
beitssprache gelebt und gepflegt wird (in
der Regel Englisch), um sprachliche Aus-
grenzungen zu verhindern.
Vorbild sein
Wer in anderen Kulturen als effektive
Führungskraft akzeptiert sein will, muss
kulturspezifische Überzeugungs- und
Wertesysteme verstehen. Die Globe-Stu-
dien zeigten, dass sich Führungserwar-
tungen zwischen Ländern unterscheiden.
Um diese zu antizipieren, helfen eine
bewusste Auseinandersetzung mit den
spezifischen Kulturen sowie eine konti-
nuierliche internationale Führungskräf-
teentwicklung. Hilfreich ist transforma-
tionales Führen, das auf der Schaffung
einer inspirierenden Vision für alle, der
Vorbildfunktion der Führungskraft und
ihrem Selbstverständnis als fördernder
Coach für das einzelne Teammitglied be-
ruht. Transformationale Führungskräfte
schaffen ein unterstützendes Umfeld,
engagieren sich für die individuellen Be-
dürfnisse ihrer Mitarbeiter und motivie-
ren und inspirieren ihr Team durch eine
kulturübergreifende, inspirierende Vision.
Dieses Führungsverständnis kann die
positiven Effekte bei interkultureller
Teamarbeit verstärken. Wichtig dabei ist
die Fähigkeit der Führungskraft, Team-
mitglieder als einzigartig zu betrachten.
Wenn Sie demnach jeden Ihrer Mitarbei-
ter unabhängig seines kulturellen Hinter-
grunds respektieren, Ihre Anerkennung
ausdrücken und seine Bedürfnisse be-
rücksichtigen, verhindern Sie, dass sich
eine Gruppe gegenüber einer anderen
benachteiligt fühlt. Indem Sie proaktiv
alle Mitarbeiter motivieren und durch an-
spruchsvolle Ziele herausfordern, tragen
Sie zudem zur Entwicklung einer gemein-
samen Teamkultur bei.
Gemeinsame Kultur schaffen
Menschen unterschiedlicher Kulturen
bringen unterschiedliche Erfahrungen,
Denkmodelle, Informationsverarbei-
tungsstrategien und Problemlösungs-
ansätze mit. Der Vorteil interkultureller
Teams – ihre Perspektivenvielfalt – kann
sich in kreativen Lösungen für das Un-
ternehmen auszahlen. Effektive interkul-
turelle Teamarbeit erfordert jedoch einen
aufwendigen Prozess der Klärung von
„Spielregeln“ und der Entwicklung einer
gemeinsamen Kultur, wobei Mitarbeiter
wie Führungskräfte eigenes und fremdes
Erleben und Verhalten immer wieder vor
dem Hintergrund kultureller Unterschiede
reflektieren müssen.
Als Führungskraft müssen Sie diesen
Prozess aktiv mitgestalten, indem Sie bei
sich selbst, den Teammitgliedern und der
Teamstruktur die richtigen Voraussetzun-
gen schaffen.
Julia Albrecht
R
Erkenntnisse.
Aus der Forschung ergeben sich folgende
Ansatzpunkte, um die interkulturelle Zusammenarbeit im
Team zu fördern:
· Als (deutsche) Führungskraft ebenso beziehungsorientiert
kommunizieren
· Interkulturelle Kompetenz durch interkulturelle Trainings
fördern und Gemeinsamkeiten betonen
· Interkulturelle Teams aus mehr als zwei gleich großen kul-
turellen Gruppen zusammensetzen
· Teamentwicklung gezielt fördern – gemeinsam Kommuni-
kations- und Interaktionsstrukturen entwickeln
· Als Führungskraft jeden Einzelnen und jede kulturelle Sub-
gruppe wertschätzen und eine gemeinsame inspirierende
Vision schaffen
Tipps für die Praxis
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