wirtschaft + weiterbildung
10_2018
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Dann haben im Endeffekt alle, die da ir-
gendwie Herzblut reingesteckt haben, ihr
„Baby“ verloren. Wer aber Innovationen
fördern möchte, muss Entrepreneurship
belohnen. Nur dann finden sich immer
mehr Leute, die mitmachen.
Es kann bei Ihnen also jeder zum Entre-
preneur und Influencer werden oder gibt
es dafür eine Art Selektionsprozess?
Schirmer:
Beides. Es gibt Rollen, auf die
bewirbt man sich – jedoch nicht mit einer
klassischen Bewerbung, sondern mit
dem Ergebnis einer kleinen Aufgabe. Da
kommt es nicht darauf an, wie gut das
ist – zumindest bewerten wir das nicht.
Wichtiger ist, dass die Leute ihren Lern-
prozess transparent machen und darüber
reden. Da geht es um soziale Reputation
statt Kontrolle. Normalerweise gibt kei-
ner eine Arbeit ab, die nicht fertig oder
schlecht gemacht ist. Das „regelt“ sich
im sozialen Umfeld selbst. Als wir 2011
Guides für das Projekt Enterprise Social
Network gesucht haben, mussten wir die
Leute einzeln ansprechen. Inzwischen
hat die Rolle der Guides so eine Reputa-
tion erlangt, dass wir zum Beispiel für die
aktuelle Einführung von Office 365 mit
relativ überschaubarem Marketingauf-
wand 2300 Nominierungen bekommen
haben. Das ist eine coole Rolle und die
Leute wollen sich beteiligen. Die Guides
oder Influencer haben 10 Prozent ihrer
Arbeitszeit zur Verfügung, sich ganz frei
als Change Agents zu betätigen.
Inwiefern geben Sie dafür konkrete
Vorgaben oder Hilfestellungen?
Schirmer:
Das ist schon organisiert. Ins-
gesamt haben wir für Office 365 schon
1000 Guides ausgebildet, jetzt sind noch-
mal 400 geplant, weil das so gut ange-
nommen wird. Ursprünglich sollte ein
Guide auf 200 Mitarbeiter kommen, jetzt
sind wir in manchen Bereichen schon
bei einer Quote von eins zu 20. Mit der
Haufe Akademie als Begleiter bieten wir
verschiedene Module an: Für die Netz-
werk-Kompetenz gibt es eine Art kleinen
MOOC, der auch teilweise selbstorga-
nisiert ist. Dann haben wir ein zweites
Modul für die Methodenkompetenz. Da
bringen sich die Leute, bei denen Office
schon migriert ist, im Peer Coaching an-
hand von vorhandenem Informations-
material die Anwendung selbst bei. Ein
Element ist auch das Mindset von „Wor-
king Out Loud“, also darüber zu reden,
was man macht und Wissen zu teilen. In
einem dritten Modul haben wir fünf Tage
lang mit den Guides in Kleingruppen Soft
Skills erarbeitet – Problemlösungskompe-
tenz, Präsentation, moderne Formate wie
Pecha Kucha, podcasten oder bloggen.
Das lief von 15. Januar bis 15. Mai im
Wochenrhythmus und geht jetzt weiter
mit Webinaren. Das sind keine klassi-
schen Trainings mehr.
Harald Schirmer.
Der Conti-Manager macht sich Gedanken
über die digitale Organisation.
Moderne Welt.
Mit der Zukunft des Straßenverkehrs
beschäftigt sich die Conti AG genauso wie mit der
Zukunft der eigenen internen Abläufen.
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