wirtschaft und weiterbildung 10/2018 - page 27

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wirtschaft + weiterbildung
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Büro, Callcenter, Reisebüro, Heliport,
Shop und den Stützpunkt für techni-
sche Dienstleistungen, den pro Jahr etwa
60.000 Menschen nutzen. Im Zentrum
des „Rads“ steht eine Big-Data-Installa-
tion als vertikale Achse inmitten des Atri­
ums, dem Herzstück des Gebäudes: Auf
großen Screens werden in Echtzeit Daten-
ströme visualisiert, die aus den rund um
die Uhr laufenden ÖAMTC-Aktivitäten
generiert werden.
Das Atrium, das alle Stockwerke mit­
einander vereint, säumen Galerien, frei-
laufende Treppen und Foyers, wo sich
Kollegen untereinander oder mit Gästen
zu Gesprächen treffen. Auf dem Weg von
diesem Treffpunkt entlang der gedachten
Radachsen wird es nach außen immer ru-
higer und man gelangt in die Multispace-
Büros mit den Arbeitsplätzen der Mitar-
beiter.
Das Rad neu erfinden möchte der ÖAMTC
aber nicht vorwiegend architektonisch.
Eine noch engere, empathischere Bin-
dung zu den Mitgliedern steht auf dem
Plan – und somit eine Kulturveränderung.
„Dazu müssen wir das Denken in einzel-
nen Geschäftsfeldern und Subkulturen
aufbrechen. Am Anfang war mir noch gar
nicht klar, dass die anstehende Kulturver-
änderung mit einem Architekturprojekt
Hand in Hand gehen könnte“, sagt der
Direktor. Hier kam die Firma Moocon ins
Spiel, ein Beratungsunternehmen, das
sich auf die Steuerung von Architektur-
projekten für neue Arbeitswelten spezi-
alisiert hat. „Wir nutzen Bauprojekte als
Enabler für Veränderungsprozesse“, so
Geschäftsführer Karl Friedl.
Wichtigste Voraussetzung, dass der
Umzug zu einer Kulturveränderung bei-
tragen konnte, war zunächst eine positive
Grundstimmung. „Wir wollten die Mit-
arbeiter mitgestalten lassen. So konnten
wir sie am besten von einer neuen Ar-
beitsumgebung überzeugen und vermei-
den, dass sie sich als Opfer dieser Verän-
derung fühlen“, so Schmerold und fügt
hinzu: „Wer, wenn nicht die Betroffenen
selber, kann am besten entscheiden, was
gut und richtig für sie ist?“. Aus dem Ar-
chitekturprojekt wurde ein Partizipations-
projekt.
Ein sogenanntes „Moodboard“ diente
2012 als Kick-off: 80 Kollegen aus ver-
schiedenen Bereichen und Hierarchien,
von der Führungskraft bis zum Sachbe-
arbeiter, kamen einen halben Tag zusam-
men, um eine Art Wertebeobachtung zu
machen. Sie sollten sich klar werden, was
für sie den ÖAMTC in Zukunft ausmacht.
Dafür erhielten sie einen Baukasten von
100 Fotos. In vier Gruppen mussten sich
die Beschäftigten auf 20 Bilder einigen,
die die gewünschte Stimmung in der Or-
ganisation aus ihrer Sicht am besten wi-
derspiegelte. „Die Methode wird häufig in
der Automobilbranche für Design und die
Innenausstattung eingesetzt. Wir haben
sie als Partizipationsinstrument genutzt“,
erklärt Friedl. Dabei sei es insbesondere
um den Auswahlprozess und die Diskus-
sion an sich gegangen, nicht nur um die
am Ende ausgewählten Bilder. Die Mit-
arbeiterwünsche sind beherzigt worden,
wenngleich es Leitplanken gab: Die Bud-
getgrenze von 76 Millionen Euro, die Ab-
kehr von Einzelbüros und die Zuteilung
der Mitarbeiter zu bestimmten Bereichen.
Auch der grobe Zeitplan stand fest – für
insgesamt fünf Jahre:
Phase 1:
Strategiebildung für ein virtuel-
les Modell der Zukunft (ab 2011)
Phase 2:
Architektenwettbewerb und
gemeinsame Entwicklung der konkreten
Flächenplanung
Phase 3:
Projektausschreibung, Bau und
Umzugsplanung
Phase 4:
Einzug (ab 2016)
Anfangs wurden die Mitarbeiter teilweise
noch für die Projektgruppen ernannt
oder angesprochen. Später, als es konkret
Fotos: ÖAMTC / Toni Rappersberger
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