wirtschaft + weiterbildung
10_2018
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haltensprofil auf der Basis einer Selbst-
einschätzung zu erstellen. Das Profil wird
dann im Seminar ausführlich bespro-
chen. Es soll helfen, zu erkennen, welche
Stärken (und möglichen Potenziale) man
hat, mit welchen Worten man diese Stär-
ken beschreiben kann und wie man sich
mit seinen speziellen Stärken am besten
in ein Team einbringt. Auf diesen Stärken
baut dann auch das Modell „Mama Can-
vas“ auf.
Jede Teilnehmerin erarbeitet für sich
unter Anleitung der Trainerin und im
kritischen Austausch mit den anderen
Teilnehmerinnen ihr persönliches Busi-
ness-Modell mit den Stationen „meine
Stärken“, „meine Zeit“, „meine Ziele“,
„meine Kommunikation“, „meine Werte“.
Zusätzlich regt das „Mama-Canvas-Mo-
dell“ auch dazu an, sich über folgende
Themenkreise grundlegende Gedanken
zu machen: „meine Schlüssel-Ressour-
cen“, meine „Schlüssel-Partnerschaften“,
meine „Schlüssel-Aktivitäten“, „meine
Einnahmen versus meine Ausgaben“ und
„mögliche unvorhersehbare Situationen“.
Im Seminar wird viel Zeit darauf ver-
wandt, dass jede Teilnehmerin für sich
ein Ziel ausformulieren kann. Dieses
Ziel wird hinsichtlich der benötigten Res-
sourcen und der möglichen Reaktion der
wichtigsten Partner, die zur Realisierung
notwendig sind, sorgsam überprüft.
Ein weiterer Schwerpunkt ist auch, dass
die Mütter lernen, ihr Ziel zu kommuni-
zieren. Je konkreter ein Vorschlag kom-
muniziert wird, desto größer ist schließ-
lich die Chance, dass er auch umgesetzt
werden kann. Besser als der vage Wunsch
„Ich will Teilzeit arbeiten“ ist zum Bei-
spiel der Vorschlag „Ich könnte mir vor-
stellen, das Alpha-Projekt in Teilzeit zu
betreuen“. Beim Thema „Kommunikation
verbessern“ setzt Eva-Maria Kraus auf
das Simulationstraining „Klare Kommu-
nikation“, das für die Luftfahrt entwickelt
wurde, um die Crew eines Flugzeugs
zu befähigen, durch eine professionelle
Kommunikation verhaltenssensible Situ-
ationen zu meistern.
Dieses computergestützte Tool wird im
„Mama-Canvas-Seminar“ eingesetzt,
damit Mütter eine klare und effektive
Kommunikation in der Familie und am
Arbeitsplatz einüben können. Es handelt
sich um ein Echtzeitszenario. Menschen
erleben und optimieren ihr Verhalten
unter erhöhtem Zeit- und Verantwor-
tungsdruck.
Simulationen helfen
Alles beginnt mit einem normalen Ar-
beitsalltag. Plötzlich treten Probleme
auf. Die Teilnehmerinnen müssen nun
in Teams zu je zwei bis vier Personen an
die Arbeit. Das Szenario wird auf je zwei
gegenüberstehenden Laptops dargestellt.
Innerhalb eines Teams reden die Leute
wie gewöhnlich direkt miteinander. Die
Zeit läuft und die Konkurrenzteams gibt
es auch noch. Durch dieses Szenario-
Design „ergeben“ sich die Teilnehmerin-
nen in wenigen Minuten völlig frei ihren
Verhaltensmustern. Der Trainer kann da-
durch sofort am Wesentlichen ansetzen.
Für die Teilnehmer wird klar: Nur durch
gutes Teamwork und effiziente Kommu-
nikation ist das Problem lösbar. In einem
Zyklus mit mehreren Durchläufen wird
Verhalten optimiert.
„Aus neurowissenschaftlicher Sicht ler-
nen wir am besten in emotionsgeladenen
Situationen“, sagen die Macher des Si-
mulationstrainings. „In der Simulation
werden Emotionen erzeugt – durch den
Wettbewerbscharakter, das Wecken des
Spieltriebs und auch durch Spaß und
Neugier.“ Erfahrungslernen und die Tat-
sache, dass man etwas selbst tun muss,
führen laut Kraus zum effektivsten Ler-
nen mit einer hohen Behaltensquote von
bis zu 90 Prozent. Die Vorteile des Simu-
lationstrainings:
• Es gibt im Prozess des Handelns ein
unmittelbares Feedback, das besser
wirkt als eine Rückmeldung nach Ab-
lauf einer gewissen Frist.
• Die Konsequenzen des eigenen Han-
delns werden unmittelbar erlebt. Das
Lernen wird effektiver.
• Eine Visualisierung von Wechselwir-
kungen durch den Computer ist mög-
lich.
• Es gibt ein Learning by doing (aber
ohne reale Konsequenzen).
Außerdem wurde in das Seminar noch ein
„Antreiber-Test“ integriert. Mit ihm kann
jede Teilnehmerin herausfinden, welche
Elternbotschaften („Mach es allen recht!“
oder „Beeil Dich doch!“) heute noch
einen stressauslösenden Einfluss auf sie
haben und wie man sich von ihnen be-
freit. Die „Antreiber“ sind ein Modell für
innere Muster, die unser Denken, Fühlen
und Verhalten steuern. Sie entstehen im
Kindesalter; im Grunde genommen sind
sie die Stimme äußerer Autoritäten, deren
Ansprüche und Erwartungen an uns wir
so sehr verinnerlicht haben, dass sie ir-
gendwann fester Bestandteil unseres
Selbst werden.
Zum Seminar gehört auch, dass Entspan-
nungstechniken trainiert werden. Und es
gibt die Möglichkeit, nach dem Seminar
mit Einzelcoaching an seinen Themen
zu arbeiten. Außerdem bilden die Semi-
narteilnehmerinnen gerne Gruppen auf
Facebook, um sich in regelmäßigen Tref-
fen über ihre Entwicklung auszutauschen
R
Foto: Martin Pichler
Eva-Maria Kraus.
Hinter ihr sieht man ihr Canvas-Modell mit dem Fünfeck „Ziele,
Werte, Stärken, Zeit und Kommunikation“, welches das Herz des Seminars bildet.