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wirtschaft + weiterbildung
01_2018
Auch General Electric sucht neue Geschäftsfelder
General Electric und Siemens sind sich ähnlicher, als viele
denken. Beide Konzerne, Ikonen des Industriezeitalters,
wurden von Erfindern gegründet, die auch noch ausgespro-
chen geschäftstüchtig waren. General Electric erblickte
dank Thomas Edison im Jahr 1892 das Licht der Welt. Edi-
son erfand die Glühbirne und den Phonografen, optimierte
die Telegrafie und hatte vor allem die bahnbrechende Idee,
in New York mit einem Kohlekraftwerken Strom zu erzeu-
gen. Der Strom wurde dann per Leitung an die Kunden ver-
teilt, die je nach Verbrauch zur Kasse gebeten wurden.
Zwei geniale Erfinder, die auch sehr gute
Geschäftsleute waren
Werner von Siemens, ein preußischer Offizier, legte 1847
in Berlin mit dem Start-up „Telegraphen Bau-Anstalt von
Siemens & Halske“ die Grundlagen für den heutigen Sie-
mens-Konzern. Siemens gilt unter anderem als Entdecker
des dynamoelektrischen Prinzips, das die Basis der Elek-
trotechnik ist. Das 1847 gegründete Unternehmen entwi-
ckelte sich innerhalb weniger Jahrzehnte von einer kleinen
Werkstatt zu einem internationalen Konzern.
Heute sind die ewigen Rivalen Siemens und General Elec-
tric mit den gleichen Problemen konfrontiert. Sie gelten als
große Gemischtwarenläden, die sich in kleinere, wendigere
Teile aufspalten müssen, um schneller auf Kundenwünsche
reagieren zu können. Was General Electric in den letzten
16 Jahren getan hat, um vom Großtanker zu einer Flotte
Konkurrenz.
Der „ewige Siemens-Rivale“ (SZ), der amerikanische Konzern General Electric (GE),
muss Stellen streichen und Sparten verkaufen, um sich für die Zukunft fit zu machen. Auch bei
General Electric soll der Start-up-Ansatz weiterhelfen.
von Schnellbooten zu werden, erzählte kürzlich Jeffrey R.
Immelt, der von 2001 bis August 2017 Vorstandsvorsit-
zender von General Electric war, in einem Interview mit der
„Harvard Business Review“. Die deutsche Übersetzung
steht im „Harvard Business Manager“ vom November 2017.
Forschungsaktivitäten wurden in großer Eile
verdreifacht
Im Jahr 2016 lag der Umsatz von General Electric bei rund
120 Milliarden Dollar (300.000 Mitarbeiter). Immelt hatte
während seiner Amtszeit einen radikalen Umbau einge-
leitet, indem er sich von jenen Geschäftsfeldern trennte,
die nicht zum klassischen Industriebereich gehörten - unter
anderem von den Bereichen Finanzdienstleistung, Medien
und Entertainment sowie Haushaltsgeräte. Andererseits
verdoppelte er jene Investitionen, die die Digitalisierung
vorantreiben. Die Forschungsaktivitäten wuchsen um das
Dreifache. Immelt beobachtete, dass sich Wettbewerbs-
vorteile in der Fertigung immer weniger durch die Produk-
tionsmaschinen erreichen lassen. Es kam mehr auf die
Kombination von Software, integrierten Sensoren und Ana-
lysetools an. Er gründete ein großes Softwarezentrum im
kalifornischen San Ramon, entwickelte mit „General Elec-
tric Digital“ ein neues Geschäftsfeld und startete „Predix“,
eine Plattform für das industrielle Internet.
Mehr Freiheiten für die Manager in den
Wachstumsregionen
Um schneller auf Kundenwünsche reagieren zu können,
Kosten zu senken und Mittel für große Investitionen freizu-
machen, musste General Electric Hierarchien abbauen.
Deshalb erfand Immelt „Fastworks“, seine eigene Version
des Lean-Start-up-Ansatzes von Eric Ries. Auch die Aus-
landsniederlassungen sollten schneller werden. Manager
in den Wachstumsregionen Asiens und Afrikas erhielten
mehr Freiheiten, Entscheidungen zu treffen. Eigens zu die-
sem Zweck wurde die „Global Growth Organisation“ gegrün-
det. Derzeit ist General Electric in 180 Ländern der Welt
unterwegs.
Auch im Human-Resources-Bereich wurde auf die schnel-
len Veränderungen der Welt Rücksicht genommen. Statt
jährlicher Personalgespräche wird jetzt kontinuierlich über
die Performance geredet – und die wird wesentlich indivi-
dueller gemessen. Personalentwicklung wurde zum „lau-
fenden Prozess“.
Harvard Business Review.
In seiner Ausgabe 9/10-2017
interviewte das US-Magazin Jeffry Immelt ausführlich.