personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
01_2018
nen können. Wir empfehlen zwei Schritte
zur Umsetzung:
Schritt 1:
Abgleich mit Bekanntem
Auch wenn bei den Konzepten vieles neu
ist, braucht es unserer Meinung nach
einen Abgleich mit bekannten Konzep-
ten. Neues baut – wie fast immer – auf
Vorhandenem auf. Daher beziehen wir
uns in unseren Konzeptdarstellungen auf
bekannte Konzepte, ohne diese noch ein-
mal ausführlich zu beschreiben. Ein Bei-
spiel: Design Thinking nutzt bestimmte
Elemente der Moderation und klassischer
Kreativitätstechniken. Dieser Abgleich
mit Bekanntem dient nicht dazu, den
Verdienst der neuen Konzepte zu schmä-
lern oder diese gar abzuwerten. Uns geht
es vielmehr darum, den Transfer in die
Praxis zu erleichtern, indem wir das Be-
kannte (und vielleicht schon genutzte)
von dem wirklich Neuen unterscheiden,
für das gegebenenfalls auch neue Rah-
menbedingungen zu schaffen sind.
Schritt 2:
Kompetenzen entwickeln
Einen unternehmensübergreifenden An-
haltspunkt für den Praxistransfer der
Konzepte sehen wir in (Handlungs-)
Kompetenzen. Wir lehnen uns dabei an
das Verständnis von John Erpenbeck
an, der Kompetenzen als Fähigkeiten zu
selbstorganisiertem Handeln definiert,
als Selbstorganisationsdispositionen zu
schöpferischem, kreativem Handeln in
offenen, unbekannten, mehrdeutigen
und intransparenten Situationen. Kompe-
tenzen scheinen also der richtige Zugang
zum Handeln in Zeiten schneller, disrup-
tiver Veränderungen zu sein. Wir möch-
ten die Reflexion über Kompetenzen auch
als Mittel nutzen, um den Transfer von
der Theorie in die Praxis zu unterstützen.
Um Praktikern Ansatzpunkte für den
Transfer ins eigene Unternehmen zu zei-
gen, haben wir zehn im Silicon Valley
verbreitete Konzepte ausgesucht und ord-
nen diese im Folgenden ein.
Konzept 1:
Agile Führung
Die agile Führung stellt ein neues Füh-
rungsparadigma dar, das aus der Informa-
tionstechnologie entspringt. Agile Metho-
den haben zunächst IT-Projekte verändert
und halten nun Einzug in alle denkbaren
Branchen und Unternehmensfunktionen.
Es handelt sich weniger um eine klassi-
sche und klar umrissene Führungstheorie
als vielmehr um ein unscharfes, sich ent-
wickelndes, jedoch höchst interessantes
Gebilde, das seine Konturen allmählich
zu erkennen gibt.
Konzept 2:
Digital Leadership
Erfolgreiche Führung im digitalen Zeital-
ter erfordert vor allem einen Wandel in
der Führungskultur sowie die Entwick-
lung digitaler Kompetenzen, die über das
traditionelle Management-Einmaleins
hinausgehen. Digital Leader sind neben
ihrer klassischen Führungsrolle zusätz-
lich in der Rolle als Innovator, Brücken-
bauer, Vernetzer und Coach der Verände-
rung gefordert.
Konzept 3:
Scrum
Agile Projektmanagementmethoden wer-
den als das neue Paradigma gesehen, spe-
ziell die Vorgehensweise nach Scrum. Das
agile Manifest mit seinen Prinzipien und
Werten bildet die Grundlage für die agile
Softwareentwicklung.
Konzept 4:
Business Model Canvas
Die Methode hilft dem Nutzer, auf an-
schauliche, grafische Weise, Zusammen-
hänge im Geschäftsmodell zu erkennen
und Stärken und Schwächen herauszuar-
beiten. Anders als bei bisher genutzten
strategischen Managementtools kommt
man einer ganzheitlichen Betrachtung
des Unternehmens und dessen Interak-
tion mit dem Markt sehr nahe.
Konzept 5:
Inno-Lab
Ein entscheidender Faktor bei der Ent-
wicklung innovativer Geschäftsmodelle
ist die soziale Dichte. Dort, wo Menschen
vertrauensvoll miteinander kommuni-
zieren können, ist eine qualitativ hoch-
wertige Form des Innovierens möglich.
Die Einbindung Externer – wie etwa
Unternehmensgründer, die sich und ihre
Produkte in Pitch-Situationen vorstellen
– bringt zusätzliche Impulse in Innova-
tions-Labs.
Konzept 6:
Lean Project Management
Allen „Lean“-Strategien, egal ob Lean
Production, Lean Management oder Lean
Project Management, gemeinsam ist die
Fokussierung auf den Wert des Ergebnis-
ses und den Nutzen für den Kunden. Für
das Lean-Projekt-Management bedeutet
die Ergebnis- und Nutzenfokussierung,
dass die Beteiligten über die unmittel-
baren Projektergebnisse („Liefergegen-
stände“) hinausdenken, und nicht – wie
in vielen „klassischen“ Projekten – nur
bis zum unmittelbaren Projektende.
Konzept 7:
Lean Start-up
In der Vorgehensweise entspricht Lean
Start-up einem lernorientierten Ansatz,
dessen Vorgehen die Innovationsge-
schwindigkeit erhöhen und das Risiko
eines späten Scheiterns beim Marktan-
gang minimieren soll. Im Fokus von Lean
Start-up stehen Produkt- und Dienstleis-
tungsinnovationen zusammen mit der
Entwicklung des notwendigen Geschäfts-
modells (zum Beispiel Kundenzugänge,
Partnernetzwerke).
Konzept 8:
Design Thinking
Mit Design Thinking werden die wich-
tigsten Ziele und Strategien von Unter-
nehmen auf die Anliegen der Menschen
innerhalb und außerhalb der Organisa-
tion ausgerichtet. Der Prozess geht weit
über die klassische Produktentwicklung
hinaus, fördert eine rege Interaktion zwi-
R
Buchtipp.
In ihrem Buch „Füh-
rungsinstrumente aus dem Silicon
Valley: Konzepte und Kompeten-
zen“ geben Sven Grote und Rüdiger
Goyk zusammen mit elf Autoren
aus Wirtschaft und Wissenschaft
einen Überblick über neue Manage-
mentkonzepte wie agile Führung,
Design Thinking,
Scrum und Hola-
cracy.
Das Buch ist
2017 bei Sprin-
ger Gabler (Wies-
baden) erschie-
nen. Mehr dazu
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